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„Achtung links!“ – Wurden wir etwa gerade überrundet?

Publizistikstudent Till Wachsmann, bisher immer Zuschauer, ist zum ersten Mal beim Campus Run der Freien Universität mitgelaufen: ein Live-Bericht

30.06.2025

Die Stimmung beim Campus Run: bestens. Mr. und Mrs. Incredible mittendrin.

Die Stimmung beim Campus Run: bestens. Mr. und Mrs. Incredible mittendrin.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Keine Mühen gescheut, von allem was dabei: Mehrere Läufer*innen hatten sich trotz der Schwüle aufwendig verkleidet.

Keine Mühen gescheut, von allem was dabei: Mehrere Läufer*innen hatten sich trotz der Schwüle aufwendig verkleidet.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Da stand ich nun: 26. Juni 2025, 17.15 Uhr, 30 Grad, strahlende Sonne – noch zumindest – inmitten von mehr als 2000 Menschen, die alle bereit waren für eines der größten Events im Kalender der Freien Universität: den Campus Run.

Ich war gar nicht bereit. In den vergangenen Jahren hatte ich immer als Zuschauer an der Laufstrecke gestanden und meine Kommiliton*innen angefeuert. Jetzt war ich selbst dabei – als Teilnehmer. Warum auch immer. In der Schule war ich beim Laufen zuverlässig einer der Letzten – oft sind die, die schon etliche Zeit vor mir im Ziel waren, ausgeruht zurückgetrabt, um mich in einer „Motivationsrunde“ ins Ziel zu begleiten.

Das Konzept Laufen habe ich nie verstanden. Wie kann man das gerne machen?

Da hatte er das Ziel schon vor Augen: Till Wachsmann, Campus-Run-Teilnehmer und Live-Berichterstatter für campus.leben.

Da hatte er das Ziel schon vor Augen: Till Wachsmann, Campus-Run-Teilnehmer und Live-Berichterstatter für campus.leben.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Um es gleich zu sagen: Trainiert habe ich nicht wirklich. Um mich zu motivieren, setzte ich mich sozial unter Druck. Wenn ich möglichst vielen Freunden vom Campus Run erzähle und sie überzeuge, mitzulaufen, wird das irgendwie schon. So der Gedanke. Dabei nahm ich gleich zwei Learnings mit. Erstens: Alle in meinem Freundeskreis sind Laufexperten mit den besten Tipps fürs Training. Zweitens: Alle sind Lügner. Fast allen, die „auf jeden Fall“ mitlaufen wollten, fiel irgendwann ein, dass sie doch nicht könnten. Nur einer ließ mich nicht im Stich. Danke, Daniel!

Angeboten wurden verschiedene Laufstrecken: 2 ½ Kilometer, 5, 7 ½ oder 10 Kilometer. Wir wollten nicht gleich übertreiben, aber trotzdem ein kleines Ziel haben und entschieden uns für die 5 Kilometer.

Die Zentraleinrichtung Hochschulsport hatte schon eine ganze Weile vorab die Laufstrecke bekanntgegeben. Ob wir uns vorbereitet haben? Nein. Ob wir überhaupt mal zusammen laufen waren? Nein. Ob ich alleine jemals vor dem Campus Run joggen war? Nein. Dafür hatte ich aber super Ausreden und Entschuldigungen mir selbst gegenüber.

Laufen ist eine kleine Wissenschaft, ich wusste nur so viel: Ich brauche ein Shirt, eine kurze Sporthose und Laufschuhe. Dass Laufschuhe gut passen müssen, weiß ich mittlerweile. Ich hatte die erstbesten Schuhe innerhalb von 20 Minuten im Sportgeschäft meines Vertrauens gekauft. Das sollte sich rächen. Ein exklusives Laufshirt gab es auch dieses Jahr wieder – diesmal in knallrosa. Die ersten 600 Anmeldungen erhielten eines gratis, alle anderen konnten es kaufen und bei der Startnummernausgabe abholen.

Um 16.30 Uhr startete der Kids-Lauf (ein Kilometer), hier durften selbstverständlich auch die Eltern dabei sein.

