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Der Weltuntergang naht (nicht)

Wissenschaftler der Freien Universität erklären den Maya-Kalender

18.12.2012

Eine Zeremonie in Teotihuacan, Mexiko, in Erwartung der Zeitenwende. Das Foto wurde am 21. März 2011 aufgenommen.

Eine Zeremonie in Teotihuacan, Mexiko, in Erwartung der Zeitenwende. Das Foto wurde am 21. März 2011 aufgenommen.
Bildquelle: Ingrid Kummels

Dem Bürgermeister von Bugarach wird angst und bange, wenn er an den 21. Dezember 2012 denkt. Nicht wegen der angeblich an dem Tag drohenden Apokalypse. Die Esoteriker sind es, die Jean-Pierre Delord Sorgen bereiten. Sie pilgern zurzeit in Scharen zum Hausberg des 200-Seelen-Örtchens in den französischen Pyrenäen. Denn am 21. Dezember, so die aktuell in diesen Kreisen populäre Vorstellung, hätten die klassischen Maya (300 – 900 n. Chr. ) vorausgesagt, dass ihr Kalender und damit die Welt ende. Und nun erwarten die Pilger in Bugarach pünktlich zum Weltende Außerirdische, die sie retten. Alles Unsinn, sagen die Altamerikanistin Professorin Ingrid Kummels und Informatikprofessor Raúl Rojas von der Freien Universität.

Der Maya-Kalender endet nicht am 21. Dezember, sondern er beginnt einfach wieder von Neuem – so wie die Uhr um Mitternacht wieder bei Null beginne, sagt Raúl Rojas: „Die Maya haben ihre Welt in Zyklen eingeteilt“, erklärt der gebürtige Mexikaner. „Sie kannten bereits den Zyklus der Venus, der Sonne und des Mondes. Entsprechend verläuft auch ihr Kalender zyklisch.“ Und doch sei der 21. Dezember 2012 etwas Besonderes, denn an diesem Tag endet das 13. Baktun, eine Maya-Zeiteinheit von 400 Jahren à 360 Tagen. Und das passiert nur alle 1.872.000 Tage, also alle 5.128 Jahre.

Ausgeklügelte Kalendersysteme

Die Maya haben ein ausgeklügeltes Kalenderwesen entwickelt. Drei verschiedene Systeme laufen parallel ab. Der eine Kalender, genannt Tzolkin, umfasst 260 Tage. Keine andere Kultur außerhalb Mesoamerikas – das Gebiet, das die heutigen Staaten Mexiko, Belize, Guatemala, El Salvador, Honduras, Nicaragua und Costa Rica umfasst – rechnet mit dieser Zahl. „Das ist in etwa die Dauer einer Schwangerschaft von der letzten Menstruation an gerechnet“, erklärt Rojas. Der Kalender wurde deshalb auch von Hebammen benutzt, weil sie so den Geburtstermin ausrechnen konnten. „Dieser sogenannte Wahrsagekalender war enorm wichtig für die Maya“, sagt auch die Altamerikanistikprofessorin Ingrid Kummels. „Je nach Geburtsdatum wurde prophezeit, ob das Leben glücklich oder unglücklich verlaufen würde. Mit den als günstig geltenden Kalenderdaten legitimierten Maya-Herrscher ihre Macht. Sie haben ihre Taten am liebsten auf Kalendertage mit positiven Prognosen gelegt und dies in ihren Geschichtsbüchern und auf Steinstelen festhalten lassen.“

Der zweite Kalender der Maya heißt Haab. Er umfasst 365 Tage. „Die Maya wussten bereits, dass ein Jahr etwas länger als 365 Tage dauert, man also ein Schaltjahr braucht“, sagt Raúl Rojas. Allerdings rechneten sie mit 18 Monaten, jeder davon 20 Tage lang. Die restlichen fünf Tage waren namenlose Unglückstage. „Da haben die Menschen es vermieden, aus dem Haus zu gehen.“ Alle 52 Jahre treffen sich beide Zeitrechnungen, also der Haab und der Tzolkin. Diesen Zyklus nennt man Kalenderrunde. Der Kalenderrunde haben die Maya noch einen dritten Kalender hinzugefügt, die sogenannte Lange Zählung. Sie umfasst 1.872.000 Tage. „Die Zahl 13 war für die Maya eine magische Zahl. 13 mal 400 Jahre mal 360 Tage, das ergibt genau die Anzahl der Tage einer Periode der langen Zählung“, rechnet Rojas vor. „Außerdem ist diese Zahl teilbar durch 260 und 13. Das heißt, der Wahrsagekalender Tzolkin wiederholt sich in der langen Zählung 7.200 Mal.“

Die Maya fürchteten sich allein vor Sonnen- und Mondfinsternissen

Auch im modernen Mexiko gibt es Anhänger der apokalyptischen Prophezeiung: Sie werden insbesondere am 21. Dezember zur Pyramide Kukulkan der archäologischen Stätte Chichen Itza pilgern. Die meisten sind Mexikaner, darunter sind aber auch Menschen aus verschiedensten Ländern, und nur wenige sind Nachfahren der Maya. „Die Vorstellung vom Weltuntergang ist eine moderne“, sagt Ingrid Kummels. „Es gibt eine relativ breite Bewegung in Mexiko, die das Kalenderwesen und die kulturellen Leistungen der alten Maya feiert. Damit wollen die Menschen aktuelle Missstände im Land kritisieren, die sie auf die Verwestlichung und Globalisierung zurückführen."

Mit den Konzepten der klassischen Maya habe das nichts zu tun. „Sie hatten lediglich Angst vor Sonnen- und Mondfinsternissen, die sie bereits genau berechnen konnten“, sagt die Altamerikanistin. In ihrer Blütezeit von 300 bis 900 nach Christus schufen die Maya monumentale Architekturen, ihre Erkenntnisse in Mathematik und Astronomie waren weit fortgeschritten. Aber was am 21. Dezember 2012 passieren wird, konnten auch sie nicht vorhersehen. Nur so viel: „Eine Stein-Inschrift, die in El Tortuguero gefunden wurde, besagt, dass die Maya dachten, dass an diesem Tag die Gottheit Bolon Yokte’ K’uh in besonderer Kleidung auftreten wird. Sie markierten den Tag deshalb absichtlich als wichtig“, sagt Ingrid Kummels. Aber Grund zur Sorge bestehe tatsächlich nicht: „Die klassischen Maya haben auch Daten weit nach dem 21. Dezember 2012 markiert.“

Weitere Informationen

"Das Ende der Zeit und der Maya-Kalender"

Vortrag von Professor Raúl Rojas in der Urania

Zeit und Ort

  • 19. Dezember 2012, 19.30 Uhr
  • Urania, An der Urania 17, 10787 Berlin, Telefon: 030 / 218 90 91

Normalpreis: 6,00 €, ermäßigt: 5,00 €, Urania-Mitglieder: 3,50 €

Im Internet

www.urania.de/programm/2012/n734