Eine Bühne für die Wissenschaft: Kollektiv - Körper - Konferenz
Internationale Konferenz zu Theorie und Performance vom 8. – 10. Juni 2001
Nr. 126/2001 vom 07.06.2001
Analogien zwischen dem menschlichen Körper, seinem Organismus und seinen Funktionen und sozialen, staatlichen Formen gehören seit der Antike zur Geschichte der Sozialphilosophie. In der Biologie tauchen ab Rudolf Virchow Begriffe wie "Zellenrepublik" auf und die Funktionen des Körpers werden mit gesellschaftlichen Systemen verglichen. Die Anthropomorphisierung des Sozialen und die Verwendung gesellschaftlicher Begriffe in der Biologie ist Thema der Veranstaltung.
Die Konferenz "Kollektiv – Körper – Internationale Konferenz zu Theorie und Performance", die in Kooperation mit der Schaubühne stattfindet, wird am 8. Juni mit einer 80 Personen Performance der Tänzerin und Choreographin Christine de Smedt eröffnet. Den Eröffnungsvortrag hält Prof. Dr. Christina von Braun über die "Säfte des Kollektivkörpers". Prof. Dr. Thomas Hausschild/Uni Tübingen thematisiert "Körperschaften – Freiheit und Anpassung in &Mac226;primitiven‘ und &Mac226;postmodernen‘ Kulturen. Dr. Sylvia Sasse/FU Berlin widmet sich einem Motiv der Verbindung in der russischen Kunst, der "idealen Unfreiheit". Dr. Claudia Benthien/HU Berlin bringt die schweigende Masse im Theater zur Sprache: Sie geht damit gleichzeitig auf das Konferenzkonzept, die Verbindung von Theorie und Praxis, ein.
Der 9. Juni beginnt mit der Performance "Self-Interview" von Xavier Le Roy. Danach sprechen Stefanie Wenner/FU Berlin und Dr. Schamma Schahadat zur Frage "Wo beginnt der kollektive Körper?" Prof. Dr. Michail Ryfkin/Russ. Akad. d. Wissenschaften, Moskau analysiert den postsowjetischen Kollektiv-Körper und Robert Schmid/FU Berlin die Formen kollektiver Körperlichkeit in Pop- und Sportkultur. Das kollektive Unbewußte wird im Rückgang auf Walter Benjamin von Cornelia Zumbusch aufgegriffen und in Auseinandersetzung mit den Dokumenten der RAF von Kattrin Leufert und Beate Maurer in Szene gesetzt. Der Tag endet mit einer "Leibspeisung", die Samuel Zach leitet: Die Zuschauer sind zu einem kollektiven Essen im Foyer der Schaubühne eingeladen.
Am letzten Konferenztag steht vormittags die Interaktion zwischen Theorie und Performance im Mittelpunkt: Beim "Deleuze-Game", einem interaktiven Workshop von Christine de Smedt, können Teilnehmer der Konferenz mitspielen und in Paul Gazollas Performance "Shaking hands – handshake" selbst zu Performern werden. Hochkarätig besetzt ist der Nachmittag: Peter Sloterdijk und Christoph Tholen halten Vorträge! Das letzte Wort hat Slavoj Zizek.
Die Konferenz verfolgt theoretische wie performative Interessen. Wissenschaftliche und künstlerische Auseinansetzungen mit und über den Kollektivkörper stehen gleichberechtigt nebeneinander. Dem trägt auch der Standort der Konferenz an der Schaubühne Berlin Rechnung: Wissenschaft wird auf die Bühne geholt, Performance in einen wissenschaftlichen Kontext gestellt.
Ort:
Schaubühne am Lehniner Platz, Kurfürstendamm 153, U-Bhf. Adenauerplatz, S-Bhf. Charlottenburg, Bus: 109, 110, 119, 129, 210, 219
Weitere Informationen
Graduierten-Kolleg "Körper-Inszenierungen", FU Berlin, Grunewaldstr. 35, 12165 Berlin, Tel.: 030/838-50314, E-Mail: bodynet@zedat.fu-berlin.de