Im Ring mit den Boxgirls
Sigmar Gabriel diskutierte in Kreuzberg mit Mädchen und jungen Frauen vom Verein „Boxgirls“, den Integrationspädagogin Heather Cameron von der Freien Universität gegründet hat
16.11.2012
Er wollte es wissen: Am Ende seines Besuchs bei den „Boxgirls“ in der Kreuzberger Bergmannstraße stieg Sigmar Gabriel in den Ring, um sich von den Mädchen Boxtechniken zeigen zu lassen. Zuvor hatte der SPD-Vorsitzende mit den jungen Frauen in der Trainingshalle diskutiert: „Was muss in Deutschland besser werden?“ Mit dieser Frage tourt die SPD derzeit im Rahmen des aktuellen Bürger-Dialogs durchs Land, um Meinungen zu sammeln und die Stimmung zu eruieren. „Boxgirls“ ist ein ehrenamtliches Sport- und Sozialprojekt, das 2005 von Juniorprofessorin Heather Cameron von der Freien Universität gegründet worden ist.
Mit mehr als 160 Mitgliedern ist „Boxgirls“ inzwischen Europas größter Boxclub für Frauen und Mädchen. 2010 wurde das Projekt im Wettbewerb „startsocial“ mit einem Sonderpreis von Bundeskanzlerin Angela Merkel für die Arbeit im Bereich Integration, bürgerschaftliches Engagement und Gleichberechtigung ausgezeichnet. Seit 2007 ist der Verein auch mit Projekten in Nairobi (Kenia) und seit 2009 in Kapstadt (Südafrika) vertreten.
Im Anschluss an ein kurzes „Showtraining“ der „Boxgirls“ berichtete Sigmar Gabriel über eigene Erfahrungen mit ehrenamtlicher Arbeit. Vor allem aber interessierten ihn die Gedanken der Jugendlichen zum Thema Politik und Zivilgesellschaft. Was wünschen sie sich, wie könnte die Politik die Arbeit und Ziele der „Boxgirls“ und anderer zivilgesellschaftlicher Projekte unterstützen? In der lebhaften Diskussion ging es schließlich nicht nur um Trainingsmöglichkeiten oder eine bessere Verbindung von Schule und außerschulischen Aktivitäten. Die Mädchen sprachen auch Themen an, die sie beschäftigen: Obdachlosigkeit, psychiatrische Versorgung, Chancengleichheit im deutschen Bildungssystem und das deutsche Asylrecht.
„Es ist gut zu sehen, wie interessiert hier beide Seiten aufeinander zugehen – Politiker und junge Leute aus dem Kiez. Und dass sie darüber diskutieren, was wir in Deutschland verändern müssen", sagte Heather Cameron. „Die guten Ideen müssen wir dann auch umsetzen."
Über das Boxtraining hinaus wollen Professorin Heather Cameron und ihre Mitstreiterinnen mit Folgeprojekten wie „Sicher im Kiez!“ und „Urban Hero“ Kinder und Jugendliche dazu ermutigen, sich in ihren Kiezen und Schulen stärker gesellschaftlich und sozial zu engagieren.
Die britisch-kanadische Wissenschaftlerin Heather Cameron – vom Deutschen Hochschulverband zur Hochschullehrerin des Jahres 2009 ernannt – engagiert sich für eine praxisbezogene Lehre, die Sport, Integration und Chancengleichheit der Geschlechter verknüpft. Studierende an ihrem Fachbereich werden in Projekte wie „Boxgirls“ eingebunden und lernen so, wie genderspezifische Jugendarbeit in der Realität funktionieren kann.