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Der Wissenschaftler als Nationalheld?

Eine internationale Tagung beschäftigt sich mit dem Thema "Wissenschaft und Nation"

Nr. 41/2001 vom 23.02.2001

Bei der Bildung moderner Nationalstaaten im 19. Jahrhundert kommt der Wissenschaft, insbesondere den Naturwissenschaften eine wichtige, bislang weitgehend vernachlässigte Rolle zu. Einerseits übernahm der Nationalstaat die Organisation und Finanzierung von modernen Wissenschaften, wie beispielsweise mit der Gründung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Andererseits entwickelte sich in den einzelnen Disziplinen eine "nationale" Wissenschaftstradition, die in der "Erfindung" von sogenannten wissenschaftlichen "Nationalhelden" wie dem Naturforscher Alexander von Humboldt gipfelte.

Eine internationale Konferenz, die vom Zentrum für Vergleichende Geschichte Europas organisiert wird, geht deshalb vom 1.-3. März der spannenden Frage nach, inwieweit sich im späten 19. Jahrhundert eine nationalisierte Wissenschaftslandschaft herausgebildet hat. Außerdem will die Konferenz klären, ob der Übergang von "transnationalen" Wissenschaften der Aufklärung hin zur nationalen Wissenschaft Konsequenzen für die Nationalstaatsbildung und das Selbstverständnis der Wissenschaft hatte. Die Konferenz zum Thema: "Wissenschaft und Nation. Universalistischer Anspruch und nationale Identitätsbildung im europäischen Vergleich 19. Und 20. Jahrhundert" wird von PD Dr. Ralph Jessen (FU) und Dr. Jakob Vogel (TU) organisiert.

Die Konferenz teilt sich in sechs Themenbereiche auf: Am 1. März steht die "Nationale Inszenierung von Wissenschaften" im Mittelpunkt. Hierzu wird Glenn Penny zum Thema: "Science in poly-centric nation: the case of German ethnology" sprechen, Becky Conekin: "Everything is made of Atoms. The 1951 Festival of Britain´s Agendas for Science and the Nation". Am Freitag dem 2. März beschäftigt sich die erste Sektion mit dem Thema: "Nationale Wissenschaftsheroen und die Entwicklung nationaler Identität. Jakob Vogel spricht über "Georgius Agricola und der Mythos des Deutschen Bergbaus", Nicolaas A. Rupke geht den vielen Identitäten von Alexander von Humboldt nach. Die zweite Sektion widmet sich der "Nutzung naturwissenschaftlicher Diskurse und Argumente für die Konstruktion der Nation. Sybilla Nikolow vergleicht zu diesem Zwecke den "Gesundheitszustand der Nation. Statistische Konstruktionen in Deutschland und Großbritannien von 1900-1950". Am Nachmittag steht die "Bedeutung nationaler Argumente innerhalb der Wissenschaften" im Vordergrund. Am 3. März wird das "Verhältnis zwischen Nationalisierung und Internationalisierung in den Naturwissenschaften" hinterfragt. So beschäftigen sich beispielsweise Gabriele Metzler mit dem "Universalistischem Ethos, Internationalismus und Nationalismus bei deutschen Physikern im 20. Jahrhundert", Eckhardt Fuchs untersucht die Rolle der USA bei der Reorganisation einer internationalen "scientific community von 1914-1925".

Anhand von exemplarischen Beispielen rückt die Konferenz die europäisch-vergleichenden Perspektive in den Mittelpunkt, um so die Bedeutung von Wissenschaft im jeweiligen "nationalen" Kontext als auch in der Spannung zum internationalen wissenschaftlichen Austausch zu bestimmen. Gleichzeitig werden innovative Fragestellungen aus den Bereichen der Wissenschaftsgeschichte und der historischen Nationenforschung aufgegriffen und weiterentwickelt. Die Konferenz will unterschiedliche Diszipline und nationale Fallbeispiele unter einer gemeinsamen Fragestellung zusammenbringen wobei Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Verhältnis zwischen Naturwissenschaftsentwicklung und Nation erörtert werden.

Weitere Informationen

Zentrum für Vergleichende Geschichte Europas, Koserstr. 20, 14195 Berlin, Sekretariat Tel.: 848-54771, Fax: 838-52840, E-Mail: zvge@zedat.fu-berlin.de

Im Internet:

http://www.fu-berlin.de/zvge