Tomaten auf dem Obstteller
Internationaler Workshop vom 2. bis 4. Juli zu grundlegenden Fragen der Grammatik
25.06.2015
Ein Blick in den Duden hilft bei Fragen zur Orthografie und Grammatik. Nicht in allen Fällen aber ist eine eindeutige Einteilung in grammatische Kategorien möglich.
Bildquelle: Freie Universität Berlin
Ist „bausparen“ ein Verb oder ein Nomen? Bezieht sich der Satz „Peter wird in der Küche sein“ auf die Zukunft oder geht es stattdessen um eine Vermutung? Ab wann ist ein Fehler kein Fehler mehr, sondern eine selten vorkommende grammatische Ausnahme? Das sind nur einige der Fragen, die auf dem von der Arbeitsgruppe Historische Linguistik veranstalteten Workshop zu grundlegenden Fragen der Sprachwissenschaft diskutiert werden sollen. Horst Simon, Professor für Historische Sprachwissenschaft an der Freien Universität und Organisator des Workshops, hat für campus.leben zusammengefasst, womit sich die 30 Linguisten aus aller Welt in der kommenden Woche beschäftigen werden.
Wer im Schulunterricht ein Verb nicht von einem Nomen unterscheiden kann, muss gegebenenfalls mit schlechten Noten rechnen – so weit, so klar. Dass mitunter allerdings auch unter Professoren und Professorinnen Uneinigkeit über die Klassifizierung von sprachlichen Einheiten herrscht, überrascht vielleicht schon eher. Das liegt dann aber nicht an mangelnden Kenntnissen, sondern an den Eigenschaften bestimmter Wörter.
Sie kennen das Problem: Jeder, der schon einmal versucht hat, sein Bücherregal systematisch einzuräumen, wird das Gefühl der Verzweiflung kennen, das einen befällt, wenn manche Bände in zwei oder drei Gebiete oder auch in gar keines gehören. Spatzen sind Vögel, Adler auch – und Pinguine ebenso. Wale und Fledermäuse gehören zu den Säugetieren. Und in China werden auf einem Obstteller zum Nachtisch neben Melonen und Pfirsichen auch Tomaten gereicht. An solchen Beispielen sieht man, dass die Klassifikation von Dingen einerseits nicht immer einfach ist und anderseits durchaus kulturabhängig sein kann – mit entsprechenden praktischen Konsequenzen.
Und das gilt genauso für Sprache. Auch wenn der Schulunterricht vielleicht anderes suggeriert: Wer genauer hinschaut, kann irre werden an grammatischen Phänomenen, die sich nicht nur schlecht einordnen, sondern auch schlecht erklären lassen und damit ganz grundsätzliche Fragen hinsichtlich Sinn und Unsinn etablierter grammatischer Kategorien aufwerfen. Die Suche nach Antworten ist dann nicht nur von akademisch-theoretischem Interesse, sondern auch wichtig für allerlei Anwendungsgebiete: beispielsweise bei der automatischen Sprachanalyse, wie sie modernen Computeranwendungen zugrundeliegt, oder bei der Anlage von Lehrbüchern für Fremdsprachen.
Zu den Fragen, die auf dieser Tagung diskutiert werden, zählen auch folgende:
- Gibt es ein System hinter den unregelmäßigen Verben?
- Gibt es sprachliche Geisterphänomene? Hat vielleicht das ältere Englische gar keine Subjekte?
- Wie erwerben Kleinkinder ihre Muttersprache?
- Sind gesprochene und geschriebene Sprache grundsätzlich verschieden?
Weitere Informationen
„Kategorien der Grammatik – Kriterien und Grenzen"
Zeit und Ort
- 2. bis 4. Juli 2015
- Freie Universität Berlin, Seminarzentrum in der „Silberlaube“, Habelschwerdter Allee 45, 14195 Berlin (U-Bhf. Thielplatz, U 3)
Programm und weitere Informationen
Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.