Springe direkt zu Inhalt

Weil Gesundheit alle angeht

Die Berlin University Alliance schreibt Fördermittel für fächerübergreifende Forschungsprojekte im Bereich „Global Health“ aus – digitale Informationsveranstaltung am 7. Mai, 12 Uhr / Interview mit Rainer Haag

03.05.2021

Gegen den Mangel: In den Krankenhäusern der ugandischen Stadt Kampala fehlen häufig Blutkonserven. Das Bild zeigt eine Frau in einer behelfsmäßig eingerichteten Station beim Blutspenden.

Gegen den Mangel: In den Krankenhäusern der ugandischen Stadt Kampala fehlen häufig Blutkonserven. Das Bild zeigt eine Frau in einer behelfsmäßig eingerichteten Station beim Blutspenden.
Bildquelle: Vlad Karavaev / Shutterstock

Die Chance auf ein langes, gesundes Leben ist je nach Land und Region unterschiedlich hoch und hängt von verschiedenen Bedingungen ab: Wie ist der jeweilige Zugang zu medizinischer Versorgung? Welche Rolle spielen Bildung und Aufklärung? Wie wirken sich Umweltfaktoren und Klimawandel aus? Dabei hat nicht erst die rasend schnelle, grenzüberschreitende Verbreitung von Viren in der Corona-Pandemie gezeigt, wie eng Menschen in Gesundheits- und Krankheitsfragen auf der ganzen Welt miteinander verbunden sind.

Die Berlin University Alliance (BUA) – der Verbund von Freier Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, Technischer Universität Berlin und Charité – Universitätsmedizin Berlin – will nun aus Mitteln der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder Projekte zum Thema Gesundheit in globaler Perspektive fördern. Die Voraussetzungen hierfür sind gut, denn kaum an einem anderen Wissenschaftsstandort bundesweit findet sich ein solch hohes und fachlich breites Maß an Expertise zu diesem Thema.

Interessierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können sich am 7. Mai um 12 Uhr bei einer digitalen Veranstaltung über den Call informieren. Um Anmeldung zu der Informationsveranstaltung wird gebeten: bis 4. Mai 2021 unter bua@fu-berlin.de

Rainer Haag, Professor für Chemie an der Freien Universität und Mitglied des häuserübergreifenden Gremiums der Berlin University Alliance, das die Ausschreibung konzipiert hat, erläutert im Interview den Ansatz der Grand Challenge Initiative „Global Health“.

Herr Professor Haag, mit der aktuellen Ausschreibung werden besondere Forschungsprojekte unterstützt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten interdisziplinär zusammen und tauschen sich auch mit anderen gesellschaftlichen Gruppen aus. Warum dieser Ansatz?

Rainer Haag ist Mitglied des Steuerungskreises der BUA für die Grand Challenge Initiatives.

Rainer Haag ist Mitglied des Steuerungskreises der BUA für die Grand Challenge Initiatives.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Wir haben uns mit „Global Health“, übersetzt etwa „Gesundheit in globaler Perspektive“, ein großes Thema gesetzt. Es ist dabei nicht allein als Forschungsgegenstand für die Wissenschaft interessant – viele Expertinnen und Experten in anderen gesellschaftlichen Bereichen beschäftigen sich damit in ihrer täglichen Arbeit: Politikerinnen und Politiker, die entsprechende Programme umsetzen wollen, oder Akteurinnen und Akteure etwa in Nichtregierungsorganisationen (NGO), die sich vor Ort engagieren. Für uns ist es zentral, diese gesellschaftlichen „Stakeholder“ einzubinden, damit sie ihre Fragen und ihre Erfahrungen aktiv in das Forschungsprogramm einbringen können.

Wie verbreitet sind solche Ansätze in der Forschung weltweit? Betritt die Berlin University Alliance hier Neuland?

In den USA oder in England werden NGOs oftmals bereits in solche großen transdiziplinären Forschungsverbünde einbezogen. Es ist sinnvoll, organisierte Interessensgruppen als Stellvertreter etwa auch von Minderheiten zu integrieren.

