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„Umweltpolitik sollte mehr Ehrgeiz zeigen“

Klaus Jacob vom Forschungszentrum für Umweltpolitik (FFU) der Freien Universität im Interview über die Auswirkungen des Umweltwandels auf die Gesellschaft

24.11.2010

Dr. Klaus Jacob, Forschungsleiter des Forschungszentrums für Umweltpolitik der Freien Universität hat die „Berlin Conference on Human Dimensions of Global Environmental Change“ initiiert

Dr. Klaus Jacob, Forschungsleiter des Forschungszentrums für Umweltpolitik der Freien Universität hat die „Berlin Conference on Human Dimensions of Global Environmental Change“ initiiert
Bildquelle: Bastienne Schulz

Am Forschungszentrum für Umweltpolitik (FFU) der Freien Universität fand einen Monat vor Beginn der Weltklimakonferenz im mexikanischen Cancún am 29. November die internationale „Berlin Conference on Human Dimensions of Global Environmental Change“ statt. Initiiert wurde sie 2001 von Klaus Jacob, Forschungsleiter des FFU. Sie wird jährlich abwechselnd von Berlin und Amsterdam ausgerichtet und gilt als wichtiges Forum für Fragen zum globalen Umweltwandel.

Herr Jacob, im Mittelpunkt der diesjährigen Konferenz stand die „soziale Dimension des globalen Umweltwandels“. Was bedeutet das genau?

Bisher wurde der Umweltwandel in der Sozialwissenschaft überwiegend unter wirtschaftlichen Aspekten betrachtet. Das jetzige Wirtschaftsmodell aber ist an seine Grenzen gestoßen, global wie national. Denn der Umweltwandel hat natürlich Auswirkungen auf die Gesellschaften, die Menschen, die die Konsequenzen tragen müssen. Wir haben uns gefragt, wie sich politisch handeln lässt, so dass der ökologische Wandel akzeptiert und sozial ausgewogen gestaltet wird.

Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?

Wir haben viel darüber diskutiert, wie nach der UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992 nun „Rio plus 20“ aussehen kann. Dabei gab es zwei entgegengesetzte Perspektiven: Die einen befürworten einen globalen Wohlfahrts- oder Rechtsstaat, der Klimapolitik auf internationaler Ebene  durchsetzt;  die anderen lehnen ein solches Modell ab, weil es mit vielen Staaten – etwa den USA, China oder Indien – nicht umzusetzen sei. Ein Lösungsansatz wäre, viele lokale Initiativen¬ – etwa Städte, die kohlendioxidneutral werden wollen – miteinander zu verbinden. Gleichzeitig sollten die internationalen Institutionen gestärkt und globale Prozesse nicht ausgeblendet werden.

Wie steht es in  Deutschland um konkrete Lösungsansätze?

Deutschland hat, was den ökologischen Transfer betrifft, eine gute Ausgangsposition und einen hohen Weltmarktanteil an umwelteffizienten Produkten. Das wurde im Rahmen der Konferenz einmal mehr deutlich. Leider wird hier ignoriert, dass es einen Wettbewerb mit anderen Ländern gibt – einen wirtschaftlichen und einen politischen. Deutschlands Umweltpolitik sollte also ehrgeiziger und darüber hinaus strategisch mit der Außenpolitik verbunden werden. Problematisch ist beispielsweise, dass die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke den Innovationsdruck und die Marktchancen für Erneuerbare Energien mindert  oder, dass die Standards zur Erzwingung von niedrigeren Kohlendioxid-Werten bei Autoabgasen abgeschwächt wurden.

Wie gehen die Menschen hierzulande mit den Auswirkungen des Umweltwandels um?

Wir sehen es: Es gehen immer mehr Menschen auf die Straße, sei es gegen unterirdische Kohlendioxid-Endlager im Land Brandenburg oder gegen die Lagerung von radioaktivem Abfall in Niedersachsen. Diese Proteste zeigen die Sorge innerhalb der Bevölkerung und sind Zeichen dafür, dass das Bewusstsein für eine Anpassung an den Klimawandel in der Bevölkerung angekommen ist. Das wirkt sich anregend auf Politik und Forschung aus: Der Druck, nachhaltige Zukunftslösungen zu entwickeln, steigt.

Die Fragen stellte Bastienne Schulz

Weitere Informationen

Am Forschungszentrum für Umweltpolitik (FFU) forscht ein internationales Team aus Sozialwissenschaftlern und Studierenden zu Fragen der vergleichenden und internationalen Umweltpolitik und nachhaltiger Energiepolitik. Am 25. November findet dort der allmonatliche „Berlin Sustainability Talk“ statt, ein öffentliches Seminar, das den Austausch zwischen Wissenschaftlern anderer Institute, Mitarbeitern aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung sowie Interessierten fördert.

Ort und Zeit

  • Donnerstag, 25. November 2010, 14.00 Uhr
  • Forschungszentrum für Umweltpolitik der Freien Universität, Ihnestraße 22, 14195 Berlin (U-Bhf. Thielplatz, U 3), Raum 3.1c