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Ausgezeichnete Lehre

Beim „Tag der Lehre“ am 6. Mai wird erstmals der Lehrpreis der Freien Universität Berlin vergeben

05.05.2014

30 Studierende aus Israel und Deutschland forschen gemeinsam über den Holocaust. Das Gruppenbild entstand während des Aufenthalts der Berliner Gruppe an der Hebrew University.

30 Studierende aus Israel und Deutschland forschen gemeinsam über den Holocaust. Das Gruppenbild entstand während des Aufenthalts der Berliner Gruppe an der Hebrew University.
Bildquelle: Marc Ullrich

Geschichts- und Lehramtsstudierende aus Israel und Deutschland entwickeln gemeinsam Unterrichtskonzepte zum Thema Holocaust und erarbeiten auf dieser Basis neue Materialien – dieses außergewöhnliche Projekt des Geschichtsdidaktikers Martin Lücke wird am Dienstag mit dem ersten Lehrpreis der Freien Universität Berlin ausgezeichnet. Rahmen für die Preisverleihung ist ein „Tag der Lehre“, der dem Austausch zwischen mehreren Initiativen zur Förderung exzellenter Lehre an der Freien Universität dienen soll. So werden bei der Veranstaltung auch Zertifikate des Projekts „SUPPORT für die Lehre“ übergeben.

Zäune, Wachpersonal in Uniform, die Nationalflagge – was an deutschen Holocaust-Gedenkorten unvorstellbar ist, gehört in Israel oftmals zum Alltag. Als Martin Lücke von der Freien Universität Berlin den jeweiligen Umgang mit Gedenkkultur mit Kollegen der Hebräischen Universität Jerusalem diskutierte, kam die Idee für ein gemeinsames Programm auf. In den vergangenen Monaten hat es an beiden Universitäten Gestalt angenommen: In Form von Tutorien, Seminaren und Austauschbegegnungen. Israelische und deutsche Studierende beschäftigten sich mit den geschichtlichen und kulturellen Hintergründen des Holocaust, dem jeweiligen öffentlichen Gedenken sowie der Vermittlung des Themas an Schulen. „Ziel ist es, frei zugängliche Lehrmaterialien zu Aspekten des Holocaust zu erarbeiten, die für beide Länder gleichermaßen relevant sind, und diese online verfügbar zu machen“, sagt Martin Lücke.

Das deutsch-israelische Projekt ermögliche neben der fachwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem wichtigen Thema Holocaust den interkulturellen Austausch, begründete der Präsident der Freien Universität, Professor Peter- André Alt, die Juryentscheidung. Eingereicht worden waren 20 Projekte aus allen Fachrichtungen der Universität. Das Preisgeld von 10 000 Euro kommt dem Aufbau der Online-Plattform www.historycultures.de zugute, auf der das neue Lehrmaterial frei verfügbar gemacht wird.

Funktionierende Zusammenarbeit trotz der Distanz zwischen beiden Ländern

Ohne das Internet, da sind sich die beteiligten Studierenden sicher, wäre die gemeinsame Arbeit undenkbar gewesen: „Mithilfe von Videokonferenzen, Skype und sozialen Netzwerken wie Facebook diskutieren und arbeiten insgesamt rund 30 Studierende – die eine Hälfte aus Israel und die andere aus Deutschland – seit dem Wintersemester in gemischten Gruppen zusammen“, erzählt Adrian Lehne, Tutor am Arbeitsbereich „Didaktik der Geschichte“,.

Über die räumliche Distanz hinweg verglichen die Studierenden auch Geschichtsbücher beider Länder: Während hierzulande für die Texte meist Quellen der Täter herangezogen würden, richte sich der Blick israelischer Unterrichtsbücher vor allem auf den jüdischen Widerstand und das Leben in den Ghettos, erzählt der Doktorand Marc Ullrich, der mit Adrian Lehne das Tutorium leitete. „In Israel werden dem Thema manchmal ein ganzes Buch oder 80 bis 90 Seiten gewidmet, hierzulande sind es in der Regel weniger als zehn“, erläutert Professor Martin Lücke. In der Bildungsarbeit müsse die jüdische Opferrolle um weitere Perspektiven ergänzt werden, findet er: Die Bedeutung jüdischer Wissenschaftler und Künstler, das jüdische Leben vor der Verfolgung und die Zeit nach 1945 kämen in bisherigen Lehrmaterialien zu kurz.

Architektonischer Vergleich von Gedenkorten auf dem Programm

Im April besuchten die Berliner Studierenden Jerusalem und besichtigten dort etwa Yad Vashem – einen der bedeutendsten Holocaust-Gedenkorte und Archive Israels. Beim Gegenbesuch der israelischen Gruppe im August stehen mit dem Haus der Wannseekonferenz und dem Mahnmal für die ermordeten Juden Europas ebenfalls zentrale Gedenkorte auf dem Programm. Das Bild freundschaftlicher, gefestigter deutsch-israelischer Beziehungen sollen Teilnehmer in ihrem späteren Lehrer-Leben in den Schulalltag beider Länder hineintragen, so die Hoffnung Lückes.

Mit der Friedrich-Ebert-Stiftung und deren Programm „Gegen Rechtsextremismus“, der Jewish Claims Conference, der Stiftung Deutsche Klassenlotterie sowie dem DAAD Center for German Studies und dem Richard Koebner Minerva Center for German History an der Hebrew University haben er und sein Team gemeinsam mit den Kollegen in Israel für das erste Jahr bereits die finanzielle Unterstützung gesichert. Nun streben sie an, das Austauschprogramm und die begleitenden Seminare an beiden Universitäten künftig jährlich anzubieten.

Weitere Informationen

Tag der Lehre

  • 6. Mai 2014, 16.00
  • Henry-Ford-Bau der Freien Universität Berlin, Hörsaal A, Garystraße 35, 14195 Berlin (U-Bhf. Thielplatz, U 3)
  • Programm

Im Internet

Arbeitsbereich Didaktik der Geschichte

Lesen Sie den ausführlichen Artikel "Unterschiedlicher Blick auf den Holocaust" in der Tagesspiegel-Beilage.