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Konrad Zuses Plankalkül aus Dornröschenschlaf erweckt

Informatiker der Freien Universität haben jetzt für die erste Programmiersprache der Welt einen Compiler erstellt

Nr. 36/2000 vom 20.02.2000

1941 stellte der Berliner Ingenieur Konrad Zuse (1910-1995) seine dritte Version einer "rechenplangesteuerten Rechenanlage" in der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt vor. Ob die "Z3", die auch tatsächlich funktioniert haben soll, als der erste Computer gelten kann, ist in der Fachwelt umstritten. Einig ist man sich jedoch darin, daß Zuse mit dem zwischen 1942 und 1945 entwickelten "Plankalkül" die erste höhere Programmiersprache schuf. Sie blieb indessen bis vor kurzem nur ein schriftlicher Entwurf – erst jetzt haben Informatiker der Freien Universität für den Plankalkül einen Compiler gebaut.

"Damit ist die Voraussetzung geschaffen, daß der historisch interessierte Fachmann oder Laie Programme im Plankalkül schreiben und auf dem Computer laufen lassen kann", erläutert Professor Raúl Rojas. Bei der diesjährigen CEBIT vom 24.2. bis 1.3. in Hannover stellen die FU-Informatiker ihre Implementierung von Zuses Programmiersprache zum ersten Mal einer breiteren Öffentlichkeit vor.

Die wesentlichen Aspekte von Programmiersprachen wie FORTRAN oder COBOL, die in den fünfziger Jahren entwickelt wurden, seien im Plankalkül schon enthalten, erläutert Rojas. Der Plankalkül arbeite mit Variablen, die verschiedene Strukturen darstellen können, er kenne die Zuweisung, die bedingte Verzweigung und Schleifen. Allerdings habe Zuse seine Programmiersprache in tabellarischer Form geschrieben – im Gegensatz zur linearen Form der anderen frühen Sprachen zur Programmierung. "Vielleicht blieb sie deshalb so viele Jahre unimplementiert", vermutet Professor Rojas; noch 1957 habe Zuse in einem Vortrag die Hoffnung geäußert, daß sein Plankalkül "nach einem Dornröschenschlaf doch noch zum Leben erweckt wird."

Die Implementierung des Plankalküls erfolgte im Rahmen des "Zuse Internet Archiv"-Projektes, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird. Die FU-Informatiker haben auch eine linearisierte Form der Sprache erstellt und die Implementierung in Java, der Programmiersprache des Internets, vorgenommen. Demnächst soll das Plankalkül-System auch im Internet zu begutachten sein.

Weitere Informationen

Prof. Raúl Rojas, Institut für Informatik der FU Berlin, Tel.: 030/838-75100