Zwischen Rassenhass und Identitätssuche: Deutsch-jüdische literarische Kultur im nationalsozialistischen Deutschland
Internationale Konferenz der Freien Universität Berlin, des Leo Baeck Instituts und des Jüdischen Museums Berlin / 9.-11. Oktober 2006
Nr. 202/2006 vom 07.10.2006
Mit dem literarischen Schaffen von Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft im nationalsozialistischen Deutschland befasst sich erstmals eine internationale Konferenz der Freien Universität Berlin, des Leo Baeck Instituts und des Jüdischen Museums Berlin. Wir laden Sie ein, sich vom 9. bis zum 11. Oktober zusammen mit Literatur-, Theater- und Kunstwissenschaftlern, Historikern und Archivaren aus Deutschland, den USA, Israel, den Niederlanden und Neuseeland diesem bislang wenig beachteten Thema zu widmen. Der Eintritt ist frei.
Im Schatten nationalsozialistischer Rassenpolitik und Zensur entstand zwischen 1933 und 1938 in einem separierten jüdischen Kulturkreis in Deutschland eine Literatur und Kunst, die auf die Entrechtung, Ausgrenzung und Ermordung großer Teile des europäischen Judentums reagierte. Durchaus unterschiedlichen politischen und künstlerisch-ästhetischen Richtungen verpflichtet, sahen sich Schriftsteller, Künstler und Intellektuelle mit der Frage konfrontiert, ob und wie angesichts der wachsenden Bedrohung noch öffentlich debattiert werden konnte oder sollte. Wichtigstes Zentrum jüdischer Kultur zwischen 1933 und 1938 war Berlin. Nach einer ersten Welle der Massenemigration 1933 lebten hier auch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten noch mehr als 400 Künstlerinnen und Künstler jüdischer Herkunft: Gertrud Kolmar, Nelly Sachs, Franz Hessel, Ernst Blass, Ludwig Meidner, Mascha Kaléko, Arthur Eloesser, Meta Samson, Leo Hirsch, Hilde Marx, Arthur Silbergleit, Arno Nadel, Ilse Blumenthal-Weiss stehen dabei für viele, die nicht – oder zunächst nicht – aus Deutschland auswandern konnten oder wollten.
Die Tagung bietet eine wichtige und überfällige Ergänzung zu den seit Jahrzehnten betriebenen Forschungen zur Literatur des antifaschistischen Exils und zur so genannten Inneren Emigration. Auch verglichen mit der historischen Aufarbeitung dieser Jahre bleibt die literaturwissenschaftliche Forschung auffällig zurück – und festigt damit eine weitreichende Unkenntnis damaliger literarischer und künstlerischer Entwicklungen im öffentlichen Bewusstsein. Die Konferenz versteht sich als Plädoyer für eine Erweiterung der Literaturgeschichtsschreibung um diesen bislang vernachlässigten Teilbereich. Darüber hinaus sollen ausgewählte Bestände zur deutsch-jüdischen literarischen Kultur des Leo Baeck Instituts (New York, Jerusalem, Berlin) sowie Nachlässe des Jüdischen Museums Berlin, des Centrum Judaicums und der Akademie der Künste Berlin, der Literaturarchive in Marbach am Neckar und in Israel einem größeren wissenschaftlichen Publikum präsentiert werden.
Im Internet unter:
www.juedisches-museum-berlin.de
Termin und Ort:
- 9. bis 11. Oktober 2006, ganztags
- Jüdisches Museum Berlin, Ross Galerie, EG, Libeskind-Bau Lindenstr.9-14, 10969 Berlin
Weitere Informationen
- Dr. Kerstin Schoor, Freie Universität Berlin, Tel.: 030 / 838-55008, Mail: kschoor@zedat.fu-berlin.de
- Aubrey Pomerance, Jüdisches Museum Berlin, Tel.: 030 / 25993556, Mail: a.pomerance@jmberlin.de