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Marie-Schlei-Preis 2011 für vier junge Wissenschaftlerinnen der Freien Universität

Arbeiten von Frauen und mit Gender-Thematik ausgezeichnet

04.01.2012

Mit dem Marie-Schlei-Preis wurden 2011 zum elften Mal „die besten wissenschaftlichen Arbeiten von Frauen unter besonderer Berücksichtigung der Frauen- und Geschlechterforschung“ ausgezeichnet.

Mit dem Marie-Schlei-Preis wurden 2011 zum elften Mal „die besten wissenschaftlichen Arbeiten von Frauen unter besonderer Berücksichtigung der Frauen- und Geschlechterforschung“ ausgezeichnet.
Bildquelle: Photocase.com / kallejipp

Marie Schlei (1919-1983) verdankte ihren Aufstieg bis zur Entwicklungshilfeministerin unter dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt im Jahr 1976 unter anderem ihrer Vision, Entwicklungshilfe für Frauen gesellschaftlich zu etablieren.

Marie Schlei (1919-1983) verdankte ihren Aufstieg bis zur Entwicklungshilfeministerin unter dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt im Jahr 1976 unter anderem ihrer Vision, Entwicklungshilfe für Frauen gesellschaftlich zu etablieren.
Bildquelle: Bundesarchiv, B 145 Bild-F048638-0007, Foto: Ludwig Wegmann, 19. Juni 1976

Zum elften Mal wurden 2011 Arbeiten von Wissenschaftlerinnen der Freien Universität Berlin mit dem Marie-Schlei-Preis ausgezeichnet. Der Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie vergibt den mit insgesamt 3.500 Euro dotierten Preis jedes Jahr für „die besten wissenschaftlichen Arbeiten von Frauen unter besonderer Berücksichtigung der Frauen- und Geschlechterforschung“.

Wie können Konzepte aussehen, die die Brücke von Kindertagesstätten zu Grundschulen schlagen? Konzepte, die angesiedelt sind an der Schnittstelle zweier Berufsgruppen: Erzieherinnen und Erzieher treffen auf Lehrerinnen und Lehrer. Anhand dieses Beispiels stellte die Erziehungswissenschaftlerin Juliane Lamprecht in ihrer mit dem Marie-Schlei-Preis ausgezeichneten Dissertation neue sogenannte responsive Forschungsmethoden vor: Die an der Untersuchung Beteiligten können an der Auswertung der Studie teilhaben und die Ergebnisse umsetzen.

Ausgezeichnet wurde außerdem die Diplom-Psychologin Verena Klusmann. In ihrer Dissertation beschäftigte sich die Wissenschaftlerin mit einem Thema, das aufgrund des demografischen Wandels in unserer Gesellschaft immer mehr an Relevanz gewinnt: Wie kann ich gesund älter werden und ausgeglichen leben? Eine Frage, die zunächst insbesondere Frauen angeht, da diese im Durchschnitt eine höhere Lebenserwartung haben als Männer, ihre geistige Fitness dabei jedoch oft einzubüßen drohen. Verena Klusmann entwickelte deshalb zwei Programme, „die im Alltag etwas nutzen“. So konnte sie nachweisen, dass ältere Frauen, die anfingen, Sport zu treiben oder lernten, einen Computer zu bedienen, eine bessere Gedächtnisleistung erzielten als Frauen, die ihr Leben wie gewohnt fortsetzten. Die Frauen, die den Computerkurs besuchten, stellten selbst fest, dass sich ihr Gedächtnis verbesserte und die Teilnehmerinnen des Sportkurses waren im Hinblick auf das Älterwerden zufriedener. Klusmann konnte so belegen, welcher Nutzen sich aus Maßnahmen wie diesen für unsere Gesellschaft ergibt.

Untersuchungen zu Schizophrenie und extremen Männlichkeitseinstellungen

Ausgangspunkt der ebenfalls ausgezeichneten Arbeit von Lydia Pöhland war die Beobachtung, dass an Schizophrenie Erkrankte oft Schwierigkeiten haben, Gefühle und Mimik ihrer Mitmenschen richtig zu erkennen und einzuordnen. Die Diplom-Psychologin ging der Frage nach, ob Angehörige neben dem erblich bedingt erhöhten Risiko, an Schizophrenie zu erkranken, auch auf neuronaler Ebene Veränderungen aufweisen. Bei einer Untersuchung der Aktivität der Gehirnregionen, die für die Gesichter- und Emotionserkennung wichtig sind, stellte sie fest, dass die Funktionsweise der betreffenden Gehirnregionen tatsächlich verändert ist, dass aber das Erkennen und Deuten von Emotionen durch eine Umstrukturierung im Gehirn kompensiert werden kann. Diese Erkenntnisse können in Zukunft bei der Früherkennung schizophrener Erkrankungen helfen.

Untersuchung zu "extremen Männlichkeitsvorstellungen" bei Jugendlichen

Janine Neuhaus widmete sich einem Thema, das in den vergangenen Jahren in den Medien immer wieder diskutiert wurde: jugendliches Gewaltverhalten, das unter anderem mit der vermeintlichen Machokultur einiger Migrationsgruppen in Deutschland erklärt wird. Die Diplom-Psychologin Neuhaus wählte einen differenzierten Ansatz. Sie wollte herausfinden, welche Rolle das direkte soziale Umfeld von Jugendlichen bei der Entstehung extremer Männlichkeitseinstellungen spielt. Um diese Frage zu beantworten, führte Neuhaus Studien mit mehr als 2.000 Schülerinnen und Schülern durch. Sie stellte fest, dass eine hohe Zustimmung zu extremen Männlichkeitseinstellungen innerhalb einer Klasse zu einer höheren Aggressionsbereitschaft einzelner Jugendlicher führte. Außerdem wurde deutlich, dass aggressives Verhalten nach vorausgehender Provokation eher von einem Klassenkameraden als von einer Klassenkameradin erwartet wurde. „Meine Arbeit konzentriert sich auf das direkte soziale Umfeld der Jugendlichen. Dadurch stellt sie einen geeigneten Ansatz bereit, um einer Stigmatisierung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Deutschland entgegenzuwirken“, freut sich die Preisträgerin.

Marie Schlei: ihrer Zeit weit voraus

Der Marie-Schlei-Preis wurde 2011 in zwei Kategorien vergeben. In der ersten Kategorie gab es keine Themenbindung. Hier fungierte die Auszeichnung vor allem als Frauenförderpreis. In der zweiten Kategorie konnten sich Frauen und Männer bewerben, deren Arbeiten einen genderthematischen Schwerpunkt haben.

Mit der Namensgebung des Preises wird Marie Schlei, eine Berliner Lehrerin der ersten Stunde nach dem Krieg, gewürdigt. Ihren Aufstieg bis zur Entwicklungshilfeministerin unter dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt im Jahr 1976 verdankte sie unter anderem ihrer Vision, Entwicklungshilfe für Frauen gesellschaftlich zu etablieren. Marie Schlei war ihrer Zeit jedoch weit voraus, wurde bereits zwei Jahre später abgewählt und durch einen Mann ersetzt. Sie starb 1983 in Berlin.