Universität trifft Mikrofinanzierung
Wissenschaft und Praxis vereint im Kampf gegen Armut
26.08.2009
Mikrokredite sind für viele Menschen oft der einzige Weg zur ökonomischen Selbständigkeit.
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Mit ihrem Stipendium für einen Forschungsaufenthalt untersucht Kristin Meyer Möglichkeiten für Mikrofinanzierungen in der Mongolei.
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Wie kann sich eine indische Näherin selbstständig machen, wenn sie nicht einmal das Geld für eine Nähmaschine hat? Früher hätte sie resignieren müssen, heute kann sie dafür einen Mini-Kredit beantragen. Mikrofinanzierung heißt diese Art von Unterstützung. Um die Hilfe zur Selbsthilfe zu fördern, hat die Freie Universität mit der NGO PlaNet Finance das Programm „University Meets Microfinance“ initiiert.
Neben Workshops und Seminaren werden im Rahmen des Programms auch Stipendien an Studierende vergeben, die vor Ort Mikrofinanzinstitutionen und deren Aktivitäten untersuchen. Die Studentin Kristin Meyer ist eine der ersten Stipendiaten. Sie fliegt im September in die Mongolei.
Mehr als eine Milliarde Menschen auf der Welt müssen mit weniger als einem Dollar pro Tag leben. Diese prekäre Situation verhindert nicht nur in vielen Teilen der Dritten Welt ein funktionierendes Gemeinwesen, sondern begründet auch das Dilemma, dass Armut oftmals an die eigenen Kinder weitervererbt wird: Es fehlt schlicht die ökonomische und soziale Basis, um der Misere zu entfliehen. Selbst wenn ein afrikanischer Bauer über das Wissen verfügt, wie er seine Produktivität durch Ankauf neuer Maschinen steigern könnte, scheitert die Hoffnung auf ein wenig Wohlstand oftmals an der Weigerung der etablierten Banken, die notwendigen Kredite für die dafür erforderlichen Investitionen zu gewähren.
Teufelskreis durchbrechen
Dagegen versucht das Konzept der Mikrofinanzierung jenen fatalen Teufelskreis zu durchbrechen. Die Idee ist, armen Menschen Zugang zu Krediten zu verschaffen, um die Gründung eigener kleiner Betriebe zu ermöglichen und somit ökonomische Selbstständigkeit auch in den ärmsten Bevölkerungsschichten zu etablieren.
Einer der Akteure, die sich für diese Form der Hilfe zur Selbsthilfe einsetzt, ist die Nichtregierungsorganisation PlaNet Finance. Neben der Beratung von Mikrofinanzinstitutionen hat PlaNet Finance zusammen mit der Freien Universität Berlin und dem Lateinamerika-Institut im Januar 2009 das Programm „University Meets Microfinance“ initiiert, bei dem verschiedene europäische Universitäten den Prozess der Mikrofinanzierung begleiten und durch die wissenschaftliche Auseinandersetzung Verbesserungsvorschläge formulieren.
Das neu gegründete Projekt hat vor allem zum Ziel, Mikrofinanzseminare und Vorlesungen in Zusammenarbeit mit Partneruniversitäten in Europa anzubieten, herausragende Abschlussarbeiten zu Mikrofinanzthemen auszuzeichnen und Workshops zum Wissensaustausch mit Studenten, Mikrofinanzexperten aus der Praxis und Akademikern zu veranstalten.
Stipendien für die Forschung vor Ort
Außerdem werden jährlich acht von der Europäischen Kommission geförderte Stipendien in Höhe von 1.500 Euro an Studierende vergeben, die sich in ihren Abschlussarbeiten mit dem Konzept der Mikrofinanzierung beschäftigen. So können die Studenten im Rahmen von Feldforschungen die Bedingungen und den Erfolg von Mikrofinanzmodellen analysieren und wiederum deren Schwachstellen ergründen.
Eine der ersten Stipendiaten ist die Studentin Kristin Meyer. Sie fliegt im September 2009 für vier Wochen in die Mongolei, um die Aktivitäten einer Mikrofinanzinstitution hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit zu beurteilen. Mit den gewonnen Erkenntnissen will sie ihre Diplomarbeit sinnvoll ergänzen, die sie zum Thema „Die Verbindung umweltpolitischer Werte mit sozialer Nachhaltigkeit. Mikrofinanzinstitutionen am Beispiel des Vision Fund Mongolia“ schreibt.
Kristin Meyer, die an der Freien Universität Wirtschaftswissenschaft studiert, freut sich über die Chance, ihre Thesen vor Ort überprüfen zu können. „Das Stipendium bietet eine hervorragende Gelegenheit, den Schritt ins Ausland zu wagen. So wird ermöglicht, wertvolle Einblicke in die Praxis zu bekommen und diese mit dem wissenschaftlichen Anspruch einer Abschlussarbeit zu verbinden“, sagt Kristin Meyer. Damit bleibt auch eines der wichtigsten Anliegen der Projektpartner gewahrt: Verbindungen zwischen Wissenschaft und Praxis zu schaffen.