12 Wochen Deutschland und zurück
Stipendiaten des Internationalen Journalisten-Kollegs der Freien Universität auf Deutschland-Tour
04.07.2012
„Schwerin“ kommt nicht von „schwärmen“, aber ins Schwärmen kommen Besucher der Stadt oft angesichts der sieben Seen und des prachtvollen Schlosses. So erging es auch den 32 Stipendiatinnen und Stipendiaten des Internationalen Journalisten-Kollegs der Freien Universität Berlin. Sie stammen aus den GUS-Staaten und den USA und besuchten neben Hamburg und Magdeburg auch die Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen einer fünftägigen Bildungsreise, bevor sie Praktika in Berliner und Brandenburger Medienredaktionen antraten.
Jedes Jahr kommen rund 20 angehende oder bereits fertig ausgebildete Journalisten aus den GUS-Staaten sowie 15 Teilnehmer aus den USA als Stipendiaten an das Internationale Journalisten-Kolleg der Freien Universität. Sechs Wochen lang besuchen sie dort Vorlesungen über Politik, Wirtschaft, Kultur und Journalismus, bevor sie für weitere sechs Wochen Praktika bei Zeitungen, Online-Redaktionen, beim Radio oder Fernsehen absolvieren.
In der Freizeit erleben die Gäste, dass Deutschland auch außerhalb von Berlin sehenswerte Orte zu bieten hat: Hamburg, Magdeburg und Schwerin standen in diesem Sommer auf dem Reiseprogramm, an dem die Stipendiaten aus Ost und West gemeinsam teilnahmen.
Landeskunde für angehende Journalisten
Um Ost und West ging es auch auf der Reise, beispielsweise bei einem Abstecher zum Grenzdenkmal Hötensleben (Sachsen-Anhalt) am ersten Tag. Dort steht die einzige mehrere hundert Meter lange im Original erhaltene Anlage der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Für Fremde sieht es aus wie eine Filmkulisse, für die Amerikaner und Osteuropäer war der Besuch eine Grenzerfahrung der besonderen Art: Ein Denkmal-Experte und Hötenslebener redete nicht nur schlecht über die DDR, „das war spannend“, sagte eine Amerikanerin.
Den zweiten und dritten Tag verbrachten die Stipendiaten in Hamburg. Dort lernten die Nachwuchsjournalisten und Journalistik-Studenten von den Machern des Spiegel und der ZEIT, wie Qualitätsjournalismus funktioniert und wie er sich künftig im Netz entwickeln könnte. Dabei wurden viele Vermutungen angestellt. „In Deutschland gibt es noch zu wenig Bürgerjournalismus im Netz“, sagte ein Teilnehmer aus den USA. „Bei uns gibt es mittlerweile viele Online-Nachrichtenportale, die keinem Printmedium angehören“, erzählte eine Ukrainerin.
Schwerin: Abwanderung und Rückkehr
Um die Entwicklung der Bevölkerung ging es in Schwerin, auf der letzten Station der Reise: Um ein Viertel sind die Einwohnerzahlen in den letzten 20 Jahren zurückgegangen. „Das war traurig, ein bisschen deprimierend“, sagt Avery Trufelmann aus den USA, wenn sie an ihre Erfahrungen aus den vergangenen Tagen zurückdenkt.
Die Rückholagentur mv4you, deren Chefin Solveig Streuer die internationalen Stipendiaten interviewten, versucht Abgewanderte zurückzulocken, „weil es für viele in der Heimat doch am schönsten ist“. Was Heimat eigentlich ist, darüber waren sich die Stipendiaten uneinig. Einigkeit gab es dafür zum Thema Schwerin: „So schön!“ Und schön nah an Berlin, der aktuellen Lebensabschnitts-Heimat.