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Ausgezeichnete historische Dissertation

Benno Gammerl erhält den Friedrich-Meinecke-Preis der Freien Universität

17.02.2010

Benno Gammerl studierte mehrere Jahre an der Freien Universität und kann sich gut vorstellen, bald mit einer Lehrveranstaltung wieder präsent zu sein

Benno Gammerl studierte mehrere Jahre an der Freien Universität und kann sich gut vorstellen, bald mit einer Lehrveranstaltung wieder präsent zu sein
Bildquelle: Frank Kurt Schulz

Der Geschichtswissenschaftler Benno Gammerl ist für seine Dissertation mit dem Friedrich-Meinecke-Preis 2008 der Freien Universität ausgezeichnet worden. Er erhielt die mit 600 Euro dotierte Ehrung für seine Arbeit zum Thema „Untertanen, Staatsbürger und Andere. Der Umgang mit ethnischer Heterogenität im Britischen Weltreich und im Habsburgerreich, 1867–1918“. Die im Jahre 2007 abgeschlossene Dissertation wurde mit „summa cum laude“ bewertet.

Wie ging man im Britischen Weltreich und im Habsburgerreich mit der ethnischen, kulturellen, nationalen und „rassischen“ Vielfalt der Bewohner um? In seiner Dissertation untersucht Benno Gammerl die Entwicklung von Staatsangehörigkeits- und Staatsbürgerschaftsrecht in beiden Reichen für die Zeit von 1867 bis 1918, wobei Österreich, Ungarn und Bosnien als Teile des Habsburgerreichs sowie die britischen Territorien Kanada, Indien, Ostafrika und das Vereinigte Königreich im Zentrum der Betrachtung stehen. „In verschiedener Hinsicht eine außergewöhnliche Doktorarbeit“, sagt Professor Arnd Bauerkämper, Geschäftsführender Leiter des Berliner Kollegs für Vergleichende Geschichte Europas (BKVGE), in seiner Laudatio: „Für die Untersuchung dieser Komplexe sind klare Fragestellungen, Begriffe und Kategorien notwendig. Benno Gammerl ist dieser beträchtlichen Herausforderung umfassend gerecht geworden.“

Das Verhältnis von Ethnizität, Rasse und Nation

„Ich habe mehrere Jahre an der Freien Universität studiert und mich deshalb besonders über die Auszeichnung gefreut. Es ist schön, ein so positives Feedback für die eigene Arbeit zu bekommen“, sagt Benno Gammerl. Seine ausgezeichnete Studie befasst sich mit dem Verhältnis von Ethnizität, Rasse und Nation und liefert wichtige Anregungen für die Debatte über den angemessenen Umgang mit „den Anderen“, was besonders im Zeitalter der Globalisierung in den Vordergrund tritt. Im ersten Teil seiner Dissertation unterscheidet Gammerl nationalstaatliche, etatistische und imperialistische Logiken der Rechtsentwicklung und der administrativen Praxis im Hinblick auf den Umgang mit ethnischer Vielfalt und untersucht diese in einzelnen Regionen des Britischen und des Habsburgerreichs im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Im zweiten Abschnitt analysiert er beide Reiche insgesamt. Die Gutachter, Professor Jürgen Kocka und Professor Dieter Gosewinkel hätten in ihren Gutachten „die Originalität der Studie und die instruktiven, weit über den Gegenstandsbereich hinausreichenden Befunde ebenso gewürdigt, wie die Fähigkeit des Verfassers zur Analyse und Synthese unterschiedlicher Problemkomplexe“, resümiert Bauerkämper. Mit Gammerl werde ein vielversprechender Nachwuchswissenschaftler ausgezeichnet.

Von Freiburg über London nach Berlin

Benno Gammerl studierte Geschichte, Deutsche Literatur und Ökonomie in Freiburg, London und Berlin. Nach seinem Master in Cultural History 2000 am Goldsmith's College der University of London schloss er drei Jahre später an der Freien Universität mit dem Magister in Neuer Geschichte ab. Von 2004 bis 2007 war er Stipendiat am Berliner Kolleg für Vergleichende Geschichte Europas, wo er auch seine Dissertation anfertigte. Seit 2008 ist Gammerl wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich „Geschichte der Gefühle“ am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin und leitet dort das Forschungsprojekt „Homosexualität und Gefühlsleben auf dem westdeutschen Land (1960-1990)“. Die Studie untersucht die emotionalen Alltagserfahrungen homosexueller Menschen, die ihr Leben gänzlich oder zum Teil in ländlichen Gebieten verbracht haben. Neben seiner Forschung engagierte sich Gammerl bei „UNWETTER“, einem freien Zusammenschluss von Künstlern, Kuratoren, Kritikern und Aktivisten, die zusammen an nicht-akademischer Wissensproduktion arbeiten. Mit dem BKVGE steht Gammerl weiterhin in Verbindung. Er kann sich gut vorstellen, bald mit einer Lehrveranstaltung wieder an der Freien Universität präsent zu sein, wie in diesem Semester etwa am Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität. Das auf seiner Dissertation basierende Buch erscheint in den kommenden Wochen bei Vandenhoeck & Ruprecht.