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Vortrag | Schmeichelei als Manipulation. Plutarchs „Wie man den Schmeichler vom Freund unterscheiden kann“

23.06.2025 | 18:15

11. Literaturwissenschaftliches Propädeutikum der Klassischen Gräzistik: Lüge und Manipulation in der antiken griechischen Literatur

Sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene erfolgt Manipulation normalerweise durch die Erregung unangenehmer Emotionen wie Furcht, Traurigkeit und Wut. Eine andere und vielleicht gefährlichere Art von Manipulation wird jedoch durch angenehmes Lob ermöglicht: die Schmeichelei. Der Gelehrte Plutarch aus Chaironea untersucht dieses Phänomen in Quomodo adulator ab amico internoscatur (Wie man den Schmeichler vom Freund unterscheiden kann). In dieser Schrift, die seinen moralphilosophischen Schriften (Moralia) zugeordnet wird, expliziert Plutarch, unter welchen Bedingungen übelgesinnte Menschen die komplexe Kunst (τέχνη | téchnē) der Schmeichelei ausüben. Die größte Gefahr der Schmeichelei bestehe laut Plutarch darin, dass sie der Freundschaft enorm ähnele. Freundschaft und Schmeichelei nicht scharf trennen zu können, „macht die wahre Freundschaft verdächtig“ (Plut. Mor. 51a), was impliziert, dass man Freundschaften aus Versehen zerstören kann, wenn man sich eigentlich von einem Schmeichler befreien will.

Plutarch veranschaulicht durch medizinische, kulinarische, zoologische und pflanzliche Metaphern sowie durch Beispiele aus der Geschichte der griechisch-römischen Antike die charakteristischen Merkmalen der Schmeichelei, die sie von der Freundschaft unterscheiden. Er nennt auch Persönlichkeitsmerkmale, die die meisten Menschen zu leichten Opfern der Schmeichelei machen. Wie ein guter Arzt diagnostiziert er nicht nur diese Merkmale, sondern empfiehlt konkrete „Heilmittel“ bzw. Ratschläge, wie man sich vor der Schmeichelei hüten und wahre Freunde erkennen kann. In Plutarchs Unterscheidung der Freundschaft von der Schmeichelei spielen Konzepte wie Redefreiheit/Freimütigkeit (παρρησία | parrhēsía), Nachahmung (μίμησις | mímēsis), Selbstgefälligkeit/Selbstliebe (φιλαυτία | philautía) und Selbsterkenntnis (Γνῶθι σεαυτόν | gnōthi seautón) eine fundamentale Rolle, die uns vielleicht den Schlüssel geben können, heute übliche Manipulationstechniken effektiv zu konfrontieren.

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Zeit & Ort

23.06.2025 | 18:15

Hörsaal 2,
Habelschwerdter Allee 45,
14195 Berlin