Natürlich lernen
Grund zum Feiern: Schon 100 Berliner Schulen nehmen am Projekt „TuWaS!“ teil
10.09.2012
Stromkreise bauen, das Leben eines Schmetterlings beobachten oder Mikroorganismen untersuchen – die Experimentiereinheiten des Projekts „Technik und Naturwissenschaften an Schulen“ (TuWaS!) sind bei Schulkindern und Lehrenden gleichermaßen beliebt. Inzwischen nimmt die 100. Berliner Grundschule an dem Programm teil, das Wissenschaftler der Freien Universität 2007 zusammen mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) gegründet haben und seither betreuen. Der Erfolg wurde mit einer Festveranstaltung im Leibniz-Saal der Akademie gewürdigt.
Es wurde gefeiert und gleichzeitig gelernt: Rund 200 geladene Gäste aus Schulen, Politik und Wirtschaft erhielten Einblicke in die Ziele, Erfahrungen und Ergebnisse von TuWaS! Das Projekt soll dazu beitragen, Kindern ökologische Zusammenhänge schon früh begreifbar zu machen. Sie sollen durch forschendes Lernen die Natur wertschätzen und sich zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern in einer Gesellschaft entwickeln, die verstärkt auf Nachhaltigkeit setzt.
TuWaS! bietet Lehrerfortbildungen und Experimentiermaterialien für die Grundschulfächer Sachkunde und Naturwissenschaften an, die inhaltlich an den Berliner Rahmenlehrplan angepasst sind. Insgesamt zwölf verschiedene naturwissenschaftlich-technische Themen stehen zur Auswahl. In der Unterrichtseinheit „Wetter“ beispielsweise lernen die Kinder, wie sich das Wetter auf ihr Leben auswirkt. In „Festkörper und Flüssigkeiten“ untersuchen sie Eigenschaften von festen Materialien und Flüssigkeiten, in „Mikrowelten“ Gegenstände aus dem täglichen Leben und Kleinstorganismen. Die „Lebensmittelchemie“ verdeutlicht die grundlegenden Konzepte zur Nahrung und Ernährung.
Lehrkräfte und Schulkinder sind begeistert
Die Kinder an den teilnehmenden Grundschulen können über mehrere Monate experimentieren. Die Materialien wie auch das begleitende Lehrerhandbuch zur jeweiligen Einheit werden vom TuWaS!-Team an der Freien Universität in transportablen Kisten zusammengestellt, an die Schulen geliefert und wieder abgeholt. Ein Service, den vor allem Lehrerinnen und Lehrer schätzen, weil es aufwendig ist, das Experimentiermaterial in Klassenstärke selbstständig zusammenzustellen. In den vergangenen sieben Jahren haben mehr als 800 Lehrkräfte an rund 100 Berliner Grundschulen das Angebot genutzt und an den Fortbildungen teilgenommen.
Wie gut TuWaS! ankommt, zeigten bei der Festveranstaltung im Leibniz-Saal der BBAW am eindrucksvollsten die Kinder selbst: Sie präsentierten Lerneinheiten und Videoclips, die sie zu „TuWaS!“-Themen erstellt hatten sowie einzelne Arbeiten und Experimente. Der Chor der Robert-Reinick-Grundschule in Spandau führte einen von ihrem Lehrer Reinhard Müller eigens komponierten Rap auf:
„Technik und die Wissenschaften / müssen an Schulen her.
Denn ohne diese Disziplinen / geht bald gar nichts mehr.
Probleme selbst in Gruppen lösen / das ist richtig schick.
Chemie, Bio und Physik / geben uns den Kick.
Jetzt sind es schon 100 Schulen / eine große Crew.
Und alle, die hier heute sitzen / gehören auch dazu.“
Experimente durchführen und Laborberichte schreiben
„Die Kinder entwickeln technische Lösungen und lernen abstraktes, konzeptuelles Denken“, sagt Initiatorin und Projektleiterin Petra Skiebe-Corrette, Biologieprofessorin der Freien Universität Berlin. „Sie lernen, Hypothesen zu bilden, Daten zu erheben und von Meinungen zu unterscheiden.“ Die Kinder lernten außerdem zu kommunizieren, im Team zu arbeiten und das Erlernte mit Fachbegriffen in speziell entwickelten Laborjournalen schriftlich festzuhalten.
Damit legt das Projekt nicht nur den Grundstein für einen erfolgreichen Weg in naturwissenschaftlichen Berufszweigen: Lehrkräfte haben das TuWas!-Team darauf aufmerksam gemacht, dass sich der Unterricht auch zur Sprachförderung anbieten würde – für die meist heterogen zusammen gesetzten Schulklassen Berlins ein wichtiger Aspekt. Hierfür wurde eine spezielle neue Lehrerfortbildung entwickelt, die im Laufe des Monats an einer ausgewählten Schule getestet werden soll.
Vorbild-Projekte in Europa
Den Anstoß für das Projekt gab eine europäische Initiative: Um das Interesse von Schulkindern an Technik und Naturwissenschaften zu fördern, rief die Europäische Kommission 2006 das Projekt „Pollen“ ins Leben. Ziel war das sogenannte untersuchende Lernen (inquiry-based learning) im naturwissenschaftlichen Unterricht. Es wurde bis 2009 an Grundschulen in zwölf europäischen Ländern durchgeführt, Berlin war eine von zwölf teilnehmenden Städten. Aufgrund des großen Erfolgs von Pollen startete die EU im Anschluss das Folgeprojekt „Fibonacci“. Darin geben ausgewählte Referenzzentren – eines davon ist die Freie Universität – ihre Erfahrungen an sogenannte „Twin“-Zentren weiter.
Förderer des Projekts
Parallel zu den Programmen auf europäischer Ebene gründeten die Freie Universität und die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften 2007 das Projekt TuWaS! für den Berliner Raum. Zu den Hauptförderern von TuWaS! gehören die Europäische Union, die TSB Technologiestiftung Berlin, die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft und das Unternehmen GO! Express and Logistics.