Digitale Forschung vermitteln
Bewerbung bis 17. Oktober: Mit dem zentralen Lehrpreis 2016 werden Projekte ausgezeichnet, die sich mit der Digitalisierung beschäftigen
18.07.2016
Computergestütze Analyseverfahren haben in vielen Fächern Einzug gehalten.
Bildquelle: Michael Fahrig
Anita Dame leitet die Stabsgruppe Internationale Netzwerkuniversität.
Der zentrale Lehrpreis der Freien Universität Berlin wird im akademischen Jahr 2016/17 zum vierten Mal vergeben. Ausgezeichnet werden keine Personen, sondern mit dem Preisgeld von 10.000 Euro soll eine besonders innovative Lehrveranstaltung im nächsten Sommersemester umgesetzt werden können. Der Preis, der aus Mitteln des Zukunftskonzepts der Freien Universität im Rahmen der Exzellenzinitiative eingerichtet wurde, hat jedes Jahr einen thematischen Schwerpunkt, diesmal steht die Digitalisierung im Mittelpunkt. Ein Interview mit Anita Dame, Leiterin der Stabsgruppe „Internationale Netzwerkuniversität“.
Frau Dame, der Lehrpreis wird in diesem Jahr zum Thema „Digitalisierung“ ausgeschrieben. Woher kam die Idee zu diesem Schwerpunktthema?
In allen Disziplinen an der Freien Universität Berlin kommen digitale Forschungsmethoden zum Einsatz oder werden Fragen der Digitalisierung diskutiert. In den Technik-, Natur- und Lebenswissenschaften hat das Thema schon eine längere Tradition, dort liegen im Umgang mit digitalen Technologien und Methoden mehr Erfahrungen vor. Aber auch in den Geistes- und Sozialwissenschaften werden zunehmend zum Beispiel computergestützte Analyseverfahren angewandt. Spitzenforschung ist kaum mehr möglich, ohne sich den Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung zu stellen. Und es ist für die Universität eine wichtige Aufgabe, diesen Wandel auch den Studierenden zu vermitteln. Deshalb wollen wir in diesem Jahr Lehrprojekte auszeichnen, die die neuen Möglichkeiten zum Thema machen.
An welche Art von Projekten denken Sie?
Das Ziel des Lehrpreises ist es, Spitzenforschung für die Lehre fruchtbar zu machen. Das heißt, wir denken insbesondere an Konzepte für Lehrveranstaltungen, die einen starken Bezug zu aktuellen Forschungsthemen oder -projekten der Lehrenden haben. Inhaltlich ist eine große Vielfalt von Themen aus allen Fachbereichen möglich: Von technischen und industriellen Aspekten der Digitalisierung bis hin zu neuen Formen der Mobilität oder dem tiefgreifenden Wandel der Kommunikation durch digitale Medien. Auch in der Gesundheitsforschung spielt der Umgang mit Daten eine große Rolle, ebenso wie in den Digital Humanities. Nicht zuletzt stellen sich mit der Digitalisierung auch rechtliche Fragen. Zu all diesen Themen wird an der Freien Universität geforscht.
Sollen sich Projekte nur mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen oder sollen auch digitale Medien in der Lehrveranstaltung zum Einsatz kommen?
Wenn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich in ihrer Forschung mit Fragen der Digitalisierung beschäftigen oder entsprechende Methoden zum Einsatz kommen, dann liegt es meist auch nahe, digitale Elemente in die Vorlesung oder das Seminar zu integrieren. Angesichts des diesjährigen Ausschreibungsschwerpunkts ist der Einsatz digitaler Medien in der Lehre auch explizit erwünscht. Die Studierenden haben dadurch einen doppelten Vorteil: Zum einen kommen sie in Kontakt mit Projekten der Spitzenforschung, zum anderen lernen sie innovative Instrumente und Konzepte kennen, wie diese Forschungsthemen aufbereitet und vermittelt werden können. Übrigens können auch Lehrprojekte für die Bewerbung eingereicht werden, die sich etwa mit E-Learning oder Blended-Learning, also dem Einsatz digitaler Lehr- oder Lernformate in der universitären Lehre, beschäftigen. Der Einsatz digitaler Medien allein reicht aber für eine Bewerbung nicht aus.