Um 17.15 Uhr waren wir dran, die Erwachsenen – unabhängig von der gewählten Streckenlänge starten hier alle gleichzeitig. Unter der Startnummer ist eine Art Transponder verklebt, der die Zeit vom Überqueren der Startlinie bis zum Ziel misst. Die Stoppuhr auf meinem Handy ließ ich mitlaufen, schließlich wollten wir wissen, wie gut wir in der Zeit sind – Mindset ist alles.

00:00 – Es geht los. Ich bin aufgeregt. Ich stelle fest, dass ich das hier gerade wirklich mache. Ohne vorbereitendes Lauftraining. In meinem Kopf läuft das Intro von „Raab in Gefahr“.

00:27 – Schau an, drei Freund*innen haben Daniel und mich noch nicht vergessen. Sie halten Plakate hoch. Auf einem ist ein Polaroid-Foto von mir auf einer Silvester-Feier zu später Stunde, als ich, vom Blitz erschreckt, zwei Becher Wein verschüttet habe. Daneben mein Name. Toll.

00:55 – Menschen mit Wassersprengern an der Strecke – das habe ich total gebraucht. Mir war schon vom Stehen heiß. Danke!

02:57 – Schwendener Straße Ecke Takustraße gibt’s Livemusik –das baut auf.

04:50 – Ich sollte weniger auf meine Stoppuhr schauen. Tatsächlich verlässt mich schon die Kraft. Wie soll ich das durchhalten?

05:30 – Moment mal, es gibt noch eine Kurve zum E-Examination-Center 2? Vielleicht hätte ich mir die Laufstrecke doch mal vorher ansehen sollen, dann hätte mich diese Überraschung jetzt nicht so demotiviert. Und dann noch bergauf!

06:35 – Wenn man oben ist, geht es eigentlich. Hier gibt es französische Musik mit passenden Outfits. Auch eine Überraschung.

08:04 – Eine Blaskapelle an der Ecke Fabeckstraße/Lansstraße beschallt die Umgebung mit guter Musik. Einige meiner Mitläufer*innen tragen trotzdem Kopfhörer. Schämt euch! Es wird hier gerade ein wenig eng, und mir fällt auf, über wie viel Kopfsteinpflaster man an dieser Stelle läuft. Asphalt fühlt sich irgendwie angenehmer an. Ob es dazu Studien gibt?

11:50 – Wir haben es tatsächlich an der Silberlaube, der Mensa entlang, bis zur Thielallee geschafft. Bei Livemusik mache ich mir Gedanken, wo ich Pausen einlegen könnte. Da sehe ich auf meinem Handy ein Video, eine Freundin muss mich vor einigen Minuten gefilmt haben. Aha!

14:20 – „Achtung, links“ – wir werden im Eiltempo überholt. Wurden wir etwa gerade überrundet? Es geht jetzt unter dem Unigebäude hindurch, der dunkle Routenabschnitt ist in Tiefseeoptik getaucht und wird mit passender Musik beschallt. Kurz davor sitzt die Kostüm-Jury – die schönsten Verkleidungen werden prämiert. Mit Hochachtung vor allen, die bei den Temperaturen kostümiert unterwegs sind, geht es Richtung Ziellinie. Die erste Runde, 2 ½ Kilometer, sind geschafft, die Hälfte liegt hinter mir.

16:35 – Da stehen sie wieder mit ihren Plakaten und diesem furchtbaren Silvester-Foto. Jetzt gilt es, taktisch zu sein und eine gute Figur zu machen. Mein Plan: Ich biege in die Schwendener Straße ein, da sehen sie mich nicht mehr. Bis dahin muss ich es schaffen.

18:03 – Kurze Pause. Ein rennender Mann mit Kinderwagen überholt uns und motiviert uns, weiter zu laufen. Wie macht er das nur? Mir tut mein linker Zeh extrem weh. Hätte ich die Schuhe doch vorher mal eingelaufen.

20:35 – Okay, weiter geht’s. Ziehen wir es durch. Daniel (übrigens deutlich sportlicher als ich) versucht, mich abzulenken. Er erzählt mir etwas zur Sanierungsgeschichte der Gebäude um uns herum. Ich versuche, cool zu reagieren, gebe aber nur erschöpfte Hechel-Laute von mir. Blöd.

22:45 – Wieder diese gottverdammte Rampe am E-Examination-Center 2 hinauf. Mir fällt ein, dass ich mir vor einer Weile mal vorgenommen habe, die Treppen im Funkturm hochzulaufen. Zum Glück wird der gerade saniert und ist geschlossen.

