Schreiben lernen
Mit der Fachzeitschrift „eisodos“ möchten zwei Gräzistinnen jungen Geisteswissenschaftlern wissenschaftliches Publizieren erleichtern
15.12.2014
Wie schreibe ich einen wissenschaftlichen Artikel? Wie reagiere ich auf Kritik an meinen Texten? In welcher Zeitschrift kann ich überhaupt publizieren? Diese und weitere Fragen stellen sich viele Nachwuchswissenschaftler am Anfang ihrer Karriere. Bei der Online-Fachzeitschrift „eisodos“ können – dank der beiden Herausgeberinnen, den Gräzistinnen Bettina Bohle und Lena Krauss, – Studierende und Doktoranden geisteswissenschaftlicher Fächer Texte zur Veröffentlichung einreichen. Am 17. Dezember erscheint die dritte Ausgabe.
„Eisodos ist Altgriechisch und bedeutet ‚der Weg hinein‘: Wir wollen, dass Studierende und Doktoranden einen Weg zum wissenschaftlichen Publizieren finden und es üben können“, sagt Bettina Bohle, die kürzlich am Institut für Griechische und Lateinische Philologie promoviert wurde. Mitherausgeberin Lena Krauss, Doktorandin am Seminar für Griechische und Lateinische Philologie der Universität Zürich, bekräftigt: „Der Unterschied zwischen einem Fachartikel und einer Hausarbeit ist vielen Nachwuchswissenschaftlern nicht klar. Auch wir haben nach unserem Studium oft feststellen müssen, dass es nicht einfach ist, einen eigenen Beitrag bei einer Fachzeitschrift einzureichen – und raten, dass man sich nicht entmutigen lassen sollte, wenn er etwas harsch abgelehnt wird.“
Gefragt sind Artikel aller Geisteswissenschaftler
Damit Geisteswissenschaftler schon früh erste Erfahrungen beim Veröffentlichen sammeln können, steht die Online-Publikation „eisodos – Zeitschrift für Antike Literatur und Literaturtheorie“ nicht nur Doktoranden, sondern auch Bachelor- oder Masterstudierenden offen. Das Fachjournal erscheint dreimal jährlich – am 15. April, 15. August und diesmal am 17. Dezember.
Eingereicht werden können wissenschaftliche Aufsätze zu einer konkreten Fragestellung oder Rezensionen von Fachliteratur. Zusätzlich veröffentlichen die Herausgeberinnen Interviews mit renommierten Fachexperten zu Themen wie „Warum brauchen wir Theorie?“ oder „Interpretation von zeitlich und kulturell entfernten Texten“. In der Dezemberausgabe erscheinen auch Besprechungen von Theaterstücken.
„Inhaltlich passen alle Beiträge, die sich mit antiken Texten oder mit Literaturtheorie auseinandersetzen“, erläutert Lena Krauss. „Etwa zur Frage, warum man heute ein Werk aus der Antike auf eine bestimmte Weise liest und interpretiert, oder wie man moderne Literaturtheorien auf antike Texte anwenden kann.“
Die Auseinandersetzung mit antiker Literatur lohne sich nicht nur für klassische Philologen, sagen die Gräzistinnen. Immerhin sei die gesamte abendländische Kulturtradition in der antiken Literatur begründet. Außerdem seien Schriften wie die „Poetik“ Aristoteles‘ bis heute von großer Bedeutung für die Geisteswissenschaften.
Mut zur eigenen Meinung
„Jeder Student und Doktorand eines geisteswissenschaftlichen Fachs kann uns Texte gemäß unserer formalen Vorgaben schicken – in deutscher oder englischer Sprache“, sagt Bettina Bohle. „Wir prüfen dann, ob sie geeignet sind, merken gegebenenfalls Verbesserungen an und senden den Artikel anschließend an zwei Vertreter unseres wissenschaftlichen Beirats.“
Dieser besteht aus 19 namhaften Professorinnen und Professoren aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Großbritannien sowie den USA. Nach einer Rückmeldung haben die Autoren bis zu zwei Wochen Zeit, ihre Texte anzupassen. Kurz darauf werden sie veröffentlicht. „Selbst wenn wir einen Beitrag ablehnen, bleiben wir mit dem Autor in Kontakt, der didaktische Aspekt ist uns wichtig“, sagt die 33-Jährige Wissenschaftlerin.
Lena Krauss erklärt, worauf Autoren achten müssen: „Sie sollten ihre eigene These und das Thema präzise beschreiben.“ Einige Artikel seien wie ein Krimi aufgebaut und böten erst am Ende eine „Auflösung", sagt die Gräzistin. „Bis dahin hat der Leser längst den Faden verloren.“ Und Bettina Bohle fügt hinzu: „Wir können viel von der englischsprachigen Praxis lernen. In Großbritannien und den USA verfassen Studierende mehrmals im Semester Essays, in denen sie eine präzise formulierte eigenständige Position entwickeln“. Diese expliziten Argumentationen und der Mut zur eigenen Meinung seien für wissenschaftliche Artikel besonders wichtig.
Nicht nur die Einsender erwerben dank der Zeitschrift eisodos wichtige Kenntnisse und Fähigkeiten für die wissenschaftliche Karriere: Auch Bettina Bohle und Lena Krauss haben seit Beginn ihres Projektes vor zwei Jahren viel gelernt. „Die Herausgebertätigkeit hat uns kritischer im Umgang mit Texten gemacht und auch unser eigenes Schreiben verbessert“, sagen sie. „Aber am Wertvollsten für uns sind die Reaktionen. Die Bewerber freuen sich darüber, eine Einschätzung ihrer Erörterungen zu bekommen – in den Studienveranstaltungen bleibt dafür oft keine Zeit.“
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