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Löten mit der Ministerin

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek besuchte das dEIn-Schülerlabor der Technischen Universität Berlin – das Labor gehört, wie auch zwei Schülerlabore der Freien Universität, zu GenaU, einem Netzwerk von 16 Schülerlaboren in Berlin und Brandenburg

15.03.2019

Angeleitet von zwei Achtklässlern: Bundesbildungsministerin Anja Karliczek im dEIn-Schülerlabor.

Angeleitet von zwei Achtklässlern: Bundesbildungsministerin Anja Karliczek im dEIn-Schülerlabor.
Bildquelle: Felix Noak

Anja Karliczek sitzt in einem Laborraum an einem Tisch und lötet. Die gelernte Diplomkauffrau macht das zum ersten Mal. Neben ihr sitzen zwei Achtklässler und leiten sie an: „Jetzt muss das rote Kabel an den Schalter angelötet werden“, erklärt das Mädchen links der Ministerin. „Reicht das schon?“, fragt diese zurück.

Die Ministerin besucht das dEIn-Schülerlabor der Technischen Universität Berlin, dort stellt sie den MINT-Aktionsplan des Bildungsministeriums für Bildung und Forschung vor. 55 Millionen Euro mehr als bisher will das Bundesministerium für Bildung und Forschung für die MINT-Bildung an Schulen und Lehreinrichtungen ausgeben – MINT steht für die Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Von diesem MINT-Aktionsplan können auch die Schülerlabore in Berlin profitieren.

Die Vorstellung des MINT-Aktionsplans des Bildungsministeriums für Bildung und Forschung durch die Ministerin im Schülerlabor der Technischen Universität fand auch ein Echo bei Medienvertreterinnen und -vertretern.

Die Vorstellung des MINT-Aktionsplans des Bildungsministeriums für Bildung und Forschung durch die Ministerin im Schülerlabor der Technischen Universität fand auch ein Echo bei Medienvertreterinnen und -vertretern.
Bildquelle: Felix Noak

Im dEIn Labor – E steht für Elektrotechnik, I für Informatik – bauen Schülerinnen und Schüler von der 5. bis zur 13. Klasse Feuchtigkeitssensoren für Blumentöpfe, programmieren Apps oder Roboter – wie beispielsweise Naomi, die Karliczek in einem anderen Raum mit einem „Hello, how are you?“ begrüßt. „Die Baukastenroboter motivieren die Kinder sehr“, sagt  Claudia Ermel, Leiterin des dEIn Labors. „Manchmal müssen sie am Ende des Tages erinnert werden, dass sie die Roboter nicht mit nach Hause nehmen dürfen.“

Drei- bis viermal in der Woche finden in dem Schülerlabor Workshops statt. Im vergangenen Jahr haben dort 2800 Schülerinnen und Schüler gebastelt und gebaut. „Unser Labor ist das einzige Informatiklabor in Berlin. Aber wir arbeiten sehr gut und eng auch mit den anderen Laboren im Netzwerk GenaU zusammen“, sagt Ermel.

Mehr Spaß an MINT

Seit 2006 gibt es GenaU – Gemeinsam für naturwissenschaftlich-technischen Unterricht. Beteiligt sind nicht nur die 16 Schülerlabore der drei großen Berliner Universitäten und Forschungseinrichtungen (etwa das Museum für Naturkunde und das Deutsche GeoForschungsZentrum GFZ), sondern acht weitere assoziierte Partner.

Die Schülerlabore möchten das Interesse an MINT-Themen fördern, Schülerinnen und Schülern ermöglichen, eigenständig zu experimentieren und Forschung zu erfahren. Koordiniert wird GenaU von Silke Vorst an der Freien Universität. Die Diplombiologin und Mitarbeiterin am Fachbereich Biologie, Chemie und Pharmazie repräsentiert das Netzwerk nach außen, ist dessen Sprecherin und Ansprechpartnerin für die Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, die das Netzwerk finanziell fördert. Mindestens dreimal im Jahr kommen die Leiterinnen und Leiter der Mitgliedslabore und der Partner zusammen. Außerdem gibt es interne Fortbildungen zu Themen wie Inklusion und Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Jedes Jahr mehr als 50.000 Schülerinnen und Schüler in den Mitmach-Laboren