26:15 – Ich sehe die Freundin, die mich vorhin gefilmt hat – ebenfalls mit Plakat! Zum Glück ohne mein Gesicht.

27:12 – In der Otto-von-Simson-Straße fangen einige Mitläufer*innen an, Laufspiele zu spielen. Eine andere Gruppe wird von Freunden mit Bier versorgt. Jede*r verfolgt hier andere Ziele. Viele nehmen den Lauf nicht so ernst.

29:27 – „VORSICHT, HINTEN LINKS“ – Wurden wir gerade zum zweiten Mal überrundet?

30:25 – Als ich sieben war, habe ich zuletzt freiwillig an einem Lauf teilgenommen. Kurz vor dem Ziel schrie mich ein fremder Vater an der Seitenlinie an, er hatte mich mit seinem Kind verwechselt. Keine Ahnung, wie ich jetzt darauf komme.

33:08 – Ja, ich schreibe hier stolz meine Zeit hin! Geschafft! Getränke, Obst, Abkühlung im Ziel. Meine Beine zittern, ich will einfach nur sitzen und weiß jetzt, wofür Schweißbänder gedacht sind.

Glücklicherweise erhört uns genau jetzt der Himmel, und es fängt an zu regnen – und leider auch zu stürmen. Das angekündigte Gewitter. Kurz, nachdem Daniel und ich im Ziel waren, musste der Campus Run aus Sicherheitsgründen vorzeitig beendet werden.

Wegen des Unwetters müssen alle erstmal rein ins Gebäude – wir nutzen die Zeit und schauen auf unsere Laufwertungen – die sind sofort im Internet verfügbar. Nach gefühlt nur einer Viertelstunde Pause ist die Unwetter-Warnung vorbei und wir dürfen zurück aufs Sommerfest-Gelände – die Himmel lichtet sich langsam, das Fest geht weiter!

Das Uni-Sommerfest, das wieder auf dem Vorplatz der Holzlaube stattfand, direkt neben dem Start und Ziel des Campus Runs, bot auch diesmal wieder viele Spiel-Sport-Angebote, es gab Getränke und Snacks. Dazu Live-Musik von DJ Felix Hahnsch, nach dem Lauf traten die Fortunate Fools auf.

Auszeichnung für die PhysRunners. Den Preis übergab Peter Lange, Vors. der Ernst-Reuter-Gesellschaft der Freunde, Förderer und Ehemaligen. Der Verein stiftet die Campus-Run-Preise traditionell. Links: Christian Mundhenk, Leiter des Hochschulsports.

Auszeichnung für die PhysRunners. Den Preis übergab Peter Lange, Vors. der Ernst-Reuter-Gesellschaft der Freunde, Förderer und Ehemaligen. Der Verein stiftet die Campus-Run-Preise traditionell. Links: Christian Mundhenk, Leiter des Hochschulsports.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Während der Siegerehrung für das teilnehmerstärkste Team – die „Rennmäuse der FU Kita“! – und die besten Kostüme (die Preise hierfür stellt die Ernst-Reuter-Gesellschaft der Freunde, Förderer und Ehemaligen der Freien Universität) wird versucht, mich zu 10 Kilometern nächstes Jahr zu überreden. Ob ich so wild bin, weiß ich noch nicht. Aber ich bin auf jeden Fall wieder dabei – ich mag das Konzept: Jede*r kann das eigene Laufziel verfolgen oder auch einfach aus Spaß dabei sein.

Beste Motivation: Freund*innen an der Strecke.

Beste Motivation: Freund*innen an der Strecke.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Und dafür, dass es nicht langweilig wie früher im Sportunterricht wird, sorgen die vielen Musizierenden und Zuschauenden am Rand. Überhaupt: Erst als Läufer merkt man, wie sehr man sich über alle freut, die an der Strecke stehen und klatschen, musizieren und mitmachen, all diese Menschen sind ein super wichtiger Teil des Campus Runs.

Am Ende war ich einfach nur glücklich und dankbar für die Unterstützung und natürlich auch die Organisation. Vielleicht melde ich mich vor dem nächsten Mal bei einer der Laufgruppen des Hochschulsports an. Kann ja nicht schaden.