Alleskönner oder Giftzwerge?
Sarah Küchler erforscht die Wirksamkeit von Nanoteilchen in der Pharmazie
25.08.2010
Ein Nanoteilchen ist so winzig wie ein Fußball im Verhältnis zum Erdball. Die kleinen Teilchen können allerdings eine große Wirkung entfalten, wenn man sie zum Beispiel einer Salbe beimischt. Die Winzlinge transportieren medizinische Wirkstoffe dann schneller in den Körper. Aber wie schnell eigentlich? Und wie sehen die Sprinter unter ihnen aus? Die Pharmazeutin Sarah Küchler hat die Teilchen ganz genau unter die Lupe genommen.
Nanoteilchen sind für die Pharmazie schon lange interessant, aber zum Teil noch nicht ausreichend erforscht, um sie für die Therapie von Krankheiten einzusetzen. Sarah Küchler, promovierte Pharmazeutin am Institut für Pharmazie der Freien Universität, untersuchte, welche Nanoteilchen medizinische Wirkstoffe sehr zuverlässig in die Haut transportieren. Dabei entdeckte sie besonders effektive Nanopartikel. Und erhielt dafür den Heinz-Maurer-Preis für dermatologische Grundlagenforschung des Unternehmens „Sebapharma“. Der Preis wird alle zwei Jahre an zwei Wissenschaftler für herausragende Forschungsarbeiten vergeben und ist mit jeweils 10.000 Euro dotiert.
Eingesetzt werden könnten Nanoteilchen etwa zur Behandlung von chronischen Hautkrankheiten wie Neurodermitis oder Schuppenflechte. „Mit gängigen Cremes oder Salben lassen sich Hautkrankheiten zwar zum Teil behandeln, bei sehr schweren Formen reicht eine lokale Behandlung jedoch oft nicht aus“, sagt Küchler. Schuld daran sei unter anderem die Haut, die es verhindert, dass Fremdstoffe in den Körper gelangen. „Wegen dieser exzellenten, natürlichen Barrierefunktion schaffen es manche Wirkstoffe gar nicht erst an ihren Bestimmungsort in der Haut.“
Nanoteilchen als Trägersysteme
„Um eine Creme wirksamer zu machen, kann man zum Beispiel den Wirkstoff verpacken, damit er besser in die Haut eindringen kann“, sagt Küchler. Als Verpackungsmaterial werden Nanoteilchen eingesetzt, denn sie können den Arzneistoffen helfen die Barriere zu überwinden und sie gezielt an die richtigen Stellen in der Haut zu transportieren. Küchler untersuchte dazu Nanoteilchen mit verschiedenen Strukturen: Lipidpartikel und dendritische Partikel. Die Lipidpartikel sehen unter dem Rasterelektronen-Mikroskop aus wie kleine Blättchen, die dendritischen Partikel wie dicht verästelte Bäume.
Küchler stellte fest: „Die dendritischen Partikel waren das beste Trägersystem, denn mit ihnen konnte eine 13 Mal höhere Konzentration des Wirkstoffs in der Haut im Vergleich zu einer normalen Creme erreicht werden.“ Die lipidischen Partikel waren nicht ganz so effektiv, jedoch waren auch sie besser als gewöhnliche Cremes. Weiterhin konnte die Pharmazeutin zeigen, dass es beim Einsatz lipidischer Partikel zu einer intensiven Wechselwirkung mit der Haut kommt. Die Partikel scheinen mit der Hautoberfläche quasi zu verschmelzen und waren bereits nach zwei Stunden fast vollständig von der Hautoberfläche verschwunden. „Es ist allerdings noch nicht abschließend geklärt, ob Nanoteilchen auch toxische Wirkungen haben können. Erste Ergebnisse lassen das zwar nicht vermuten, jedoch sind noch weitere Untersuchungen notwendig.“, sagt Küchler. Sollten sich die Nanopartikel als Alleskönner erweisen, könnten sie in einigen Jahren die Pharma-Industrie erobern.