Freie Universität Berlin ehrt durch NS-Regime enteignete Unternehmerfamilie Scherk
Enthüllung von Gedenktafeln am Institut für Pharmazie am 26. September 2006
Nr. 190/2006 vom 22.09.2006
Mit der Enthüllung zweier Gedenktafeln am Gebäude des Instituts für Pharmazie in der Kelchstraße 31 (Mariendorf) ehrt die Freie Universität Berlin am Dienstag, 26. September 2006, die Familie des Erbauers und früheren Besitzers, Ludwig Scherk. Der Pharmazie- und Kosmetik-Unternehmer Ludwig Scherk (1880–1946) ließ das Gebäude 1926 nach den Plänen des Hamburger Architekten Fritz Höger als Parfümeriefabrik errichten. Zwölf Jahre später wurde es durch das NS-Regime enteignet und „arisiert“.
Das im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstörte zweistöckige Gebäude wurde 1950 wieder in den Besitz der Familie Scherk übertragen. Fritz Scherk (1918–1995), der Sohn des Erbauers, ließ es 1950 wieder herrichten und umbauen. 1974 erwarb die Freie Universität Berlin das denkmalgeschützte Haus. An der Enthüllung der Gedenktafeln wird die Tochter des letzten Besitzers Irene Scherk teilnehmen.
Auch in der Koserstraße 21 wird eines Opfers des NS-Regimes gedacht. Dort wird am Montag, 25. September, durch die Verlegung eines so genannten Stolpersteins an die 1943 nach Ravensbrück deportierte Fanny (Franziska) Thoman erinnert. Die 1923 gebaute Villa in der Koserstraße gelangte nach dem Tod des Kaufmanns Ignatz Thoman in den Besitz seiner Frau. Die 1881 in Ungarn geborene Fanny Thoman wurde am 8. Februar 1945 im Konzentrationslager Ravensbrück mit 450 überwiegend älteren Frauen vergast.
Das Gebäude in der Koserstraße 21 gelangte 1940 in den Besitz der SS, die es dem Leiter des SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes, Oswald Pohl, als Dienstwohnung zur Verfügung stellte. Pohl unterstand die gesamte Wirtschaftsverwaltung der SS, der Waffen-SS und der Konzentrationslager. Er wurde im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess zum Tode verurteilt und 1951 hingerichtet.
In dem seit 1969 von der Freien Universität genutzten Gebäude befinden sich heute die Arbeitsstelle Politik und Technik des Otto-Suhr-Instituts und der Forschungsverbund SED-Staat.
Die von dem Kölner Bildhauer Gunter Demming verlegten „Stolpersteine“ – Pflastersteine mit beschrifteten Messingtafeln – erinnern Passanten an den früheren Lebensort von Menschen, die von Nationalsozialisten ermordet wurden.
Ort und Zeit der Verlegung des „Stolpersteins“:
Koserstraße 21, 14195 Berlin; Montag, 25. September 2006, Beginn 12 Uhr
Ort und Zeit der Enthüllung der Gedenktafeln:
Institut für Pharmazie, Kelchstraße 31, 12169 Berlin; Dioenstag, 26. September 2006, 14 Uhr
Weitere Informationen
Carsten Wette, Kommunikations- und Informationsstelle der Freien Universität Berlin, Telefon: 030 / 838-73189, E-Mail: wette@zedat.fu-berlin.de