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Informatiker der Freien Universität bringen Unternehmen das „Corporate Semantic Web“ näher
27.01.2009
Sprachwissenschaftler wissen es: Die Bedeutung eines Wortes oder eines Zeichens ergibt sich erst durch das Zusammenspiel mit anderen Wörtern und Zeichen. So entstehen Bedeutungszusammenhänge und lassen sich semantische Netze knüpfen. Auch das Internet bedient sich der Semantik, der Bedeutungslehre - etwa bei Suchmaschinen. Mit dem sogenannten Corporate Semantic Web beschäftigt sich eine Informatiker-Arbeitsgruppe an der Freien Universität.
Man stelle sich folgenden Fall vor: Ein Manager ist auf der Suche nach einer neuen Wirkungsstätte. Er sucht im Internet mihilfe einer Jobsuchmaschine nach Stellenangeboten für „Geschäftsführer“. Als Ergebnis liefert die Suchmaschine ihm eine Liste mit Angeboten. Neben interessanten Stellenangeboten für Geschäftsführer-Tätigkeiten liefert sie allerdings auch welche zu „Assistent des Geschäftsführers". Das sei ein typisches Problem von Suchmaschinen, erklärt Diplom-Informatiker Markus Luczak-Rösch, denn die Suchmaschine denke nicht mit: "Der Manager will ja Geschäftsführer werden und nicht dessen Assistent. Auch Stellenangebote für „Geschäftsleiter“ werden ihm so nicht angeboten, sondern ausschließlich solche, die das Wort „Geschäftsführer“ im Text führen.
Hier kommt die Semantik ins Spiel, die sich mit dem Sinn und der Bedeutung von Zeichen befasst. „Mithilfe der Semantik wird der Begriff "Geschäftsführer" um assoziative, das heißt ihm verwandte, Begriffe ergänzt. Der einzelne Begriff wird also in ein Bedeutungsfeld gesetzt und - in diesem Fall - mit den Begriffen "Manager" oder "Geschäftsleiter" verbunden oder sogar mit verwandten Begriffen aus anderen Sprachen“, erklärt Luczak-Rösch. „Dann findet der Manager bei seiner Stellensuche alle bedeutungsverwandten Angebote, die für ihn interessant sind.“
Semantic-Web-Technologien für Unternehmen
Das Projekt "Corporate Semantic Web" an der Freien Universität wurde von der Arbeitsgruppe "Netzbasierte Informationssysteme" von Professor Dr.-Ing. Robert Tolksdorf ins Leben gerufen, hier ist es auch angesiedelt. Im Mittelpunkt der Forschung steht der Transfer von Wissen, um Semantic-Web-Technologien für Unternehmen nutzbar zu machen - ein Projekt, das im Rahmen der Innovationsinitiative „Neue Länder – Unternehmen Region“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Die Leitung der Projektarbeit in Forschung und Lehre liegt bei Professor Dr. Adrian Paschke.
Ein weiteres Beispiel: „Ein Autokonzern produziert mehrere Automodelle. In jedem Modell werden teils identische, teils verschiedene Bauteile verwendet, womöglich benutzt man sogar Beschreibungen in verschiedenen Sprachen“, erklärt Luczak-Rösch. „Wenn nun ein Mitarbeiter mit herkömmlichen Mitteln nach "Auto" sucht, wird er die englischen und französischen Pendants „car“ und „voiture“ nicht selbstverständlich finden.“ Mithilfe des Semantic Web könne man diese Begriffe miteinander verbinden, zusätzlich verschiedene Arten von Schrauben, Reifen und andere Bauteilen. „So wird das Wissens und Informationsmanagement verbessert und es stellt sich vielleicht heraus, dass die gleichen Teile auch in einem anderen Modell verbaut werden könnten." Die Anfangskosten für die Erstellung der zugrunde liegenden Begriffsnetze – die sogenannten Ontologien – sind relativ hoch, die wirtschaftlichen Einsparungspotenziale werden gerade erforscht.