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Die Jagd nach dem goldenen C(o)up

Politikwissenschaftlerin der Freien Universität untersucht Sicherheit in afrikanischen Bergbauregionen

15.07.2010

Die Politologin und Afrikanistin Jana Hönke forscht zu den Sicherhietsbedingungen im südafrikanischen Bergbau.

Die Politologin und Afrikanistin Jana Hönke forscht zu den Sicherhietsbedingungen im südafrikanischen Bergbau.
Bildquelle: Freie Universität Berlin

Nach 30 Tagen Fußballweltmeisterschaft haben die Spanier die Jagd nach dem goldenen Cup gewonnen. Die Jagd nach dem Gold und anderen Edelmetallen in der südafrikanischen Erde wird jedoch auch lange nach dem Abschluss dieses Turnieres weitergehen. Mit zum Teil verhängnisvollen Auswirkungen auf Anwohner, Arbeiterschaft und Gesellschaft, wie Jana Hönke, Politologin und Afrikanistin an der Freien Universität Berlin, in ihrer Dissertation beschreibt.

Südafrika besitzt knapp 40 Prozent der weltweiten Goldvorkommen, das Landschaftsbild ist von den Minen internationaler, weltweit vernetzter Bergbauunternehmen geprägt. In den Fokus ihrer Dissertation hat Jana Hönke die Sicherheitspraktiken solch global agierender Firmen in Südafrika und im Kongo gestellt.

Denn es sind wirtschaftliche Akteure wie diese Bergbauunternehmen, die in der politikwissenschaftlichen Debatte um die Verschiebung von Machtverhältnissen innerhalb eines Staates – die sogenannte Transformation von Staatlichkeit – eine immer wichtigere Rolle spielen.

Neue wirtschaftliche und politische Akteure

„Früher ist man davon ausgegangen, dass wichtige politische Entscheidungen von den offiziellen Regierungsstellen getroffen werden. Seit den siebziger Jahren ist die wissenschaftliche Debatte eher von der Idee geprägt, dass Staaten für solche Prozesse allein gar nicht mehr ausschlaggebend sind. Es gibt neue Akteure, wirtschaftlicher und politischer Natur, die unabhängig von staatlichen Behörden und Regierungen zu wichtigen Entscheidungsträgern geworden sind“, sagt die Politologin, deren Dissertationsprojekt am Sonderforschungsbereich 700 der Freien Universität Berlin „Governance in Räumen begrenzter Staatlichkeit“ angesiedelt ist.

So ist der gesamte Bereich der Sicherheit längst nicht mehr allein in staatlicher Hand. Wie und wo Unternehmen selbst aktiv werden oder Einfluss auf staatliche Akteure nehmen, um ihre Sicherheit zu gewährleisten, hat die Wissenschaftlerin genauer untersucht. „Dabei ist die Verquickung zwischen der Privatisierung von Sicherheit und der Bergbauindustrie in Südafrika besonders stark“, sagt Jana Hönke.

Minenarbeiter verdienen knapp 90 Euro im Monat

Die Politologin hat vor allem die Frage interessiert, „wie die Firmen außerhalb ihres ganz engen Bereichs agieren?“ Auch wenn sich vieles für die Bevölkerung seit dem Ende der Apartheid verbessert hat, bot sich der Wissenschaftlerin jenseits der gut gesicherten Firmengrenzen ein trauriges Bild: Menschen, die in Wellblechhütten leben, ohne Sanitäranlagen, Elektrizität, Zugang zu Straßen oder Gesundheitseinrichtungen.

Die Kriminalitätsraten in diesen informellen Siedlungen ohne jede Infrastruktur sind die höchsten im ganzen Land. Regelrecht inflationär entstehen diese Siedlungen entlang der Gold- und Platinabbauregionen in Südafrika. Aber eine Alternative haben die Arbeiter nicht. Die durchschnittlich 835 Südafrikanischen Rand, knapp 90 Euro, die ein Minenarbeiter im Monat verdient, reichen nicht für eine Wohnung in der Stadt.

Grenze zwischen Staats- und Unternehmensverantwortung

Gerade beim Problem der informellen Siedlungen werden staatliche Transformationsprozesse offensichtlich: Ist es Aufgabe des Staates, in den Slums für Infrastruktur und menschenwürdige Lebensverhältnisse zu sorgen? Oder ist das Unternehmen in der Pflicht? Wo liegt die Grenze zwischen Zuständigkeit des Staates und Unternehmensverantwortung?

 „Es gibt ein Regierungsprogramm, das besagt, dass bis 2014 die Hälfte aller informellen Siedlungen unter staatliche Verwaltung kommen und damit Wasser- und Stromversorgung erhalten sollen. Davon ist die südafrikanische Regierung jedoch meilenweit entfernt“, sagt Jana Hönke.

Unternehmen nutzen staatliche Polizei zum eigenen Vorteil

Das Engagement der Unternehmen in den informellen Siedlungen beschränkt sich derzeit auf den Versuch, die staatliche Polizei zum eigenen Vorteil einzusetzen. „Die Unternehmer haben beispielsweise eine Menge Geld in die Gründung einer Spezialeinheit investiert, die sich eigens um Gold- und Kupferdiebstahldelikte kümmert.“