Die Architektur der Berge
Der Baseler Geologe Stefan Schmid ist Alexander-von-Humboldt-Forschungspreisträger
02.01.2009
Die Gebirge hängen an den Wänden. Auf großen Karten sind Aus- und Querschnitte der Karpaten, Alpen und der Dinariden zu sehen. Selbst in seinem Büro an der Malteserstraße in Lankwitz ist der Baseler Professor Stefan Schmid von Bergen umgeben. Seit dem vergangenen Jahr forscht er als Alexander-von-Humboldt-Preisträger an der Freien Universität.
Der Alexander-von-Humboldt-Forschungspreis, mit dem Schmid geehrt worden ist, ist mit 60 000 Euro dotiert und zeichnet das Gesamtschaffen und die Persönlichkeit von Spitzenforschern aus. Der 65-jährige Geologe lehrte und forschte bis zu seiner Pensionierung im Juli als Professor und Vorsteher des Geologisch-Paläontologischen Instituts an der Universität Basel. Nach Forschungsaufenthalten am Imperial College London, an der University of Canberra und am Institut für Geophysik und Meteorologie in Frankfurt am Main sowie einer Gastprofessur an der Princeton University wird Schmid nun ein Jahr lang an der Freien Universität Berlin forschen. Die Freie Universität gehört gemeinsam mit der Ludwig-Maximilians-Universität München zu den beliebtesten Aufenthaltsorten von internationalen Gastwissenschaftlern der Alexander-von-Humboldt-Stiftung.
Forschen mit dem Werkzeug des Detektivs
Gemeinsam mit Professor Mark Handy von der Freien Universität wird Schmid die Struktur der Erde bis in Tiefen von rund 100 Kilometer in Zusammenhang bringen mit der Entwicklung der an der Erdoberfläche sichtbaren Gebirge. Studienobjekte sind diejenigen Gebirge Zentral- und Südosteuropas, die bei der Kollision der afrikanischen mit der europäischen tektonischen Platte entstanden sind. Die beiden Forscher werden sich dabei auf die Alpen, den Apennin, die Dinariden und die Karpaten konzentrieren. Die enge Zusammenarbeit mit Geophysikern, die die Tiefenstruktur der Erde untersuchen, soll es ermöglichen, ein Gesamtbild der Gebirgsketten oberhalb und unterhalb der Erdoberfläche zu zeichnen. „Unsere Arbeit ist vergleichbar mit der eines Detektivs. Wir haben zu Beginn nur wenige Anhaltspunkte und müssen alle Teilinformationen wie in einem Puzzle zu einem großen Bild zusammenfügen“, erklärt Schmid, der auch an der Planung des längsten Eisenbahntunnels der Welt beteiligt war: des 57 Kilometer langen Gotthard-Tunnels.
Auf den Spuren der Erdbebenwellen: vom Bebenherd bis zum Austrittsort
Handy und Schmid werden mit ihren wissenschaftlichen Mitarbeitern und Spezialisten vor Ort Feldforschungen betreiben. Die Geophysiker liefern dazu Daten, die auf der Auswertung von Erdbebenwellen basieren. Sie können auf diese Weise Details der Zusammensetzung der Erde in bis zu 600 Kilometern unter der Erdoberfläche bestimmen. Möglich wird das, indem bei Erdbeben die Zeit gemessen wird, die die Erdbebenwellen brauchen, um vom Bebenherd unter der Erde bis zu ihrem Austritt an der Erdoberfläche in den untersuchten Gebirgen zurückzulegen.
Während seines Forschungsaufenthalts an der Freien Universität Berlin werden Schmid und Handy ein Lehrbuch über die Ergebnisse ihrer Arbeit publizieren. Das Buch wird sich mit dem Aufbau und der zeitlichen Entwicklung von Gebirgen und dem physikalischen Verständnis dynamischer Prozesse der Erde beschäftigen.