Recht günstig
Zwei Jurastudentinnen der Freien Universität engagieren sich im Verein „Law and Legal“: Dort erhalten bedürftige Berlinerinnen und Berliner kostenlosen Rechtsbeistand
21.01.2021
Lästige Rechtsstreitereien sind leider keine Seltenheit, sei es eine Auseinandersetzung mit dem Vermieter, Arbeitgeber oder Mobilfunkanbieter. Oftmals geht es dabei gar nicht um hohe Streitwerte. Doch je niedriger der Betrag, desto höher ist wiederum die Hürde, einen Anwalt aufzusuchen, um sich beraten zu lassen – insbesondere, wenn man selbst knapp bei Kasse ist wie Studierende oder Geringverdienende. Gerade an solche Menschen richtet sich deshalb das Angebot der studentischen Rechtsberatung von „Law and Legal“.
Die gemeinnützige Organisation wurde 2013 von Studierenden in Tübingen gegründet. Seit dem Frühjahr 2015 gibt es auch einen Berliner Standort, den damals vier Jurastudierende der Freien Universität und der Humboldt-Universität aus der Taufe gehoben haben.
Bedürftige aus Berlin können sich per E-Mail an den Verein wenden, ihren Fall schildern und die kostenlose Beratung durch freiwillige Studierende aus höheren Jura-Fachsemestern in Anspruch nehmen. Im Regelfall berät jede beziehungsweise jeder Freiwillige einen bis zwei Mandanten pro Semester. Bis Ende November letzten Jahres konnte „Law and Legal Berlin“ bereits 43 Fälle abschließen.
Nicht nur für die Mandanten, auch für die Freiwilligen hat die Rechtsberatung Vorteile: „Die Arbeit ist eine großartige Möglichkeit, schon früh im Studium die erworbenen Kenntnisse praktisch einsetzen zu können“, sagt Samantha Hiltmann, Ressortleiterin für Öffentlichkeitsarbeit bei „Law and Legal Berlin“, im Video-Gespräch. „Normalerweise kann man sein Wissen ja erst nach dem Zweiten Staatsexamen im Referendariat anwenden.“
Dem pflichtet ihre Kommilitonin Pia Johnson, ebenfalls Ressortleiterin bei „Law and Legal Berlin“, bei: „Eine große Motivation für mich war der direkte Mandantenkontakt. Das wollte ich gerne ohne Druck üben, bevor ich als Anwältin arbeite. Und die Mandanten sind sehr dankbar, wenn sie kostenlos beraten werden.“
Die Mehrheit der Fälle, die im Rahmen von „Law and Legal“ bearbeitet werden, lassen sich durch ein einmaliges Schreiben oder ein vermittelndes Gespräch lösen. Bei hartnäckigen Fällen verhandeln die studentischen Berater auch mit der gegnerischen Partei. „Oft haben unsere Mandanten Probleme, die Anschreiben überhaupt zu verstehen, oder sie haben eine Frage dazu“, erzählt Pia Johnson, die ebenso wie ihre Kollegin an der Freien Universität studiert.
Auch unrechtmäßige Ansprüche ließen sich meistens auflösen. „Wenn wir im Namen von ‚Law and Legal – Studentische Rechtsberatung‘ einen Schriftsatz verfassen, dann reicht das manchmal bereits aus, um die Gegenseite zum Einlenken zu bewegen.“
Austausch mit Berliner Großkanzleien
Sollte ein Fall doch einmal vor Gericht gehen oder der Streitwert mehr als 2000 Euro betragen, vermitteln die studentischen Berater den Kontakt zu einer Anwaltskanzlei, sagt Samantha Hiltmann. Das sei aber „zum Glück“ selten der Fall.
Den Austausch mit den Berliner Großkanzleien, die regelmäßig Workshops anbieten und bei Fragen weiterhelfen, schätzen die Studierenden. Er erlaube auch einen ersten Einblick in den professionellen Alltag, beispielsweise über Praktika.
Derzeit wird per Telefon beraten
Die in den inzwischen sieben verschiedenen Niederlassungen von „Law and Legal“ in fünf Bundesländern engagierten Studierenden tauschen sich regelmäßig miteinander aus. In anderen Jahren standen Weihnachtsfeiern und Sommerfeste, überregionale Treffen sowie eine jährliche Standortversammlung auf dem Programm. Wegen der Pandemie mussten diese Veranstaltungen ausfallen oder ins Digitale verlegt werden. Auch der Mandantenkontakt kann nicht mehr persönlich stattfinden, sondern überwiegend per Telefon.
Zu Beginn des vergangenen Jahres spiegelte sich die Coronavirus-Krise auch in den bearbeiteten Fällen wider: Damals wandten sich viele an „Law and Legal“, um sich zur Rückerstattung von Flugtickets beraten zu lassen.
Interesse, mitzumachen?
Im Frühjahr 2021 können sich Studierende, die bei „Law and Legal“ mitmachen möchten, wieder bewerben. Da sich erfahrungsgemäß überwiegend Studierende der Berliner Universitäten melden, weisen Pia Johnson und Samantha Hiltmann darauf hin, dass sich das Angebot auch an Interessierte der Universität Potsdam und der Viadrina in Frankfurt (Oder) richtet.
Nach welchen Kriterien Interessierte ausgewählt werden? „Natürlich sind gute Noten ein Plus, aber uns ist die Motivation grundsätzlich wichtiger als die Note“, sagt Pia Johnson. „Wichtig ist, dass man Lust auf die Arbeit bei ‚Law and Legal‘ hat und sich Zeit dafür nehmen möchte.“
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