Vielfalt im Lehrerzimmer ist gefragt
Bilanz des Projektes MigraMentor, durch das junge Menschen mit Migrationshintergrund für den Lehrerberuf gewonnen werden sollen
28.07.2014
Nur rund fünf Prozent der Lehrer in Deutschland haben einen Migrationshintergrund. Das Projekt MigraMentor unterstützt junge Erwachsene mit Migrationshintergrund auf dem Weg zum Lehramt.
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An Deutschlands Schulen unterrichten zu wenig Lehrkräfte mit Migrationshintergrund, sagen Experten: Während die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund stetig steige, stünden ihnen nach aktuellen Schätzungen nur zwischen vier und sechs Prozent Lehrende mit Migrationshintergrund im Klassenzimmer gegenüber. „Es war und ist ein großes Anliegen der Fachwelt als auch der Politik, dieses Ungleichgewicht zu ändern“, sagt Diemut Ophardt, Geschäftsführerin des Zentrums für Lehrerbildung der Freien Universität und zuständig für die Koordination des Projekts „MigraMentor“.
2011 wurde MigraMentor – eine Wortkombination aus Migration und Mentor – von der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung initiiert. Das 2014 abgeschlossene gemeinsame Projekt der Freien Universität, der Humboldt-Universität und des Berliner Netzwerks für Lehrkräfte mit Migrationshintergrund hatte zum Ziel, Lehramtsstudierende sowie Lehramtsanwärter mit Migrationshintergrund während ihrer Ausbildung zu unterstützen und zu begleiten. Förderpartner waren der Europäische Sozialfonds, die Gemeinnützige Hertie-Stiftung, die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius sowie für ein Teilprojekt die Sir Peter Ustinov Stiftung.
Anwälte oder Ärzte sind häufig besser angesehen als Lehrer
„Von Anfang an haben wir bei MigraMentor auf das Mentoren-Konzept gesetzt und damit über das Beratungs- und Informationsangebot hinaus auch eine intensive, persönliche Begleitung angeboten“, sagt Ophardt. Zudem wurden verschiedene Veranstaltungen mit Praxisbezug organisiert, 2013 etwa der MigraMentor-Campus:
Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund, die sich für den Lehrerberuf interessieren, waren an der Freien Universität zu Gast und tauschten sich mit Studierenden, Dozenten und Mitarbeitern der Studienberatung aus.
Zu dem zweitägigem Programm zählten auch Besuche an Schulen in Neukölln. Die Teilnehmer knüpften so direkt Kontakte zu Schulleitungen und Lehrkräften. In den Gesprächen wurde deutlich, dass dem Lehrberuf etwas Imagepflege gut täte – gerade auch mit Blick auf die Zielgruppe von MigraMentor: „Jura, BWL oder Medizin sind als Studienfächer bei Familien mit Wurzeln im Ausland höher angesehen als eine Karriere als Lehrer oder Lehrerin“, sagt Ophardt.
Nach drei Jahren zogen die Projektpartner von MigraMentor nun Bilanz: Dass Politik, Hochschulen und Stiftungen auf das gemeinsame Ziel hin nun gut miteinander zusammen arbeiten, zähle für alle Beteiligten als großer Erfolg, sagt die Erziehungswissenschaftlerin. „Leider wissen wir nicht, ob wir an den Universitäten nun mehr Lehramtsstudierende mit Migrationshintergrund haben“, sagt Ophardt, „denn bei der Immatrikulation dürfen wir den Migrationshintergrund nicht abfragen.“
Netzwerke und neue Ideen für den Lehrer
Unabhängig davon solle das entstandene Netzwerk weiter intensiv genutzt und stets neue Ideen zum Thema entwickelt werden: „An der Freien Universität ist nicht zuletzt durch das MigraMentor-Projekt eine Vielzahl von Angeboten entstanden, von denen Lehramtsstudierende mit und ohne Migrationshintergrund profitieren“, sagt Ophardt.
„Lehramt-Plus“ heißt eines der neuen Programme, zu dem unter anderem ein Schreibcafé gehört. Hier werden die Studierenden in informeller Atmosphäre beim Schreiben ihrer Seminar- oder Abschlussarbeiten unterstützt.
„Das Café ist für alle Lehramtsstudierenden geöffnet. Aber die Idee dazu ist vor dem Hintergrund entstanden, dass viele Studierende mit Migrationshintergrund, die Deutsch als Zweitsprache haben, häufig auch Probleme mit dem wissenschaftlichen Schreiben in deutscher Sprache haben“, sagt Ophardt.
Um auch in den kommenden Jahren für MigraMentor und den Lehramtsberuf bei jungen Leuten mit Migrationshintergrund zu werben, planen nun die drei Berliner Universitäten einen jährlichen gemeinsamen Campus-Tag, der 2015 zum ersten Mal stattfinden soll. „Wenn wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen, werden wir mehr Vielfalt im Lehrerzimmer erreichen können.“