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Am 9. Dezember 1999 erhält der Göttinger Roland Ketzmerick den Otto-Klung-Preis für Physik Grundlagenforschung

für Computerchips der nächsten Generation

Nr. 236/1999 vom 02.12.1999

Die Welt, die der theoretische Physiker Roland Ketzmerick erforscht, ist nur ein paar Millionstel Millimeter groß. Es ist die "Nano-Welt", die die Physik mit dem Nanometer (gleich ein Millionstel Millimeter) als Elle vermisst. Für seine Arbeiten zur nichtlinearen Dynamik in nanostrukturierten Halbleitersystemen erhält der 34-jährige Forscher vom Max-Planck-Institut für Strömungsforschung in Göttingen jetzt auf Vorschlag des Fachbereichs Physik der Freien Universität Berlin den mit 30 000 Mark dotierten Otto-Klung-Preis 1999.

Die Preisverleihung erfolgt am Donnerstag, dem 9.12.1999 im Rahmen eines Festcolloquiums am Fachbereich Physik der Freien Universität Berlin. Der öffentliche Teil der Veranstaltung beginnt um 16 Uhr c.t. im Großen Hörsaal des Fachbereichs Physik, Arnimallee 14, Berlin-Dahlem.

Der Otto-Klung-Preis, der jährlich und wechselweise für "den besten deutschen Nachwuchswissenschaftler in Physik beziehungsweise Chemie" – so der Wille des Stifters – vergeben wird, gehört zu den höchstdotierten und angesehensten Preisen in diesem Bereich. Gerd Binning, Otto-Klung-Preisträger von 1983, hatte das so genannte Rastertunnelmikroskop mit erfunden – welches übrigens die Erforschung der Nano-Welt überhaupt erst ermöglicht – und wurde dafür später mit dem Nobelpreis geehrt. Daß es in dieser winzig kleinen Welt (der mittlere Abstand zwischen zwei Atomen beträgt etwa ein halbes Nanometer) auch so etwas wie einen "gebrochenzahligen Quanten-Hall-Effekt" gibt, hat Horst Stoermer entdeckt – 1985 bekam er den Otto-Klung-Preis und im vergangenen Jahr den Nobelpreis dafür. Bei insgesamt vier Trägern des seit 1973 vergebenen Otto-Klung-Preises folgte bislang die Auszeichnung durch den Nobelpreis nach.

Die Experimente im Nanobereich finden an Halbleitern statt – an dem Stoff, aus dem die Chips der Computer gemacht sind. Ziel ist, die Halbleiter auf der atomaren Ebene technisch beherrschbar zu strukturieren, so dass sie als Bausteine einer neuen – weil eben noch einmal erheblich winzigeren – Chipgeneration tauglich sind. Wie sich der elektrische Widerstand bei Anwesenheit eines variierenden Magnetfeldes verändert, ist eine Eigenschaft dieser "nano-strukturierten Halbleiter", die dabei von wesentlichem Interesse ist. Roland Ketzmerick hat per Computersimulation und mit theoretischen Überlegungen die zu erwartenden Messkurven vorausgesagt, was inzwischen auch schon im Experiment bestätigt worden ist: die Messkurven sind ein so genanntes Fraktal; wenn man einen Ausschnitt der Kurve mit der Lupe betrachtet, sieht dieser wie die gesamte Messkurve aus.

Auch zur theoretischen Klärung anderer Effekte im Nanobereich hat Ketzmerick Entscheidendes beigetragen. Insbesondere für die Erklärung des gebrochenzahligen Quanten-Hall-Effektes bestätigten seine Überlegungen und Computersimulationen ein bislang umstrittenes Mo-dell. Das mathematische Rüstzeug dafür fand er in der Nichtlinearen Dynamik – auch als Chaostheorie bekannt. Anläßlich der Preisverleihung wird Roland Ketzmerick einen Vortrag halten mit dem Thema: "Billardspielen im Nanobereich: eine ‘chaotische‘ Einführung für Anfänger und Fortgeschrittene."

Ketzmerick hat an der TU Darmstadt, der Uni Freiburg und an der Purdue University in den USA studiert, die Promotion legte er im Alter von 27 Jahren der Universität Frankfurt vor. Er arbeitete als Postdoc an der University of California Santa Barbara, 1998 hat er sich an der Universität Göttingen, wo er derzeit auch am Institut für Nichtlineare Dynamik beschäftigt ist, habilitiert.

Verliehen wird der Preis durch die Otto-Klung-Stiftung, die 1973 als Vermächtnis des Berliner Geschäftsmannes Otto Klung gegründet wurde. Klung, 1893 in Bieberswalde/Ostpreußen geboren, hatte 1925 ein Lichtspieltheater in Lichterfelde übernommen und brachte es – vor allem nach dem Krieg – in dieser Branche zu großem finanziellen Erfolg. Außerdem gehörte ihm die Firma Telefox, eine Verkaufsgesellschaft für Rundfunkgeräte und Schallplatten, die in der Tauentzienstraße ansässig war.

Weitere Informationen

Günter Kaindl, Institut für Experimentalphysik der Freien Universität, Tel.: 838-2977.