Pilotprojekt im Praxistest
Ein Fortbildungsangebot qualifiziert Lehrer dazu, Lehramts-Studierende während der Praxisphase an Schulen zu betreuen
07.07.2014
Praxiserfahrung – in der Diskussion über die Vorbereitung von Studierenden auf den Lehrerberuf sei das fast schon ein Zauberwort, sagt Diemut Ophardt, Geschäftsführerin des Zentrums für Lehrerbildung (ZfL) der Freien Universität. Anfang des Jahres hat der Berliner Senat beschlossen, dass ab dem Wintersemester 2015/2016 Master-Lehramtsstudierende ein Praxissemester belegen müssen. Um auf die neue Ausbildungsphase vorbereitet zu sein, haben Wissenschaftler des ZfL eine Mentorenqualifizierung für Lehrkräfte entwickelt: FUMQua steht für Freie Universität - Mentorenqualifizierung und ist der Name des Pilotprojekts, bei dem Lehrerinnen und Lehrer auf die professionelle Betreuung von Studierenden vorbereitet werden.
Schulpraxis für angehende Lehrkräfte sei allerdings kein Selbstläufer, sagt Diemut Ophardt. Entscheidend für die Qualität der Ausbildungsphase seien die Rahmenbedingungen an den Schulen, vor allem die Betreuung der Studierenden, sagt die promovierte Erziehungswissenschaftlerin.
„Wir wollen Brücken bauen zwischen der universitären Ausbildung, den Mentorinnen und Mentoren an den Schulen und den Studierenden“, sagt Ophardt. Für die Mentoren müsse transparent sein, welche fachlichen Anforderungen von Seiten der Universität an das Praktikum gestellt werden und wo die Studierenden fachdidaktisch stehen. Zu der Qualifizierung gehöre auch, die Mentoren für die Probleme der angehenden Lehrkräfte zu sensibilisieren. An sieben Terminen, jeweilsdrei bis sechs Stunden lang arbeiten die Mentorinnen und Mentoren dazu mit Fachdidaktikerinnen, Fachdidaktikern und Erziehungswissenschaftlerinnen der Freien Universität zusammen.
Pilotprojekt lief von Februar bis April dieses Jahres
„Mit dem Pilotprojekt wollten wir ein übertragbares Qualifizierungskonzept entwickeln und auf seine Tauglichkeit testen. Ab 2015 soll eine gemeinsame Berliner Mentorenqualifizierung auf den Weg gebracht werden“, sagt Ophardt. Sie und ihr Team vom Zentrum für Lehrerbildung hätten von den Teilnehmern des ersten Durchgangs eine „sehr positive Rückmeldung“ bekommen, wie Ophardt berichtet. 36 Lehrerinnen und Lehrer hatten an dem Pilotprojekt von Februar bis April dieses Jahres teilgenommen.
Insbesondere das „fachspezifische Unterrichts-Coaching“, ein Ansatz der Schweizer Erziehungswissenschaftlerin und FUMQua-Dozentin Professorin Annelies Kreis, kam bei den Teilnehmern gut an. Ein Element dieses Ansatzes ist die „Ko-konstruktive Unterrichtsbesprechung“ zwischen Mentor und Studierenden: „Dabei wird vor dem Unterricht eine Schulstunde gemeinsam mit Mentor und Student entwickelt. Bislang ist es häufig so, dass der Student in der Klasse etwas ausprobiert, und der Mentor im Anschluss daran ein Feedback gibt“, sagt Ophardt.
Studien belegen, dass Studierende von den Vorbesprechungen wesentlich mehr profitieren als von Nachbesprechungen. Besonders positiv wurde von den Teilnehmern hervorgehoben, dass der Ansatz mit „echten Praktikanten“ der Freien Universität trainiert werden konnte – wovon auch die Studierenden begeistert waren.
Gesetzliche Rahmenbedingungen müssen noch geklärt werden
Wegen des Lehrermangels in Berlin ist das Praxissemester für die Schulen besonders interessant: „Die Schulen erhoffen sich jetzt, gute Leute kennenzulernen und langfristig an die Schule zu binden“, sagt Ophardt.
Bislang gibt es neben einem vorgeschriebenen Praktikum im Bachelor nur zwei vierwöchige Unterrichtspraktika während des Masterstudiums. Zu wenig Zeit, um alle Facetten des Schulalltags – vom Unterricht über Elternabende bis hin zu Klassenfahrten – kennenzulernen. Mit dem Praxissemester, das zum Wintersemester 2015/16 startet und im dritten Mastersemester absolviert werden soll, soll diese Leerstelle nun gefüllt werden.
Einige gesetzliche Rahmenbedingungen des Praxissemesters sind allerdings noch ungeklärt. So ist noch offen, ob die Mentorenqualifizierung für die Lehrkräfte verpflichtend oder freiwillig ist, und ob Lehrkräfte mit Mentorentätigkeit in ihrer Unterrichtspflicht entlastet werden. Zumindest die Zukunft von FUMQua ist beschlossene Sache: Bis 2016 wird das durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierte Projekt laufen. Ein neuer Durchgang startet im Herbst dieses Jahres.