Was sollen die Studierenden aus einer ausgezeichneten Lehrveranstaltung mitnehmen?
Der Lehrpreis ist Teil des Konzepts für forschungsorientierte Lehre an der Freien Universität (FoL). Dabei steht die Vermittlung von Forschungskompetenzen in der universitären Lehre im Mittelpunkt, wie etwa Recherche- oder Methodenkompetenzen. Darüber hinaus erhoffen wir uns aber auch einen Austausch zwischen Studierenden und Lehrenden. Studentinnen und Studenten, die zur jüngeren Generation gehören, gehen an das Thema Digitalisierung mit ganz anderen Voraussetzungen heran und werfen so möglicherweise andere Fragestellungen auf, sodass von der Veranstaltung beide Seiten profitieren.
Der Lehrpreis wird 2016 zum vierten Mal verliehen. Was hat diese Auszeichnung bisher bewirkt?
In der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder spielte das Thema Lehre bislang eine eher ungeordnete Rolle. Durch Pilotprojekte hat die Freie Universität dennoch zeigen können, welches Potenzial in der Verbindung von Spitzenforschung und Lehre steckt. Inzwischen ist bundesweit eine Sensibilisierung eingetreten, und in der nächsten Runde der Exzellenzinitiative, der Exzellenzstrategie, wird die Lehre zentral mitgedacht. Die Freie Universität ist darauf nun gut vorbereitet, und was bislang nur pilothaft entwickelt wurde, kann nun weitere Kreise ziehen.
Auf welches Interesse stößt der Lehrpreis bei den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern?
Mit dem Lehrpreis und dem Konzept für Forschungsorientiere Lehre besteht die Chance, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Fächern zusammenzubringen und einen Austausch zum Thema Lehre anzuregen. Gerade in diesem Bereich können Lehrende aus unterschiedlichen Disziplinen viel voneinander lernen. Und es freut uns besonders, wenn alte und neue Preisträger – etwa bei der Preisverleihung – zusammenkommen und sich vernetzen. Es ist toll, wie groß das Interesse an diesem Preis ist und wie viele interessante Bewerbungen wir im vergangenen Jahr hatten. Daran sieht man, wie wichtig das Thema ist und dass es die Universität im Herzen berührt.
Die Fragen stellte Nina Diezemann
Weitere Informationen
Der Lehrpreis wird im Rahmen des Zukunftskonzepts der Freien Universität in der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder ausgeschrieben und unterstützt die Umsetzung des Konzepts zur forschungsorientierten Lehre (FoL) der Universität.
Das Thema der aktuellen Ausschreibung lautet „forschungsorientiert & digital“. Bewerbungsschluss ist der 17. Oktober.
Mit dem Lehrpreis ausgezeichnet wurden bislang folgende Projekte:
- ein deutsch-israelisches Austauschprojekt für Lehramtsstudierende unter der Leitung von Martin Lücke, Professor für Geschichtsdidaktik an der Freien Universität (2013)
- der Ausgründungskurs „Trans Pro Idee“, der von Rainer Haag, Professor für Chemie an der Freien Universität, und Leonhard Urner, Masterstudent in dessen Arbeitsgruppe, konzipiert wurde (2014)
- die Lehrveranstaltung „Computational Metaphysics“, die Studierenden der Philosophie, Mathematik und Informatik unter der Anleitung von Christoph Benzmüller, habilitierter Informatiker, eine Einführung in den derzeitigen internationalen Forschungsstand der Logik und der Nutzung computerbasierter Beweisassistenzsysteme bietet (2015)