Der Zusammenschluss als Verbund sei ein Gewinn für alle, sagt Vorst. Die Etablierten würden den Neuen helfen. Labore mit festen Stellen könnten langfristiger denken. Sie könnten weniger abgesicherte Labore, die durch rasch wechselnde Besetzungen weniger Kontinuität haben, schneller in der MINT-Szene vernetzen. Die etablierten Labore müssten aber keine Konkurrenz fürchten: „Es gibt genug Interesse von Schülergruppen, die Schülerlabore sind gut ausgebucht.“

Jedes Jahr besuchen mehr als 50.000 Schülerinnen und Schüler die Experimentierkurse des Netzwerks. In Berlin gibt es rund 300.000 Schülerinnen und Schüler – „die Schülerlabore sind größtenteils ausgelastet, wir würden gerne mehr Kinder und Jugendliche erreichen, uns fehlen aber leider die erforderlichen zusätzlichen Kapazitäten“, sagt Silke Vorst. Außerdem würden pro Jahr rund 1000 Lehrkräfte fort- und 500 Lehramtsstudierende in den Lehr-Lernlaboren ausgebildet. Die hohe Nachfrage wertet Silke Vorst auch als Zeichen des Erfolgs: Sowohl von Seiten der Schüler als auch der Lehrer seien die Rückmeldungen mehrheitlich positiv. Nur einmal habe sich ein Lehrer „beschwert“: „Die Schüler hätten nach der Exkursion gesagt, dass sie nicht mehr in den normalen Unterricht gehen wollten.“

Lehramtsstudent René Muckai erläutert Anja Karliczek das von ihm entwickelte digitale Lehr- und Lernkonzept, mithilfe dessen Schulklassen ihren Schülerlabor-Besuch vorbereiten können.

Lehramtsstudent René Muckai erläutert Anja Karliczek das von ihm entwickelte digitale Lehr- und Lernkonzept, mithilfe dessen Schulklassen ihren Schülerlabor-Besuch vorbereiten können.
Bildquelle: Felix Noak

Wie aber können Schule und Forschung noch besser verzahnt werden? Mit dieser Frage beschäftigt sich René Mückai. In seiner Masterarbeit hat der Lehramtsstudent der Biologie und Chemie und Mitarbeiter des an der Freien Universität angesiedelten Schülerlabors NatLab begonnen, ein digitales Lehr- und Lernkonzept zu entwickeln, um den Laborbesuch vorzubereiten und didaktisch zu entlasten. Er demonstriert Anja Karliczek, wie Schülerinnen und Schüler den Forschungsprozess mithilfe eines von ihm gestalteten digitalen „Buches“ auf der interaktiven Lehr- und Lernplattform tet.folio nachvollziehen können. Auf Tablets können die einzelnen Forschungsschritte – „Naturphänomen beobachten“, „Fragestellung entwickeln“, „Untersuchung planen“ etc. – mit dem Finger in die richtige Reihenfolge auf dem Bildschirm platziert werden.

„Auch in der studentischen Lehre setzen wir auf digitale Elemente, zum Beispiel Online-Quizze oder Lernvideos. Wir versuchen, Vorbild zu sein: Die Lehramts-Studierenden sollen in den Seminaren erfahren, wie man Digitalisierung gut umsetzt, um sie selbst im Unterricht später sinnvoll anwenden zu können.“

Im April nimmt Mückai seine Dissertation in Angriff, in der er weiter an der Frage arbeiten wird, wie die digital unterstützte schulische Vor- und Nachbereitung eines Schülerlabor-Besuches zur Entwicklung des wissenschaftlichen Denkens beitragen kann. Von seinen Forschungsergebnissen werden am Ende alle Partner im Verbundprojekt GenaU profitieren. Wenn sich dann noch mehr Mädchen und Jungen in Berlin dafür entscheiden, Ingenieurinnen, Softwareentwickler oder Naturwissenschaftlerinnen zu werden, hat sich auch Anja Karliczeks Aktionsplan erfüllt.