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Von Entdeckerinnen und Pionierinnen

Eine studentische Ausstellung auf dem Geocampus Lankwitz der Freien Universität Berlin erinnert an in Vergessenheit geratene Geowissenschaftlerinnen

05.08.2019

Berühmten Forscherinnen auf der Spur: Die Studentinnen Polina Schmidtke, Helene Schöwing und Kalin Ohmann (v. l. n. r.)

Berühmten Forscherinnen auf der Spur: Die Studentinnen Polina Schmidtke, Helene Schöwing und Kalin Ohmann (v. l. n. r.)
Bildquelle: Anne-Sophie Schmidt

Heute lernt jedes Schulkind, dass der Erdkern aus einem inneren und einem äußeren Teil besteht. Wer aber die Frau ist, die diese bis heute gültige Theorie entwickelt hat, das lernen die Kinder vermutlich nicht: 1936 stellte die dänische Seismologin Inge Lehmann ihre Theorie in einem Artikel über die sogenannten Primärwellen unter der Überschrift „P’“ vor, – „einer der kürzesten Titel der Wissenschaftsgeschichte“, sagt Helene Schöwing. Die Studentin der Theaterwissenschaft hat im Rahmen der Ausstellung zu historisch bedeutenden Frauenpersönlichkeiten in den Geowissenschaften die Geschichte Inge Lehmanns recherchiert.

Die noch bis zu Beginn des Wintersemesters in Lankwitz ausgestellten Poster sind in Zusammenarbeit mit der Frauenbeauftragten des Fachbereichs Geowissenschaften und dem Margherita-von-Brentano-Zentrum für Geschlechterforschung entstanden. Im Rahmen des ABV-Kurses „Gender und Diversity: Projekte und Kooperationen“, der erstmalig in Kooperation mit dem Fachbereich Geowissenschaften angeboten wurde, stellten der Doktorand Robert Wiese und Carolin Rabethge, Frauenbeauftragte des Fachbereichs Geowissenschaften, den Studierenden zehn Wissenschaftlerinnen vor: unter ihnen die Forschungsreisende Gertrude Bell, die Kartografin Fanny Bullok Workman und die Meteorologin Edith Farkas. Die Studierenden recherchierten die Lebensgeschichten der Frauen und entwarfen die Poster für die Ausstellung. Im Seminar feilten sie gemeinsam am Ausstellungskonzept.

„Inge Lehmann ist mir zunächst aufgefallen, weil sie 104 Jahre alt geworden ist. Außerdem gefiel mir, dass in den Texten, die man über sie findet, ihre Leistung als Wissenschaftlerin im Fokus stand, nicht ihre Person. So ist sie Anfang der 1950er Jahre als 60-jährige noch in die USA ausgewandert, um dort ihre Arbeit, ungestört von internen Konflikten am Kopenhagener Institut, fortzusetzen“, sagt Helene Schöwing. In den USA entdeckte die Geodätin eine sogenannte seismische Diskontinuität, die nach ihr benannt wurde. „Trotzdem hat sie erst viel später die verdiente Anerkennung bekommen“, sagt Kalin Ohmann, die Geschichte studiert und mit Helene Schöwing an dem Poster gearbeitet hat.

„Wir haben erwartet, dass vor allem Studierende aus den Geowissenschaften an dem Kurs teilnehmen“, sagt Carolin Rabethge. Am Ende waren es aber nur drei von insgesamt 31Teilnehmerinnen und Teilnehmern. „Genau das hat mich begeistert“, sagt Kursleiter Robert Wiese. „Wären es nur Studierende aus den Geowissenschaften gewesen, wäre die Diskussion vielleicht schnell zu fachlich geworden. Der Kurs hat von der Heterogenität der Studierenden absolut profitiert. Alle waren interessiert daran, mehr über die Geowissenschaften zu erfahren.“

Das betont auch Leon Ufert, der Philosophie und Geschichte studiert und mit einem Kommilitonen an einem Poster zu Mary Anning gearbeitet hat. „Die Frau, die die Dinosaurier entdeckte“, haben sie das Poster überschrieben. „Das ist vielleicht ein bisschen zugespitzt“, sagen die beiden. Aber falsch sei es auch nicht: Die britische Fossiliensammlerin hat im 19. Jahrhundert archäologische Funde gesammelt und sorgfältig beschrieben. Damit habe sie die empirische Basis geschaffen, um beweisen zu können, dass Tiere ausgestorben seien, berichten die Studenten. Als Frau durfte die Wissenschaftlerin, die heute als erste Paläontologin gilt, trotz ihrer Pionierleistung nicht an Fachdiskussionen teilnehmen – wie einige der Porträtierten. Alle waren mit Vorurteilen konfrontiert, wurden schlechter bezahlt als ihre Kollegen oder ihnen wurde die Betreuung für eine Promotion verweigert.

Ein „start at its best“ sei der ABV-Kooperationskurs gewesen, sagte Heike Pantelmann, Geschäftsführerin des Margherita-von-Brentano-Zentrums bei der Ausstellungseröffnung: „Das Modul „Gender and Diversity: Projekte und Kooperationen“ ist genau für solche Projekte gemacht.“ Im Oktober, zu Semesterbeginn, wird die Ausstellung in die Rost- und Silberlaube weiterziehen – damit noch mehr Studierende Inge Lehmann, Mary Anning und die anderen acht zu Unrecht vergessenen Wissenschaftlerinnen kennenlernen können.

Weitere Informationen

Die Ausstellung wird noch bis zum Beginn des kommenden Semesters auf dem Geocampus Lankwitz gezeigt, Haus G, Foyer, Malteserstraße 74-100, 12249 Berlin.Vom 14. bis 18. Oktober ist sie in Dahlem, Rost- und Silberlaube, vor den Hörsälen 1a/1b, Habelschwerdter Allee 45, 14195 Berlin, zu sehen.