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Klimaforscher Hartmut Graßl erhält Ehrendoktorwürde

Verleihung an der Freien Universität am Freitag, dem 4. Juni 1999

Nr. 109/1999 vom 31.05.1999

Der Fachbereich Geowissenschaften der Freien Universität Berlin verleiht dem Meteorologen Prof. Dr. Hartmut Graßl die Ehrendoktorwürde. Die Verleihung findet am Freitag, dem 4. Juni 1999 um 15.15 Uhr im Hörsaal A des Henry-Ford-Baus der FU, Garystr. 35, Berlin-Dahlem, statt. Prof. Graßl wird für seine hervorragenden Verdienste in der Klimaforschung und sein persönliches Engagement für den Klimaschutz geehrt. Als einer der ersten Meteorologen hat er den Nachweis anthropogener Einflüsse auf das globale Klima erbracht und wegweisende Klimamodelle in der Forschung etabliert.

Prof. Graßl ist seit 1988 C4-Professor für Allgemeine Meteorologie an der Universität Hamburg und Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie. 1994 wurde Graßl zum Direktor des Planungsstabes des Weltklimaforschungsprogramms (WCRP) berufen. Das zentrale WCRP-Projekt "Climate Variability and Predictability" verfolgt das Fernziel, die natürliche Variabilität des Klimas von den Änderungen, die auf den Einfluß des Menschen zurückzuführen sind, zu unterscheiden.

Graßls außergewöhnlich erfolgreiche Wissenschaftlerkarriere begann 1967 nach seinem Examen im Fach Physik an der Universität München: Er nahm an zwei Expeditionen teil, die ihn mit dem Forschungsschiff METEOR in den äquatorialen Atlantik und auf das grönländische Inlandeis führten. 1970 promovierte er in München mit einer Dissertation über die Größenverteilung von Wolkenelementen, die er aus spektralen Transmissionsmessungen bestimmte.

1971 wechselte Graßl zum Meteorologischen Institut der Universität Mainz und entwickelte dort ein Infrarotspektrometer, mit dem er zum ersten Mal die sogenannte Wasserdampf-kontinuumsabsorption im großen Infrarotfenster aus Messungen in der Atmosphäre nachweisen konnte. Eine vollständige physikalisch begründete Erklärung dieses Phänomens steht heute noch aus. Es gelang ihm auch, den Einfluß der Aerosole auf Abkühlungsraten im thermischen Infrarot nachzuweisen und abzuschätzen. Als Teilnehmer an der internationalen Expedition GATE hat Graßl 1974 erstmals die "kühle Haut" des Ozeans untersucht. Die dabei gewonnenen Daten trugen zehn Jahre später entscheidend zur Entwicklung von Verfahren zur Bestimmung der Ozeanoberflächentemperaturen bei.

Mit seinen Untersuchungen zur "schmutzigen Wolke" leistete Graßl ebenfalls sehr früh auch auf theoretischem Gebiet Pionierarbeit: Er entwickelte ein Strahlungstransportmodell und zeigte damit, daß geringe Beimengungen von Ruß die optischen Eigenschaften von Wasserwolken kräftig verändern. Der Einfluß von Aerosolen auf das globale Klima ist in den letzten zehn Jahren als entscheidend anerkannt worden und durch zahlreiche internationale Experimente zu einem Hauptthema der Klimaforschung geworden.

1976 wechselte Graßl an das Max-Planck-Institut für Meteorologie und habilitierte sich dort. In seiner Habilitationsschrift "Strahlungsübertragung in getrübten Atmosphären und in Wolken" hat er die Wechselwirkungen von Aerosolen, Wolken und Strahlung für das Klimasystem grundlegend beschrieben.

Anfang der 80er Jahre entwickelte Graßl mit seiner Arbeitsgruppe ein zweidimensionales Modell des Aerosoltransports. Damit ließ sich erstmals der Einfluß anthropogener Aerosole auf das Klimageschehen abschätzen. Außerdem hat er die physikalische Grundlage der Fernerkundung von Schwebstoffen aus Messungen der Wasserfarbe vorangetrieben.

1981 nahm Graßl einen Ruf auf eine Professur für Theoretische Meteorologie an der Universität Kiel an. Dort baute er eine Arbeitsgruppe auf, die sich im besonderen mit der Fernerkundung klimarelevanter Größen des Ozeans und der Atmosphäre aus Satellitendaten beschäftigte. 1983 übernahm er den Vorsitz des BMFT-Sachverständigenkreises "Klimatologische Grundlagenforschung".

1984 wurde Graßl an das GKSS Forschungszentrum (Geesthacht) zum Leiter des Instituts für Physik berufen. Gleichzeitig wurde er Professor am Meteorologischen Institut der Universität Hamburg. Mit seiner Arbeitsgruppe gelang es ihm, Energieflüsse an der Ozeanoberfläche zu erkunden, sich bildendes Meereis aus Mikrowellenmessungen zu entdecken und die Temperatur an der Unterkante von Bewölkung zu bestimmen. Als gewählter Vorsitzender des neu gegründeten Wissenschaftlichen Klimabeirats der Bundesregierung im Jahr 1988 war Graßl maßgeblich an der Formulierung des Nationalen Klimaforschungsprogramms beteiligt. Im Januar 1989 wurde Graßl Mitglied der Enquéte-Kommission "Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre". 1992 wurde er zum Vorsitzenden des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung "Globale Umweltveränderungen" gewählt. Der Beirat entwickelte ein neues Konzept der gemeinsamen Betrachtung von Natur und Anthroposphäre.

Prof. Graßl erhielt eine Reihe von Auszeichnungen. So z.B. den Nachwuchspreis der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft 1971, die Aufnahme in die Max-Planck-Gesellschaft 1988, den Max-Planck-Preis der Humboldt-Stiftung 1991, die Academia Scientiarium Europea 1993, die Academia Europea sowie den Tyler-Price 1995 und den Deutschen Umweltpreis 1998.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Jürgen Fischer, Institut für Weltraumwissenschaften der FU, Tel.: 838-6663, E-Mail: fischer@zedat.fu-berlin.de