Für dieses Vorgehen gibt es weltweit inzwischen viele gelungene Beispiele, aber Deutschland hat hier noch Nachholbedarf. Die Berlin University Alliance hat sich zum Ziel gesetzt, diese Art von Transdisziplinarität in Forschungsverbünden zu ermöglichen.

Unterscheidet sie sich darin von anderen Förderinstitutionen in Deutschland?

Tatsächlich unterstützen viele Förderformate fast ausschließlich die Zusammenarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern – was ja in vielen Fällen auch wichtig und richtig ist. Bei Ausschreibungen der Bundesministerien, etwa dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, sind zum Teil auch Beteiligungen aus der Wirtschaft oder der Gesellschaft vorgesehen. Aber der Ansatz, den die Berlin University Alliance zu den großen gesellschaftlichen Fragen, den „Grand Challenges“ verfolgt, ist innovativ und etwas Besonderes. Für solche Projekte gibt es bislang wenig Fördermöglichkeiten.

Wir haben zudem in Berlin die Möglichkeit, das Thema in der Breite anzugehen, weil in der Stadt so viele verschiedene Disziplinen und Einrichtungen vertreten sind. Wir haben zwei „Grand Challenges“ bereits in unserem Antrag definiert: Im vergangenen Jahr gab es eine Ausschreibung zur wichtigen Frage des sozialen Zusammenhalts, „Social Cohesion“; nun steht „Global Health“ auf dem Programm. Das Thema für die dritte „Grand Challenge“ steht noch nicht fest. Aber sicher ist, dass wir gesellschaftliche Gruppen gleich von Anfang an mit einbeziehen möchten in die Frage, welches Thema wir gemeinsam angehen wollen und es so gemeinsam entwickeln.

Nicht nur das Thema „Social Cohesion“, auch „Global Health“ ist durch die Corona-Pandemie besonders aktuell geworden. Über die derzeitige Situation hinaus gibt es allerdings viele weitere Aspekte, weshalb die Weltgesundheit im Fokus stehen sollte. Wo sieht das Gremium, das die Ausschreibung vorbereitet hat und dem Sie mit weiteren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aller vier BUA-Einrichtungen angehören, besonderen Forschungsbedarf?

Wir würden uns wünschen, dass das Thema Gesundheit weltweit von möglichst vielen verschiedenen Seiten aus betrachtet wird, dafür müssen sich multinationale und multidisziplinäre Forschungsteams finden. Neben den medizinischen Zusammenhängen sollten auch biologische, soziale, kulturelle und ökonomische Faktoren in den Blick genommen werden, genauso wie Umweltbedingungen. Und es ist wichtig, dass die Projekte in der Gesellschaft verankert sind, damit konkrete Ideen für ein gesundes Leben und zum Abbau von Ungleichheiten entwickelt werden können.

Die Fragen stellte Nina Diezemann

Weitere Informationen

Im Rahmen der Ausschreibung „Determinants of Global Health: Exploring Biological, Human-made & Environmental Factors“ („Einflussfaktoren für Gesundheit in globaler Perspektive: Erforschung biologischer, menschengemachter und umweltbedingter Faktoren“) werden Forschungsprojekte drei Jahre lang mit bis zu 450.000 Euro pro Jahr gefördert. Hier finden Sie weitere Informationen zur Ausschreibung und zu den „Grand Challenge Initiatives“ der Berlin University Alliance.

Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Freien Universität Berlin, die sich auf den Call bewerben möchten, findet am 7. Mai um 12 Uhr eine interne digitale Informationsveranstaltung statt. Gesprächspartnerinnen und -partner sind Rainer Haag, Professor für Chemie, sowie Hansjörg Dilger, Professor für Sozial- und Kulturanthropologie sowie Leiter der Arbeitsstelle Medical Anthropology, und Nina Knoll, Professorin für Gesundheitspsychologie, als Mitglieder der Freien Universität Berlin des Expertinnen- und Expertenkreis für die Ausschreibung. Bitte melden Sie sich bis zum 4. Mai 2021 per Mail an unter bua@fu-berlin.de

Gerne können Sie Ihre Fragen auch vorab schicken.