„Angela Merkel will ein Europa, das funktioniert“
Im Rahmen der Winfried-Fest-Lecture wurde Publizistik-Studentin Emilija Gagrcin mit dem DAAD-Preis ausgezeichnet / Nikolaus Blome vom SPIEGEL hielt die Festrede
14.11.2013
Die Winfried-Fest-Lecture der Europäischen Journalisten-Fellowships an der Freien Universität hatte gleich drei Höhepunkte: Neben der Begrüßung der elf Fellows des Europäischen Journalisten-Kollegs gehörte die Verleihung des DAAD-Preises für hervorragende Leistungen ausländischer Studierender 2013 an die Studentin Emilija Gagrcin aus Serbien dazu. Anschließend hielt Nikolaus Blome, Leiter des Hauptstadtbüros des SPIEGEL, einen Festvortrag zum Thema „Deutschland, ungeliebte Führungskraft in Europa“.
In diesem Jahr wurde bereits der 15. Jahrgang des Europäischen Journalisten-Fellowships an der Freien Universität Berlin begrüßt. Zehn ausländische Journalisten sowie eine deutsche Journalistin werden ein Jahr lang zu Gast in Dahlem sein. „Das sind Journalisten, die für eine gewisse Zeit aus dem Beruf aussteigen. Einige bleiben auch länger an der Freien Universität und verfassen hier ihre Doktorarbeit“, erklärte Professor Alexander Görke, Wissenschaftlicher Leiter des Programms und Dekan des Fachbereichs Politik- und Sozialwissenschaften der Freien Universität. Im Laufe der vergangenen 15 Jahre konnten dank des Europäischen-Journalisten-Fellowship-Programms bereits über 180 Stipendiaten aus mehr als 30 Ländern in Berlin begrüßt werden.
Ausgezeichnete Studentin
Der „DAAD-Preis für hervorragende Leistungen ausländischer Studierender an den deutschen Hochschulen 2013“ ging in diesem Jahr an Emilija Gagrcin aus Serbien. Die Studentin im zweiten Jahr des Bachelorstudiengangs Publizistik- und Kommunikationswissenschaft arbeitet neben ihrem Studium als Referentin im Ausländerreferat des Allgemeinen Studierendenausschusses und ist Mitglied zahlreicher Initiativen im Bereich der Völkerverständigung und des internationalen Jugendaustauschs.
Seit September 2012 arbeitet Gagrcin darüber hinaus als studentische Hilfskraft für Professor Martin Emmer am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Freien Universität. Der mit 1.000 Euro dotierte Preis werde einer außerordentlich guten Studentin verliehen, die bereits viele Auszeichnungen erhalten habe, sagte Martin Emmer in seiner Würdigung.
Festrede von Merkel-Biograf und Leiter des SPIEGEL-Hauptstadtbüros Nikolaus Blome
Die Winfried-Fest-Lecture, mit der jedes Jahr des Publizisten Winfried Fest gedacht wird, der dem Gründungsbeirat der Europäischen Journalisten-Fellowships angehörte und damit einen Grundstein für das Internationale Journalisten-Kolleg an der Freien Universität gelegt hat, hielt Nikolaus Blome, Leiter des Hauptstadtbüros des SPIEGEL. Der Merkel-Biograf und bis vor Kurzem stellvertretende Chefredakteur der BILD-Zeitung referierte über Deutschlands Rolle in der Europäischen Union. Es gebe keine spannendere Zeit, um auf diese Frage einzugehen, sagte Blome. „Die Eurokrise ist ein bisschen abgeklungen. Gleichzeitig formt sich eine neue Regierungskoalition.“ Zudem werde Angela Merkel in ihrer letzten Amtszeit etwas für ihren Eintrag ins Geschichtsbuch tun wollen, vermutet Blome. Gleichzeitig sei Deutschland so unbeliebt wie lange nicht mehr. Von Angela Merkel sei folgendes Zitat überliefert: „Deutschland ist in der Europäischen Union das, was die USA für die Welt sind. Eine Führungsmacht.“
„Mit der Euro-Zone ist die Zweiteilung der Europäischen Union wahrgeworden"
Der Hauptstadtjournalist geht davon aus, dass die Europäische Union nicht auseinanderbrechen werde – „schieres Überleben“ sei allerdings auch zu wenig. Bei nötigen Vertragsveränderungen müssten einige Länder vorangehen. Da Frankreich mittlerweile nur noch Spitzenreiter zweiter Klasse sei, müsse Deutschland mehr Führung in Europa übernehmen. Mit der Euro-Zone sei die Zweiteilung der Europäischen Union wahrgeworden.
Merkel wolle eine echte europäische Innenpolitik. Von ihr sei der Satz überliefert: „Niederländische Sorgen sind auch deutsche Sorgen.“ Blome zufolge darf es nicht mehr tabu sein, sich in die innenpolitischen Belange anderer Staaten einzumischen. Ein weiterer Politiker, der eine solche europäische Innenpolitik wolle, sei der Präsident des Europäischen Parlaments Martin Schulz. Auf die Nachfrage von Eberhard Diepgen, ehemaliger Regierender Bürgermeister von Berlin, welches Europa Angela Merkel wolle, antwortete Merkel-Biograf Nikolaus Blome: „Angela Merkel denkt nicht geostrategisch, sondern mechanistisch. Sie will ein Europa, das funktioniert.“ So gehe es Angela Merkel vor allem darum, die Eurowährungszone wetterfest zu machen.