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Vorhang auf für die Wissenschaft

Der Physiker André Lampe erklärt Forschungsergebnisse in zehn Minuten und moderiert Science Slams / Am 24. Mai, 20.30 Uhr, im Kreuzberger "Lido"

23.05.2011

André Lampe ist begeisterter Science-"Slammer" und Physiker an der Freien Universität.

André Lampe ist begeisterter Science-"Slammer" und Physiker an der Freien Universität.
Bildquelle: Marina Kosmalla

Wissenschaft kann manchmal so einfach sein: Wenn man das Thema seiner Diplomarbeit beispielsweise mit der Geschichte vom Hodenknackerfisch erklärt: In einem Aquarium schwimmen ein dummer Fisch, der Lollis mag, und ein Hodenknackerfisch, der einen Reflektor trägt – und am liebsten in die Hoden des dummen Fisches beißt. Mehr braucht André Lampe nicht, Doktorand an der Freien Universität und begeisterter Science-"Slammer", um einem breiten Publikum in aller Kürze seine Diplomarbeit zu erklären. Inzwischen moderiert der Sieger mehrerer Veranstaltungen selbst Science Slams.

„Wir wollen junge Wissenschaftler aus der Uni holen, auf eine Bühne stellen und sie dann erzählen lassen. Sie haben ein bisschen Öffentlichkeit verdient“, sagt André Lampe. Er weiß, wovon er spricht, denn er arbeitet selbst in der Wissenschaft. Und er hat Bühnenerfahrung. Mit dem Bild vom Hodenknackerfisch erklärt der Laser-Physiker das Thema seiner Diplomarbeit: die Entwicklung eines Messverfahrens für das medizinisch bedeutsame Protein Interleukin 1-Beta. Und er erklärt es so, dass es jeder versteht. Genau das ist die Idee eines Science Slams: in zehn Minuten ein Forschungsthema für ein Laienpublikum unterhaltsam und verständlich zu erklären. „Die Zuschauer brauchen kein Grundwissen, um es zu verstehen. Es ist vielmehr so, dass die Leute auf der Bühne es gut rüberbringen müssen“, sagt Lampe.

Und dann löst er die Tiermetapher auf: Der dumme Fisch ist das schwer messbare Protein Interleukin 1-Beta, das unter anderem eine Rolle bei Alzheimer, Parkinson und AIDS spielt. Der Hodenknackerfisch ist ein Antikörper, mit dessen Hilfe dieses Protein im Blut nachgewiesen werden kann, erklärt der 30-Jährige. Das Besondere daran: Lampes Messverfahren ist billiger, einfacher und schneller als das bisherige.

„Mit Leib und Seele Physiker“

Seit Januar forscht Lampe an der Freien Universität. Mit Erfolg. „Wir haben eine Mikroskopietechnik gebaut, die es ermöglicht, Dinge zu sehen, die kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts. Mit einem normalen Mikroskop ist das nicht möglich. Wir bedienen uns dafür eines chemischen Tricks – und investieren ziemlich viel Rechenleistung. Wir haben tolle Ergebnisse geliefert, die bald veröffentlicht werden", sagt der Doktorand.

Neben der Forschung bleibt momentan nur wenig Zeit für Bühnenvorträge. „Ich bin mit Leib und Seele Physiker“, sagt Lampe. „Die Slams waren immer nebenbei.“ Bevor das Konzept des Science Slam – das den Poetry Slam, bei dem Literatur auf die Bühne gebracht wird, zur Vorlage hat – immer bekannter und erfolgreicher wurde, war der Wortakrobat bereits als Poetry Slammer unterwegs. „Am 17. März 2006 war mein erster Auftritt bei einem Poetry Slam. Da stand ich das erste Mal auf der Bühne. Das vergisst man nicht.“ André Lampes erste Geschichte handelte von seinen Erlebnissen als Zivildienstleistender im Rettungsdienst. Sie bescherte ihm direkt den ersten Platz. „Ich war damit für die Stadtmeisterschaft qualifiziert, das bedeutete, ich musste weitermachen.“

Zehn Minuten: Herausforderung und gutes Training

Im vergangenen Jahr fand die erste deutsche Meisterschaft im Science Slam statt. Lampe belegte mit seiner Fischmetapher den zweiten Platz. „Die Idee des Hodenknackerfisches verdanke ich einem sehr guten Freund. Wir waren oft in einem Baggersee schwimmen und spielten, wer die gefährlichsten Monster ersinnen könnte. Mit dem furchteinflößenden Hodenknackerfisch hatte er eindeutig gewonnen.“

Science-Slam-Teilnehmer zu finden, ist schwierig. Das mag an der Angst liegen, sich auf die Bühne zu stellen, an der Schwierigkeit, ein wissenschaftliches Thema für Laien verständlich zu beschreiben – und auch an der Zeitbeschränkung. „Zehn Minuten sind eine Herausforderung. Aber wenn man auf einer Konferenz einen Vortrag hält, hat man auch nur 15 Minuten. Das ist ein gutes Training“, sagt Lampe.

Neues bereits in Planung

Mittlerweile tritt Lampe nicht nur als Poetry- und Science-"Slammer" auf, sondern moderiert auch verschiedene Veranstaltungen. Morgen wird er durch den Science Slam im Kreuzberger „Lido“ führen, und in der Langen Nacht der Wissenschaften moderiert er einen Science Slam im Max Delbrück Center (MDC) in Berlin-Buch. Am 22. und 23. Juni finden die „Hochschultage SUSTAIN IT! Nachhaltigkeit + Klimaschutz“ an der Freien Universität statt, auch hierfür organisiert Lampe einen Science Slam. „Bis heute bin ich sehr aufgeregt, bevor ich auf die Bühne gehe. Aber danach ist man sehr befreit und entspannt, tiefenentspannt möchte ich sagen.“

Auch sein aktuelles wissenschaftliches Thema hat schon einen Arbeitstitel: „Die gestressten Tenniskinder im Höhentrainingslager“. „Es geht um Fluoreszens-Farbstoffe, die unter Sauerstoffentzug einen Effekt zeigen, der ‚blinking’ heißt“, erklärt der Physiker. „Aber vielleicht lande ich auch wieder bei einer Tiermetapher.“

Weitere Informationen

Der nächste Science Slam findet am Dienstag, 24. Mai 2011, statt.

Zeit: 20.30 Uhr

Ort: Lido, Cuvrystraße 7, 10997 Berlin. Der Eintritt kostet 5 Euro.

Weitere Informationen und Kartenvorbestellung im Internet: www.scienceslam.de/berlin

Interessierte sind willkommen. Sie können sich unter der angegebenen Internetadresse informieren oder direkt bei André Lampe melden.

Lange Nacht der Wissenschaften

Außerdem organisiert André Lampe einen Science Slam in der Langen Nacht der Wissenschaften am Sonnabend, 28. Mai 2011.