Hacken für die Zukunft
Die Informatikstudierenden Stephanie Hohenberg, Dor Cohen und Arne Rolf von der Freien Universität haben ein Ortungssystem für entlaufende Haustiere entwickelt – und damit beim IoThon-Wettbewerb 2019 den zweiten Platz belegt
30.07.2019
Die Studierenden Stephanie Hohenberg, Arne Rolf und Dor Cohen freuen sich über den zweiten Platz beim IoThon-Wttbewerb in Helsinki.
Bildquelle: IoThon
Hackathon. Der Name des Wettbewerbs – eine Kombination aus „hacken“ und „Marathon“ – könnte Laien womöglich auf eine falsche Fährte führen. Schließlich bezeichnet „hacken“ in der Umgangssprache destruktive, meist kriminelle Vorgänge im Internet, bei denen Einzelpersonen oder ganze Institutionen zu Schaden kommen. In der Fachsprache sei das anders, erklärt Dor Cohen: „In der Informatik ist Hacken viel mehr ein Synonym für schnelles Programmieren unter meist provisorischen Umständen.“ Ein Hackathon ist dementsprechend ein Wettbewerb, bei dem die teilnehmenden Teams unter Zeitdruck Softwareprodukte erstellen, die dann von einer Jury bewertet werden.
Studierende können sich beweisen
Arne Rolf, Dor Cohen und Stephanie Hohenberg waren von Professor Matthias Wählisch zur Teilnahme am diesjährigen IoThon in Helsinki ermuntert worden: Bei dem Hackathon zum Internet der Dinge belegten die drei Informatikstudierenden der Freien Universität im Rahmen einer Challenge den zweiten Platz . Der IoThon war eine Kooperation mehrerer europäischer Universitäten, zu denen auch die Freie Universität Berlin gehört, und einiger Technikkonzerne.
Matthias Wählisch hat den Wettbewerb, der zum ersten Mal im vergangenen Jahr am Einstein Center Digital Future in Berlin ausgerichtet wurde, mitbegründet. Das Teilnehmerfeld besteht vor allem aus Studierenden und Promovierenden von Universitäten sowie einigen freien Entwicklern. Im Wettbewerb sollen die im Studium erlernten Fähigkeiten unter Beweis gestellt werden, außerdem bietet die Veranstaltung die Möglichkeit, sich vor potenziellen zukünftigen Arbeitgebern zu präsentieren. Die Unternehmen stellen dabei ihre Technik zur Verfügung, mit der die von ihnen gestellten Aufgaben gemeistert werden müssen.
Die drei Studierenden der Freien Universität haben erst zu Beginn des IoThons erfahren, womit sie es im Wettbewerb zu tun haben werden. Sie wussten lediglich, dass es um das Internet der Dinge geht, also um die Technik, die es Gegenständen ermöglicht, selbstständig über das Internet miteinander zu kommunizieren. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Telekommunikationskonzerns Nokia präsentierten das Konzept „Smart Street Light Poles in a smart City“. Eine Technologie, die Straßenlaternen mit Sensoren ausstattet, wodurch diese in der Lage sind, Daten zu erheben und weiterzuleiten. Die Aufgabe der Studierenden bestand darin, Anwendungen zu entwickeln, mit denen sich die Daten gewinnbringend nutzen lassen.
Eine gute Idee war die Voraussetzung, um in die zweite Runde des Wettbewerbs zu kommen. Stephanie, Dor und Arne entschieden sich dafür, die Technologie zu nutzen, um ein Programm namens Fluffy Hounder zu entwickeln, mit dem sich entlaufene Haustiere effizienter finden lassen als mit herkömmlichen GPS-Trackinghalsbändern. „Solche Halsbänder verbrauchen viel Energie und müssen fast täglich aufgeladen werden“, erklärt Arne, „bei unserer Methode, müssten die Haustiere auch einen Chip tragen, der aber selbst keine Energie verbraucht, weil er lediglich auf ein Signal reagiert, das von den Straßenlaternen ausgesendet wird.“ Die Chips würden ähnlich wie Reflektoren funktionieren und dafür sorgen, dass sich die Haustiere unkompliziert orten lassen, solange sie sich in Reichweite der smarten Straßenlaternen befinden.
Der Schlafmangel hat sich ausgezahlt
Doch die Idee war nur der Anfang. Die größte Herausforderung bei einem solchen Wettbewerb sei der Zeitdruck, erklären Dor und Arne: „Die Challenges wurden am Freitag um 18 Uhr bekanntgegeben. Am Sonntag um 12 Uhr mussten bereits die Ergebnisse präsentiert werden. Man ist gezwungen, in kurzer Zeit ein Konzept zu entwickeln und umzusetzen. Wir haben in diesen drei Tagen eigentlich kaum geschlafen.“ Eine weitere Herausforderung bestand darin, dass die drei im Schnellverfahren lernen mussten, die von Nokia zur Verfügung gestellte Hardware gewinnbringend einzusetzen. Doch die Anstrengung hat sich gelohnt. Am Ende konnte sich das Team gegen einen Großteil der Konkurrenz durchsetzen und belegte den zweiten Platz. „Die Jury war vor allem davon beeindruckt, wie gut unser Programm bereits funktioniert hat. Für die perfekte Präsentation hat eigentlich nur noch ein passendes Haustier gefehlt“, scherzt Stephanie.
Geschlagen geben mussten sich die Studierenden der Freien Universität nur dem Team Mooses, das eine Technologie entwickelte, die die Sensoren und Kameras der smarten Straßenlaternen nutzt, um damit auf die Fahrbahn preschende Elche frühzeitig zu erkennen. In Finnland, dem Heimatland von Nokia, sind die Tiere im Straßenverkehr immer wieder ein Problem, dem so entgegengesteuert werden könnte.
Der zweite Platz war für das Team auch deswegen ein Erfolg, weil es damit unter Beweis stellen konnte, wie viele von den im Studium erlernten Fähigkeiten in der Praxis angewandt werden konnten. „Durch den Wettbewerb ist uns klar geworden, dass wir in der Lage sind, ein Programm wie unseres in kurzer Zeit aus dem Nichts zu erschaffen. Dabei lernt man Dinge und trifft Entscheidungen, die sich im Studium nicht simulieren lassen“, zieht Arne ein persönliches Fazit, das die anderen beiden bestätigen. Auch der Austausch mit den anderen Teilnehmenden und die von den Unternehmen angebotenen Tutorials seien lehrreich gewesen.
An ihrem Projekt können Dor, Arne und Stephanie in Berlin zunächst leider nicht weiterarbeiten: Dafür fehlt es an der nötigen Infrastruktur, zum Beispiel den mit Sensoren ausgestatteten Laternen. Doch da die drei sich eine Zukunft in der Entwicklung gut vorstellen können, war der IoThon für sie nicht nur lehrreich, sondern auch eine erfolgreiche Begegnung mit der Zukunft.