Wurst Case Szenario
Post aus Taipeh! Nora Lessing geht auf kulinarische Entdeckungsreise
08.02.2016
Täglich zwischen 18 und 21 Uhr drängen sich hungrige Menschenmassen in den Innenstadtbezirken Taipehs, denn Essengehen gehört zu den wichtigsten Freizeitaktivitäten in Taiwan. Die Auswahl an Ständen, Nachtmärkten und Restaurants ist deshalb gleichermaßen beachtlich wie überfordernd. Allgegenwärtig sind zu meiner großen Freude Tofuvariationen und ein umfangreiches Sortiment an Tropenobst. Etwas weniger groß ist meine Begeisterung angesichts ebenfalls weit verbreiteter Gerichte wie Hühnerfüßen, Schweineblutkuchen und frittierten Entenzungen.
Wer – wie ich – von einem Kontinent kommt, auf dem blau verschimmelte Milchprodukte als Delikatesse gelten, sollte sich über vermeintlich absonderliche, asiatische Essgewohnheiten nicht mokieren. Da ich allerdings seit mehr als zehn Jahren Vegetarierin und zudem des Chinesischen nicht mächtig bin, präsentiert sich mir die lokale Küche als Herausforderung.
Sesamriegel oder Blutkuchen?
Rein optisch ist oft kaum auszumachen, ob es sich bei der angebotenen Ware etwa um einen Sesamriegel, ein geliertes Dessert oder den bereits erwähnten Blutkuchen handelt. Und immer wieder begegnet mir gehäckseltes Tier meist da, wo ich es am wenigsten erwarten würde.
Der Mensch lebt nicht von Scheiblettenkäse allein
Einmal serviert mir ein freundlicher älterer Herr eine süße Dampfnudel mit Schweinfleischfüllung zum Frühstück, ein andermal erweist sich eine Teigrolle am Stiel als großzügig mit Lebensmittelfarbe behandelte frittierte Wurst. Da der Einkauf im Supermarkt zwar dabei hilft, solche Überraschungen auszuschließen, der Mensch aber nicht von Scheiblettenkäse allein lebt, beschäftige ich seit Neuestem meinen Mitbewohner Flori als ortskundigen Vorkoster und lerne so nach und nach, Tofurollen von Eingeweiden zu scheiden.
Bedauern hat sich darüber bislang noch nicht eingestellt, dabei sollen frittierter Hühneranus und Bullenhoden ganz hervorragend schmecken – habe ich mir sagen lassen.