Europa ein Gesicht geben
Europäische Studierende der Freien Universität als „Minibotschafter“ an Berliner Schulen
10.07.2012
Benjamin Kurc fand besonders die Zusammenarbeit mit Schülern aus Familien mit Migrationshintergrund interessant
Bildquelle: Marina Kosmalla
Vorurteile gegenüber Großbritannien, Deutschland und Frankreich war das Thema von Nathan-Aarash Akhavan-Moossavi und seiner Klasse
Bildquelle: Marina Kosmalla
Erstmalig wurde von einer Klasse als Projekt eine Zeitung gestaltet. Das Thema war die Präsidentschaftswahl in Frankreich
Bildquelle: Marina Kosmalla
„Europa lebendig erleben“ – das konnten in den letzten Monaten Schülerinnen und Schüler in der gesamten Bundesrepublik. Europäische Gaststudierende besuchten Schulklassen und erarbeiteten mit ihnen kreative Projekte zu ihren Heimatländern. In den Berliner Schulen waren auch Austauschstudierende der Freien Universität dabei. Ermöglicht wird diese Begegnung jährlich durch den Verein „Europa macht Schule“.
„Das Projekt ist eine sehr gute Erfahrung, und ich würde es jedem Erasmus-Studierenden empfehlen“, sagt Benjamin Kurc. „Die Zusammenarbeit mit deutschen Kindern und Lehrern ist interessant, und man kann sich gut mit dem Berliner Leben auseinandersetzen.“ Der 24-jährige Franzose kommt aus Nancy und studiert seit 2007 Geschichte an der Freien Universität.
Gemeinsam mit einer französischen Kommilitonin besuchte Benjamin Kurc eine 5. Klasse der Mercator-Grundschule in Lichterfelde. „Die meisten Schüler kamen aus Familien mit Migrationshintergrund, was ich umso interessanter fand. Wir haben über Frankreich und über Vorurteile geredet. Es war spannend, und die Kinder waren sehr aufmerksam und interessiert.“
Die Idee wächst
„Wir holen Europa ins Klassenzimmer“ – das war die Idee, aus der der Verein „Europa macht Schule“ vor sechs Jahren entstanden ist. Gestartet in drei Städten, findet das Projekt mittlerweile deutschlandweit an über 30 Standorten statt. Gaststudierende aus ganz Europa besuchen als „Minibotschafter“ ihres Heimatlandes deutsche Schulen und gestalten gemeinsam mit den Schülern in drei bis fünf Unterrichtsstunden ein Projekt ihrer Wahl. Im Mittelpunkt soll dabei der direkte Kontakt zwischen deutschen Schülern und Studierenden aus dem europäischen Ausland stehen. „Einige Teilnehmer waren derart beeindruckt von den Erfahrungen in Deutschland, dass sie „Europa macht Schule“ auch in ihr Heimatland gebracht haben“, sagt Inken Heldt, Vorstandsvorsitzende des Vereins. In Prag etwa fänden bereits erste Projekte statt.
Neugier auf beiden Seiten
„Die Schüler hatten großes Interesse“, sagt Nathan-Aarash Akhavan-Moossavi. „Noch bevor ich beim ersten Treffen etwas erzählen konnte, haben sie mich schon ausgefragt.“ Der 20-Jährige kommt aus London und studiert für ein Jahr über das Erasmus-Austauschprogramm Rechtswissenschaft an der Freien Universität. Mit einer 12. Klasse der Sophie-Scholl-Schule in Schöneberg sprach er über Vorurteile gegenüber Großbritannien, Frankreich und Deutschland sowie über Integration und Migration. „Wir haben auch den Einbürgerungstest für Großbritannien gemacht. Es hat viel Spaß gemacht, mit den Schülern zu arbeiten.“
„Europa macht Schule“ bereichere nicht nur den Schulunterricht, sondern auch den Aufenthalt der Gaststudierenden. „Das Projekt bietet die Möglichkeit, sowohl Erfahrung in der Arbeitswelt zu sammeln als auch neue Menschen kennenzulernen: Schüler, Lehrer, andere Teilnehmer, Tutoren und Organisatoren“, sagt Benjamin Kurc. Er war genauso wie Nathan-Aarash Akhavan-Moossavi von der Hilfsbereitschaft und dem Engagement der Lehrer und ehrenamtlichen Tutoren begeistert.
So vielfältig wie Europa
Zum Abschluss des Programms findet in jedem Hochschulort eine gemeinsame Abschlusspräsentation statt. In Berlin trafen sich die Teilnehmer im Roten Rathaus und präsentierten ihre Ergebnisse auf dem „Europamarkt“. Erstmalig wurden zum Beispiel eine Zeitung zur Präsidentschaftswahl in Frankreich gestaltet und gedruckt sowie zwei kurze Filme aufgenommen. „Die Projekte aus dem vergangenen Programmjahr in Berlin sind bunt und vielfältig“, sagt Inken Heldt. „Genauso vielfältig wie die Studienfächer und Herkunftsländer der Studierenden, die mitgemacht haben, und genauso bunt wie die Lebenswelten der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler.“