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Der Komplize des Autors

Der Übersetzer von Umberto Eco ist neuer Gastprofessor für Poetik der Übersetzung

22.10.2008

Burkhart Kroeber ist im Wintersemester Gastprofessor für Poetik der Übersetzung

Burkhart Kroeber ist im Wintersemester Gastprofessor für Poetik der Übersetzung
Bildquelle: privat

Er ist Bundesgenosse und Spießgeselle. Er ist rechte Hand, Partner und Vermittler in der Fremde. Selbst aber nennt sich Burkhart Kroeber "Komplize": "Als Komplize versuche ich, die stilistischen Mittel und Strategien des Autors in meiner Sprache zu imitieren."

Sein Autor, das ist – neben einigen anderen italienischen Schriftstellern – vor allem Umberto Eco. Der Semiotikprofessor aus Bologna gilt seit dem Erscheinen seines ersten Romans "Der Name der Rose" als einer der erfolgreichsten Romanciers. Und Burkhart Kroeber, renommierter Übersetzer, leiht ihm sein Sprachgefühl, seine deutsche Stimme.

In diesem Wintersemester ist Kroeber Inhaber der August-Wilhelm-von Schlegel-Gastprofessur für Poetik der Übersetzung an der Freien Universität. "Die Verpflichtung Burkhart Kroebers ist für uns ein echter Glücksfall", sagt Professor Georg Witte vom Peter-Szondi-Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der Freien Universität: "Kaum ein Übersetzer gestaltet die Sprachwelten seiner Autoren mit einer vergleichbaren Stilsicherheit und Prägnanz." Burkhart Kroeber sieht seine Arbeit eher pragmatisch: „Für mich ist es vor allem wichtig, einen angemessenen Ton zu finden.“ Wie etwa spricht der greise Mönch Adson, Erzähler in Ecos "Name der Rose", der im 14. Jahrhundert lebt?

Ohne Intuition geht es nicht

Bei der Suche nach der richtigen Tonlage hilft dem Sprachmittler vor allem die Intuition. "Man kann das Übersetzen am ehesten mit der Interpretation einer Sinfonie vergleichen. Auch der Musiker braucht eine hervorragende Technik, aber ohne Intuition wird er letztlich scheitern." Dass der renommierte Eco-Übersetzer an der Freien Universität lehrt, verdanken die Studierenden des Peter-Szondi-Instituts auch dem Deutschen Übersetzerfonds. Der Verein mit Sitz im Literarischen Colloquium Berlin hat die August-Wilhelm-von-Schlegel-Gastprofessur initiiert und ermöglicht deren Ausstattung aus Mitteln des Bundesbeauftragten für Kultur und Medien.

Den Beruf des Übersetzers hat Burkhart Kroeber nie erlernt. 1940 geboren, studierte er Ägyptologie, Romanistik und Politologie. Nach der Promotion 1969 übersetzte er erste Sachbücher aus dem Englischen, Französischen und Italienischen, bevor er als Sachbuch-Lektor im Carl Hanser Verlag begann.

Die erste Lektüre eines Eco-Textes gab den Ausschlag

1980 stieß Kroeber erstmals auf einen italienischen Originaltext von Umberto Eco, in Form unkorrigierter Umbruchfahnen: "Da ich der Einzige im Hause war, der italienische Bücher begutachten konnte, wurde ich der erste Leser von Ecos Debütroman." Der Lektor erwarb für Hanser die deutschsprachigen Rechte von "Der Name der Rose" und übersetzte das Werk für den Verlag. Damals ein gewagtes Spiel, wie der gebürtige Potsdamer sagt, ohne ausreichende Kenntnisse des gesprochenen Italienischen und ohne einschlägiges akademisches Wissen, etwa der Mediävistik: "Ich hatte den großen Wunsch, mir dieses Buch zu eigen zu machen."

Fast zwei Dutzend Eco-Bücher hat Burkhart Kroeber bislang übersetzt – mit großer Freude: "Ich hatte in den ganzen Jahren nie das Gefühl, etwas tun zu müssen, das mir inhaltlich oder in der Zielrichtung wiederstrebte. Ich konnte dem geistigen Weg meines Autors ohne Schwierigkeiten über 20 Jahre lang folgen." Eben ein wahrer Komplize.