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Den Alltag akustisch erleben

Arbeitsgruppe „Künstliche Intelligenz“ hat ein neues Informationsgerät für Blinde und Sehbehinderte entwickelt

14.10.2009

Sieht nur aus wie eine Tischlampe: InformA wandelt alle Textdateien in Audiodateien um. Rechts im Bild: Informatik-Professor Raúl Rojas.

Sieht nur aus wie eine Tischlampe: InformA wandelt alle Textdateien in Audiodateien um. Rechts im Bild: Informatik-Professor Raúl Rojas.
Bildquelle: Sabrina Wendling

Das Informationsgerät für Blinde und Sehbehinderte erinnert an eine Tischlampe, nur ist es bedeutend intelligenter: Es liest E-Mails vor und lässt sich Briefe diktieren, gibt Auskunft über Zeit und Wetter und liest die Tageszeitung vor. Entwickelt wurde es von der Arbeitsgruppe Künstliche Intelligenz am Institut für Informatik der Freien Universität, in Kooperation mit den Deutschen Telekom Laboratories.

„Vor allem war es uns wichtig, dass das Gerät preiswert ist und mehr kann als ein gewöhnliches Vorlesegerät für Blinde“, sagt Projektleiter Raúl Rojas, Informatik-Professor an der Freien Universität. Seit einem Jahr arbeiten die Informatiker der Freien Universität nun an einem Informationsgerät für Blinde, gemeinsam mit Dr. Pablo Vidales von den Deutschen Telekom Laboratorie. An dem Projekt beteiligt ist außerdem der Allgemeine Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin. Der neue Prototyp „InformA“ wurde am 16. September vorgestellt.

Die Vorlesegeräte für blinde und sehbehinderte Menschen, die es derzeit zu kaufen gibt, seien zu teuer und hätten zudem „reduzierte Funktionalität“, findet Rojas. Mit „InformA“ soll vielen Menschen der Alltag erleichtert werden.

Das Gerät hat eine Ablage, von der Textdokumente fotografiert und per Internet an andere Rechner übertragen werden können. Auf Kopfhöhe des Nutzers befindet sich ein Metallarm, in dem Kamera und Mikrofon integriert sind. Wenn ein Dokument zu kompliziert für die automatische Texterkennung ist, kann der Nutzer über das Internet die Telefonverbindung zu einem Callcenter herstellen und ein Bild des Dokuments übertragen. Ein Zivildienstleistender des Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenvereins Berlin liest den Text dann vor. Alternativ kann das Dokument an Freunde oder Bekannte gesendet werden.

Sechsmonatige Testphase

Norbert Zillmann ist seit 1976 blind. Der 62-Jährige ist einer von 50 Blinden und Sehbehinderten, die „InformA“ über sechs Monate hinweg testen werden. Seine Ehefrau kann nur schlecht sehen, deshalb haben sie sich ein Gerät gekauft, das Schriftdokumente auf einem Bildschirm vergrößert darstellt. „Dort tauchen dann einzelne Wörter stark vergrößert auf“, sagt Zillmann, „aber einen ganzen Satz im Zusammenhang zu lesen ist nur schwer möglich.“

Bedient wird „InformA“ mit einer kleinen Tastatur, über die man beispielsweise von der Wetter- zur Zeitansage oder zum E-Mail-Postfach kommt. Neben der Tastfunktion funktioniert das Gerät ausschließlich akustisch: Dabei werden alle Textdateien in Audiodateien umgewandelt. Die Tageszeitungen „Der Tagesspiegel“ und die „taz“ stellen für den geplanten Feldversuch ihre Zeitungsausgaben als Textdateien zur Verfügung. Dass das Gerät über das Internet funktioniert, gefällt dem Rentner: „Ich freue mich richtig darauf, denn als ehemaliger Programmierer haben mich Computer schon immer begeistert.“