Studierende der Freien Universität - unzufrieden, aber gut ausgebildet?
Erklärung des Ersten Vizepräsidenten der Freien Universität Berlin, Prof. Dr. Peter Gaehtgens, zu den Ergebnissen des SPIEGEL-Rankings
Nr. 82/1999 vom 27.04.1999
In der kürzlich veröffentlichten Studie des SPIEGEL, in der Studierende nach ihrer Zufriedenheit mit der Situation der Lehre befragt wurden, steht die Freie Universität in der veröffentlichten Ranking-Liste auf einem der hinteren Plätze – wie fast alle anderen großen Universitäten Deutschlands. Mit diesen Ergebnissen werden sich Leitung und akademische Gremien der Freien Universität kritisch auseinandersetzen, denn die Bewertung der Studiensituation durch die Studierenden muß eines der Kriterien bei den Bemühungen um gute Lehre sein.
Allerdings muß dabei neben der Studienzufriedenheit auch der Ausbildungserfolg berücksichtigt werden. Nur in zwei Studienfächern, Humanmedizin und Pharmazie, in denen die Studierenden bundesweit identische, vom Institut für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) durchgeführte Prüfungen ablegen müssen, liegen Ergebnisse vor, die einen objektiven Vergleich erlauben:
Die soeben veröffentlichten Ergebnisse der Ärztlichen Vorprüfung ("Physikum") im Frühjahrstermin 1999 zeigen den sehr guten Ausbildungserfolg in der Humanmedizin der Freien Universität: Die Freie Universität steht auf Platz 4 unter 29 Universitäten. Deutlich über dem Bundesdurchschnitt lagen die Leistungen der Freien Universität bei der Beantwortung der insgesamt 320 multiple-choice-Fragen in den Fächern Biochemie (62,2% richtige Antworten gegenüber dem Durchschnitt von 57,4%), Physiologie (70,7% gegenüber 67,9%) und Anatomie (58,1% gegenüber 57,0%). Ebenso erfreulich ist der Ausbildungserfolg in der Pharmazie: FU-Studierende belegten den 6. Platz unter 23 Universitäten. Ihr Prüfungserfolg lag um 6,8% über dem Bundesdurchschnitt. Diese Ergebnisse bestätigen übrigens die überdurchschnittlichen Leistungen von Studierenden der Freien Universität schon in früheren Prüfungsterminen. Sie stehen daher in einem deutlichen Gegensatz zu der geringen Studienzufriedenheit, die nicht allein die Studie des SPIEGEL, sondern auch die seit einiger Zeit stattfindenden universitätseigenen Evaluationen belegen.
Wenn auch Studienzufriedenheit nicht allein bei der Beurteilung der "Qualität der Lehre" gewertet werden darf, so muß die Freie Universität dennoch um ihre Verbesserung bemüht sein. Gerade bei schwieriger werdenden materiellen Bedingungen müssen die persönliche Betreuung und Beratung der Studierenden durch die Lehrenden einen höheren Stellenwert erhalten.
Die Leitung der Freien Universität wird noch in diesem Semester eine öffentliche Podiumsdiskussion mit Evaluationsexperten, Politikern, Lehrenden und Studierenden zum Thema "Qualität der Lehre" veranstalten.