Bühne frei für die Musik
15. April bis 31. Mai: Bewerbung für den neuen Masterstudiengang Musik, Sound, Performance / Interview mit Camilla Bork, seit 2021 Professorin für Musikwissenschaft an der Freien Universität
13.04.2023
Welche Rolle das Radio vor 100 Jahren für die Musik spielte, warum es mehr als zehn Jahre still um die Musikwissenschaft an der Freien Universität war, und was man im Studiengang Musik, Sound, Performance, der im Herbst startet, lernt, erläutert Camilla Bork. Die Musikwissenschaftlerin ist 2021 von der Katholischen Universität Leuven gekommen und baut das Fach an der Freien Universität neu auf.
Frau Professorin Bork, einer ihrer Forschungsschwerpunkte ist das radiophone Komponieren. Worum geht es da?
Mich interessiert, wie die Einführung des Radios das Verständnis von Musik und Klang verändert hat und wie Komponistinnen und Komponisten darauf reagiert haben. In der Weimarer Republik gab es vielfältige Versuche, mit neuen Formen zu experimentieren. Beispielsweise wurde 1928 an der damaligen Hochschule für Musik zu Berlin die sogenannte „Rundfunkversuchsstelle“ gegründet. Dort arbeiteten Akustiker, Radiopraktiker und Musiker zusammen, um die künstlerischen Möglichkeiten des neuen Mediums auszuloten. Sie näherten sich der Musik sowohl unter ästhetischen wie auch technischen Perspektive. Damit legten sie nicht nur Grundlagen für das, was wir heute als elektronische Musik kennen, sondern auch für eine neue Auffassung von Klang.
Vor ihrem Antritt als Professorin war es viele Jahre eher still um die Musikwissenschaft an der Freien Universität. Woran lag das?
Das stimmt! Die Musikwissenschaft ist eine der Gründungsdisziplinen der Freien Universität, und jahrzehntelang gab es hier ein sehr bedeutendes Institut. Nach der Wiedervereinigung und im Zuge der erforderlichen Umstrukturierungen aufgrund der verlangten Einsparungen wurde allerdings beschlossen, dass die Berliner Musikwissenschaft vor allem an der Humboldt-Universität angesiedelt werden soll. Das Seminar für Musikwissenschaft der Freien Universität ist daher im Jahr 2015 – nach der Emeritierung von Albrecht Riethmüller – nicht mehr weitergeführt worden. Es gab aber stets Bestrebungen, die Musikwissenschaft wieder aufleben zu lassen. Schließlich ist es gelungen, am Institut für Theaterwissenschaft eine musikwissenschaftliche Professur einzurichten, die ich nun innehabe. Unterstützt werde ich von einem Post-Doktoranden und einer/m weiteren Mitarbeiter*in. Wir sind gerade dabei, diese Stelle zu besetzen.
Mit dem neuen Masterstudiengang Musik, Sound, Performance ist es nun wieder möglich, ein musikwissenschaftliches Studium an der Freien Universität aufzunehmen. Was erwartet Studierende dort?
Im Fokus des Studiums steht Musik als Aufführung – sei es als Musiktheater, Konzert, Perfomance oder Klanginstallation. Dabei wird einerseits theoretisches Wissen über zeitgenössische und historische Formen von Musik und Klang vermittelt. Andererseits bereiten wir junge Menschen auf Beschäftigungen in vielfältigen musikwissenschaftlichen Berufsfeldern vor. Durch die Verlagerung ins Digitale, die globale Ausrichtung wie auch die Auflösung der Grenzen zwischen den verschiedenen Künsten stehen viele musikbezogene Berufe vor neuen Herausforderungen. Neu hinzugekommen ist z.B. der Bereich „Musik bzw. Sound kuratieren“, der sowohl im Ausstellungs- als auch im Festivalbetrieb immer wichtiger wird. Der Studiengang hat einen sehr starken Praxisbezug. In Kooperationsseminaren mit Kurator*innen, Künstler*innen und Produzent*innen können Studierende unter Anleitung eigene Projekte verwirklichen.. Dadurch, dass wir am Institut für Theaterwissenschaft angesiedelt sind, können wir optimal Synergien mit den Nachbardisziplinen Theater und Tanz nutzen. Außerdem kooperieren wir mit dem musikwissenschaftlichen Institut der Humboldt Universität und können auch hier auf die umfangreiche Expertise zurückgreifen.
Wie und wo können sich Interessierte für den Masterstudiengang bewerben?
Die Bewerbungsphase für einen Start im kommenden Wintersemester läuft vom 15. April bis zum 31. Mai. Im April bieten wir verschiedene Informationsveranstaltungen an, sowohl online als auch in Präsenz. Alle Informationen dazu finden sich auf der Webseite des Studiengangs.
Die Musikwissenschaft an der Freien Universität wird bald durch eine weitere Professur unterstützt. Ihnen ist es gelungen, dafür eine Förderung der Ernst von Siemens Musikstiftung einzuwerben.
Ja, darüber freue ich mich sehr! Die Ernst von Siemens Musikstiftung hatte anlässlich ihres 50-jährigen Jubiläums im gesamten deutschsprachigen Raum eine Stiftungsprofessur ausgeschrieben. Wir konnten die Jury mit unserem Konzept überzeugen, das ist ein großer Erfolg. Fünf Jahre lang wird die Professur nun mit insgesamt 1,25 Millionen Euro gefördert.
Womit wird sich die Professur beschäftigen?
Der Forschungsschwerpunkt der Stiftungsprofessur liegt auf der Neuen Musik. Der Ernst von Siemens Musikstiftung ist es ein Anliegen, dass gerade dieser Bereich im musikwissenschaftlichen Studium gestärkt wird. Das Spektrum reicht von der musikalischen Avantgarde der 1950er und 60er Jahre bis in die Gegenwart. Außerdem soll die Professur neue
Berührungspunkte zwischen Musikwissenschaft und Praxis schaffen: So sollen Künstlerresidenzen eingerichtet, und die Zusammenarbeit mit Musikschaffenden soll gestärkt werden.
Wissen Sie schon, wann die Professur besetzt wird?
Wir nehmen gerade die Bewerbungen entgegen. Wer sich bewerben möchte, kann sich also gerne an uns wenden. Die Professur wird bereits im Wintersemester starten. Nach den geförderten ersten fünf Jahren wird die Freie Universität die Stelle in einer etwas veränderten Form verstetigen. Das wird also nicht nur ein kurzes Gastspiel: Wir schaffen an der Freien Universität dauerhafte Strukturen für die Musikwissenschaft.
Die Fragen stellte Dennis Yücel
Weitere Informationen
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Pressemitteilung der Freien Universität Berlin
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Infos zur Stiftungsprofessur der Ernst von Siemens Musikstiftung
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Kontakt: Prof. Dr. Camilla Bork, Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften, E-Mail: musik@theater.fu-berlin.de