“A better life is up to you!”
Der 12. Salon transregionale Studien des Center for Area Studies (CAS) der Freien Universität widmete sich der Pfingstkirchen-Bewegung in Afrika
04.03.2011
In einem Vortrag von Professorin Birgit Meyer von der Vrije Universiteit Amsterdam über Pfingstkirchen in Afrika und einer sich anschließenden Diskussion ging es auch um das westliche Verständnis von Religion und Öffentlichkeit.
„A better life is up to you!” – ein besseres Leben schon in dieser Welt verheißen die Pfingstkirchen, eine christliche Erweckungbewegung aus dem Europa und Amerika des 18. Jahrhunderts. Die Pfingstkirchen haben sich im 20. Jahrhundert zu einer globalen Religion entwickelt. Diese Ausbreitung ist nicht zuletzt das Ergebnis einer intensiven Missionstätigkeit mithilfe moderner Massenmedien.
Birgit Meyer, Professorin für Sozial- und Kulturanthropologie an der Vrije Universiteit Amsterdam, hat zum Phänomen der Pfingstkirchen intensive Feldforschung betrieben. Derzeit ist sie Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin und arbeitet an einer größeren Veröffentlichung zum Thema.
Pfingstkirchen in Ghana
Ihre Erkenntnisse präsentierte sie jetzt in einem lebendigen Vortrag am Beispiel von Ghana, wo Pfingstkirchen seit der Privatisierung der Radio- und Fernsehsender nach der Demokratisierung des afrikanischen Staates Anfang der 90er Jahre öffentlich stark präsent sind. Anhand von Youtube-Videoclips und eigenen Fotos demonstrierte Birgit Meyer die hierzulande schwer vorstellbare öffentliche Darstellung der Kirchen, wie sie sich etwa in Massenspektakeln zeigt oder in aggressiv geäußerter Kritik gegenüber anderen gesellschaftlichen Gruppierungen. Durch Meyers Vortrag wurden nicht nur enge Bezüge zwischen regliösen und politischen Kampagnen offensichtlich. Vielmehr zeigte sie, dass der Glaube der Pfingstkirchler auch stark mit kapitalistischen Wertvorstellungen übereinstimmt, indem die Mitglieder ökonomischen Erfolg als Beweis für eine gottgefällige Lebensführung preisen.
Für ein empirisch fundiertes Konzept von Religion und Öffentlichkeit
Wie passen diese Befunde aber zu westlichen (Ideal)Vorstellungen? Dass nämlich der persönliche Glaube Privatsache jedes Einzelnen sei, während die Öffentlichkeit als überwiegend weltliche Sphäre gesehen wird? Noch dazu als eine Sphäre, die weitgehend unabhängig von Politik und Markt funktionieren und den Regeln des rationalen Dialogs folgen solle? Auf der Gundlage ihrer Forschungsergebnisse plädierte Birgit Meyer für ein neues Verständnis von Religion und Öffentlichkeit, das den tatsächlichen Ausprägungen beider Sphären – der religiösen und der weltlichen – rund um den Globus gerecht wird.
Zwei Wissenschaftler aus den beiden Einrichtungen, mit denen das Center for Area Studies (CAS) den Salon gemeinsam ausrichtete, ergänzten die Ausführungen: Professor Hansjörg Dilger vom Institut für Ethnologie der Freien Universität Berlin und Andreas Mehler, promovierter Politikwissenschaftler und Direktor des Instituts für Afrika-Studien am German Institute of Global and Area Studies (GIGA) in Hamburg.
Beide warfen – aus der Sicht ihrer jeweiligen Disziplin – weiterführende Fragen auf nach der Vereinbarkeit einer in der Öffentlichkeit agierenden Religion mit Demokratie und Wohlfahrtsstaat. Hier seien Wissenschaftler aus den Area Studies gefordert, weltweite Ländervergleiche anzustellen.
Übergreifende Vernetzung
Weitere interessante Impulse erhielt die Diskussion aus dem Plenum der über 50 Gäste aus der Freien Universität und vielen anderen Berliner Einrichtungen. Dass die dort begonnenen Gespräche fortgeführt werden, ließen die zahlreichen Visitenkarten erahnen, die beim anschließenden Umtrunk ausgetauscht wurden. Gelungen scheint daher auch in dieser Veranstaltung das Anliegen des CAS, mit der Reihe „Salon transregionale Studien“ Fachleute aus verschiedenen Disziplinen und Regionalstudien zusammenzuführen.