Die Töchter des Motherboards
Beim diesjährigen Girls’ Day besuchten knapp 700 Mädchen eine Vielzahl von Instituten der Freien Universität – dabei lernten sie unter anderem den Ursprung der IT-Welt kennen: das Motherboard
14.05.2018
Die Aufgabe steht, der Countdown läuft: Baue diesen Computer in 2 Stunden zusammen und bringe ihn zum Laufen. Auch Teamfähigkeit ist hier gefragt.
Bildquelle: Carla Spangenberg
„Softwareentwicklung ist ein kreatives Handwerk, mit dem ihr die Welt verändern könnt.” Erwartungsvolle Blicke richten sich auf Claudia Müller-Birn. Die Informatikprofessorin präsentiert den Teilnehmerinnen des diesjährigen Girls’ Days die vielzähligen Berufsperspektiven für Absolventinnen ihres Fachs.
Bundesweit konnten Schülerinnen am 26. April beim Mädchenzukunftstag Berufs- und Studienfelder erkunden, in denen Frauen unterrepräsentiert sind. An der Freien Universität fand der Girls‘ Day zum 16. Mal statt, veranstaltet vom Büro der zentralen Frauenbeauftragten. Neu in diesem Jahr: Zum ersten Mal beteiligten sich etwa die Meteorologie sowie die Politik- und Sozialwissenschaften, wodurch das Angebot noch vielseitiger wurde.
Die wunderbare Welt der Informatik
Der Hörsaal des Informatikinstituts ist bis auf wenige Plätze belegt. „Kann man hier auch Roboter bauen?”, möchte ein Mädchen wissen. Nicht nur das: Zu den Anwendungsgebieten der Informatik gehören auch Verkehr, Mobilkommunikation, Maschinensteuerung, Fahrerassistenz – und stotternde Menschen können durch eine digitale Therapie geheilt werden. „Ich verstehe nicht, warum wir in unseren Studiengängen nicht überrannt werden”, sagt Claudia Müller-Birn. Schließlich handele es sich bei der Informatik um ein vielfältiges Fach mit überragenden Jobaussichten. Möglicherweise reicht aber auch ein Tag im Jahr nicht aus, um Hürden für Mädchen aus dem Weg zu räumen. Deshalb gibt es an der Freien Universität das MINToring-Programm des Fachbereichs Physik und des Instituts für Informatik: Bei MiniLabs, Summerschools und Betriebspraktika können Mädchen von der siebten Klasse an ganzjährig die Fächer Physik und Informatik entdecken.
Einfach machen: Workshops für alle Altersklassen
Zurück zum Girls‘ Day: In der Zentralen Datenverarbeitung (ZEDAT) bauen Schülerinnen der achten bis zehnten Klasse einen PC zusammen. Die Workshop-Leiterin Jutta Biernath sorgt erst einmal für die Grundlagen: „Alles beginnt bei der Hauptplatine, dem sogenannten Motherboard.” Ganz so wie im echten Leben. Die Zehntklässlerinnen Pheline und Anne machen sich souverän und konzentriert ans Werk. Pheline betrachtet Grafikkarte und Arbeitsspeicher aufmerksam, denn sie möchte sich bald einen neuen Computer zulegen und diesen selbst zusammenstellen. Sie besucht als einziges Mädchen ihres Jahrgangs den Informatikkurs ihrer Schule und interessiert sich vor allem für die grafische Gestaltung von Spielen. Ihre Freundin Anne will nach dem Abitur Physik studieren und gerne auch ein Auslandssemester in England oder den USA verbringen.
Uniluft schnuppern: Der gefüllte Hörsaal des Fachbereichs für Mathematik und Informatik. Viele der Mädchen sitzen zum ersten Mal in diesen Reihen.
Bildquelle: Carla Spangenberg
In diesem Jahr haben sich nicht nur mehr Fachbereiche der Freien Universität am Girls‘ Day beteiligt, auch das Workshop-Konzept war erneuert worden: Ein größeres Angebot mit kleineren Gruppen führte dazu, dass alle Teilnehmerinnen praktische Erfahrungen sammeln konnten. Während in den vergangenen Jahren teils noch Großveranstaltungen in Hörsälen stattgefunden hatten, waren die Workshops diesmal meist auf 15 Teilnehmerinnen beschränkt.
Während Pheline und Anne weiterbauen, beginnen im Keller des Praktikumsgebäudes die „100 kleinen Experimente der Physik”: Es klingelt, rollt, leuchtet und pendelt. Die Schülerinnen der Klassen fünf bis sieben erfahren auf diese Weise spielerisch etwas über Zentrifugalkraft, Streuung von Licht und Entstehung elektrischer Ströme. „In der Schule machen wir nicht so viele Experimente – toll, dass wir das hier alles dürfen!”, freute sich die Fünftklässlerin Malia.
Eine zukunftsweisende Aktion
Die Organisatorinnen ziehen eine durchweg positive Bilanz des Tages. „Wir waren überrascht, wie reibungslos alles trotz der Änderungen geklappt hat“, sagt Monika Drück vom Büro der Frauenbeauftragten. Das neue Konzept sei aufgegangen.
Auch für Pheline und Anne war der Tag erfolgreich: Zu Mittag haben beide ihren PC zusammengebaut, ein Betriebssystem installiert und spielen jetzt konzentriert SUDOKU. „Bei der Installation gab es ein kleines Problem, aber das konnten wir schnell beheben”, sagt Pheline zufrieden. „Ich weiß jetzt auf jeden Fall, worauf ich achten muss, wenn ich mir meinen eigenen Computer zusammenstelle.”