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Von Bienen lernen

11. April, 17.30 Uhr in der Urania: Informatikprofessor Tim Landgraf stellt seine Forschung zu Bienenrobotern vor / Zweite Veranstaltung der Reihe „made in Dahlem: Junge Forschung aus der Freien Universität“

01.04.2019

Intelligente Tiere: Über die Hirnaktivität von Bienen will das Team um Informatikprofessor Tim Landgraf Erkenntnisse beispielsweise für den Verkehrsfluss von E-Autos gewinnen.

Intelligente Tiere: Über die Hirnaktivität von Bienen will das Team um Informatikprofessor Tim Landgraf Erkenntnisse beispielsweise für den Verkehrsfluss von E-Autos gewinnen.
Bildquelle: Jean-Raphaël Guillaumin / flickr / CC BY-SA 2.0

Der Schwänzeltanz von Bienen ist selbst Laien ein Begriff. Doch wie kommen die tanzenden Bienen zusammen? Und gleichen Bienen einander wie ein Ei dem anderen? Das sind nur zwei der Fragen, mit denen sich Tim Landgraf, Professor für Informatik an der Freien Universität, im Rahmen seiner Forschung beschäftigt. Er setzt dabei auf modernste Technik: auf Roboter, Fluggeräte und aufwendige Datenanalysen. Sein Vortrag „Unterwegs mit den Bienenrobotern“ ist die zweite Veranstaltung im Rahmen der Reihe „made in Dahlem – Junge Forschung aus der Freien Universität“, eine Kooperation von Freier Universität Berlin und Urania.

Herr Professor Landgraf, wie haben Sie das Thema Bienen-Kommunikation für sich entdeckt?

Ich bin im Studium an der Freien Universität auf die Bienenforschung aufmerksam geworden: durch den inzwischen emeritierten Neurobiologen Randolf Menzel. Er hat mich wirklich begeistert. In meiner Bachelor-Arbeit habe ich damals untersucht, ob Bienen vergessen, was sie am Tag gelernt haben, wenn sie im Schlaf gestört werden. Beim Menschen kennt man die sogenannte REM-Phase (Rapid Eye Movement), in der das Nervensystem besonders aktiv ist: Wir bewegen im Traum dann ganz schnell unsere Augen. Etwas Ähnliches gibt es auch bei Bienen, nur bewegen die ihre Antennen.

Später habe ich einen Bienenroboter gebaut, aus einem alten Plotter. Der stammte aus einer Maschine, mit der man Graphen auf Papier drucken konnte. Den Plotter habe ich für 18 Dollar auf Ebay gekauft. Der Bienenroboter ahmt den Schwänzeltanz nach, mit dem Bienen ihren Artgenossinnen zeigen, wo es Futter gibt. Einige Bienen sind tatsächlich in die Richtung geflogen, die ihnen der Roboter angezeigt hatte – aber nicht alle. Da stellte sich natürlich die Frage: Warum funktioniert das nicht bei allen Bienen?

Wie gut ist das Kommunikationsverhalten von Bienen erforscht?

Wir wissen sehr viel über die Tänzerin, aber über die Folgebiene, die die Informationen aufnimmt, wissen wir fast nichts. Warum folgt sie gerade dieser Tänzerin? Kennen sie sich? Kennt sie den Geruch des Futters? Kennt sie den Ort, an dem es Futter gibt? Bis vor wenigen Jahren hat man sich an diese Fragen nicht herangewagt. Es fehlte die entsprechende Technik, um sie zu beantworten.

Bienen denken mit. Das konnte durch Experimente bewiesen werden, bei denen die Tiere an einer Futterstelle abgefangen und mit dem Quadrokopter 400 Meter entfernt davon abgesetzt wurden: Sie flogen auf kürzerem Weg „nach Hause“.

Bienen denken mit. Das konnte durch Experimente bewiesen werden, bei denen die Tiere an einer Futterstelle abgefangen und mit dem Quadrokopter 400 Meter entfernt davon abgesetzt wurden: Sie flogen auf kürzerem Weg „nach Hause“.
Bildquelle: Tim Landgraf

Heute gehen wir so vor: An unserem Institut haben wir einen Bienenstock mit nur einer Wabe, die von beiden Seiten durch eine Glasscheibe beobachtet werden kann. Die Bienen werden per Hand mit einem Plastikplättchen beklebt, das sich dem Bienenkörper anpasst. Den Bienenstock filmen wir von zwei Kameras. Dank der Plättchen kann unsere Software die Bienen identifizieren. Wir wollen wissen, welche Biene sich wann, wo, wie lange aufhält und zu welchen Artgenossinnen sie Kontakt hat. Das heißt, wir sammeln erstmal alle Daten und leiten daraus Fragen ab. Normalerweise gehen Biologen umgekehrt vor. Anfangs haben wir zu zehnt einen ganzen Arbeitstag gebraucht, um alle 2000 Bienen zu bestücken. Heute statten wir einmal täglich die frisch geschlüpften Bienen aus.

Was erwartet die Zuhörerinnen und Zuhörer bei Ihrem Vortrag?

Es wird vor allem um die bereits angesprochenen Fragestellungen gehen und unsere neuartigen Forschungsmethoden. Zum Beispiel untersuchen wir die Hirnströme der Bienen beim Flug mithilfe eines Quadrokopters. Dazu wird die Biene auf das Fluggerät geschnallt und zu den Futterstellen geflogen. Viele Forscherkollegen haben gedacht, das klappt nie. Jetzt sind sie gespannt auf die Ergebnisse.

Könnten aus Ihrer Forschung Anwendungen entstehen?

Für die Energieversorgung der künftigen E-Autos könnten wir uns etwas von den Bienen abschauen. Wenn eine Biene hungrig in den Stock kommt, begibt sie sich nicht zu einer zentralen Futterstelle, sondern pumpt ihre Nachbarbiene an. Dieses Prinzip könnten wir auf E-Autos übertragen: Dann würden Autos mit leerer Batterie während der Fahrt an Fahrzeuge mit vollem Akku andocken. Das wäre einfacher, als erst die ganze Infrastruktur zu schaffen und die Straßen aufzureißen.

Die Fragen stellte Peter Schraeder

Weitere Informationen

Unterwegs mit den Bienenrobotern

Zeit und Ort

  • Donnerstag, 11. April 2019, 17.30 Uhr
  • Urania, An der Urania 17, 10787 Berlin
Die Veranstaltungsreihe „made in Dahlem: Junge Forschung aus der Freien Universität“ ist im Februar gestartet: Informatikprofessor Matthias Wählisch hielt am 19. Februar einen Vortrag über das „Internet der (kleinen) Dinge“.
Nächster Termin: Donnerstag, 6. Juni 2019, 17.30 Uhr: Prof. Dr. Christine Knaevelsrud, Professorin für Klinisch-Psychologische Intervention, spricht über Online-Therapien von Depressionen