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Pflanzen an den Wurzeln stärken

Entwicklungsbiologen der Freien Universität haben Pflanzen mit Wurzeln entwickelt, die mehr Mineralstoffe im Spross anreichern und gegen Dürre resistenter sind

16.03.2011

Bildung eines verstärkten Wurzelsystems bei Pflanzen mit einem veränderten Hormonhaushalt. Das Wurzelsystem des Wildtyps der Arabidopsis-Pflanze (links) im Vergleich zum Wurzelsystem der veränderten Arabidopsis-Pflanze (rechts).

Bildung eines verstärkten Wurzelsystems bei Pflanzen mit einem veränderten Hormonhaushalt. Das Wurzelsystem des Wildtyps der Arabidopsis-Pflanze (links) im Vergleich zum Wurzelsystem der veränderten Arabidopsis-Pflanze (rechts).
Bildquelle: Tomáš Werner / DCPS

Pflanzen, die weniger Dünger benötigen; Pflanzen, die auch mit weniger Wasser gut gedeihen und hohe Erträge erbringen – daran arbeiten Pflanzenforscher und Züchter nicht erst, seitdem sich der globale Klimawandel bemerkbar macht. Wissenschaftlern des Dahlem Centre of Plant Sciences, einer Focus Area der Freien Universität Berlin, ist es nun gelungen, das Wurzelwachstum von Pflanzen gezielt so zu verändern, dass die Pflanzen Nährstoffe im Boden besser erschließen und Trockenperioden besser überstehen können.

Wurzeln sind überlebenswichtig für Pflanzen: Sie nehmen Wasser und Nährstoffe aus dem Boden auf, sie dienen der Pflanze als Vorratsspeicher, sie verankern sie sicher in der Erde und lassen sie in Kontakt treten mit anderen Lebewesen im Erdreich. Aber die Pflanzenwurzeln machen es den Forschern nicht leicht, da sie unterirdisch und für Analysen nur schwer zugänglich sind. Daher ist über die Vorgänge in der Wurzel sehr viel weniger bekannt als über das, was oberirdisch in den grünen Sprossen geschieht.

Spielt eine Rolle: das Hormon Cytokinin

Entwicklungsbiologen um Professor Thomas Schmülling und Juniorprofessor Tomáš Werner aus der Angewandten Genetik an der Freien Universität konnten nun zeigen, dass das pflanzliche Hormon Cytokinin zentrale Aufgaben bei der Regulation des Wurzelwachstums übernimmt. In einer Publikation in der renommierten Fachzeitschrift Plant Cell beschreiben die Wissenschaftler die Herstellung von Pflanzen, die ein verstärktes Wurzelsystem bilden. Dies ließ sich durch die gezielte Absenkung der Konzentration von Cytokinin in der Wurzel erreichen. Es ist das erste Mal, dass durch einen Eingriff in das pflanzliche Hormonsystem gezielt das Wurzelwachstum in ganzen Pflanzen angeregt werden konnte. Das Forscherteam wies nach, dass derart veränderte Pflanzen mehr Mineralstoffe im Spross anreichern und gegen Dürre resistenter sind.

Forschungsergebnisse wichtig für Anwendung in Landwirtschaft

Die Forschungsergebnisse, die an Modellpflanzen erzielt wurden, könnten eine große Bedeutung für die Anwendung in der Landwirtschaft haben. Es ist vor allem der Mangel an Wasser und Nährstoffen, der auf dem Acker das Pflanzenwachstum und den Ertrag begrenzt. Lebenswichtige Nährstoffe für das pflanzliche Wachstum wie Phosphat und Nitrat müssen durch Düngung zugeführt werden. Das ist energieintensiv, teuer und beeinträchtigt die Umwelt, beispielsweise durch Eutrophierung (Überdüngung) von Gewässern. Für die landwirtschaftliche Produktion von Pflanzen werden weltweit ca. 75 Prozent des Frischwassers eingesetzt. Die Optimierung des Wurzelsystems von Nutzpflanzen könnte eine wichtige Stellschraube für eine weniger ressourcenverbrauchende und damit nachhaltigere Landwirtschaft sein.

Verbundprojekt „ROOT – Root enhancement for crop improvement“

In einer Forschungsgruppe des Dahlem Centre of Plant Sciences untersuchen Entwicklungsbiologen und Molekularbiologen nun zusammen mit Ökologen, welche Auswirkungen verstärktes Wurzelwachstum auf die Interaktion von Pflanzen mit anderen Lebewesen im Boden hat. Thomas Schmülling leitet hierzu ein internationales Konsortium mit Partnern in Deutschland, Frankreich und Spanien. Im Verbundprojekt „ROOT – Root enhancement for crop improvement“ untersuchen die Forscher, ob die Ergebnisse der Grundlagenforschung zur Regulation der Wurzelarchitektur auf Nutzpflanzen übertragbar sind und welchen wirtschaftlichen und ökologischen Nutzen die angestrebten Verbesserungen haben. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der transnationalen Pflanzengenomforschung für zunächst drei Jahre mit insgesamt 1,5 Millionen Euro gefördert.