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Gemeinsame Aufgabe Wissenschaftsfreiheit

Kolumne des Präsidenten der Freien Universität, Günter M. Ziegler

07.05.2025

Porträtfoto von Günter M. Ziegler, freundlich lächelnd

Günter M. Ziegler ist Präsident der Freien Universität Berlin
Bildquelle: David Ausserhofer

Freiheit – dieses Wort markiert den Kern von Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes: als Schutzgarantie für die Wissenschaft und zugleich als verfassungsrechtlichen Auftrag an den Staat. „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei“ – dieser Satz ist keine Plattitüde, sondern zentraler Grundpfeiler unserer Verfassungsordnung und die Grundlage unserer Wissensgesellschaft.

In den USA fehlt eine explizite gesetzliche Verankerung der Wissenschaftsfreiheit. Die aktuelle Regierung zeigt dabei einen Umgang mit Forschungseinrichtungen, der durch ideologische Vorgaben und mangelnden Respekt vor wissenschaftlicher Autonomie geprägt ist. Das Fehlen rechtlicher Normen allein erklärt dies nicht. Vielmehr beobachten wir zunehmend Fälle, in denen bestehende Regelungen umgangen oder ignoriert werden. Recht wirkt nur dann, wenn es von den staatlichen Akteuren geachtet wird. 

Auch für Deutschland gilt: Die verfassungsrechtliche Absicherung schützt nicht automatisch vor Gefährdungen. Politische Angriffe auf die Wissenschaft – etwa durch pauschale Vorwürfe der „Ideologisierung“ oder Instrumentalisierung von Themen wie Anti-
semitismusbekämpfung – zeigen Parallelen zu Entwicklungen in den USA, wo Einrichtungen wie die „National Institutes of Health“ oder Universitäten wie Columbia und Harvard als Institutionen angegriffen und in ihrer Leistungsfähigkeit gefährdet werden.

Es geht dabei um mehr als juristische Deutungshoheit: Wissenschaftsfreiheit ist ein Gradmesser für den Zustand unserer Demokratie und die Frage, in welcher Gesellschaft wir leben – und leben wollen. In autoritären Regimen dient die Kontrolle der Wissenschaft oft als Instrument zur Machtsicherung. Freies Denken und Partizipation werden unterdrückt, Unabhängigkeit wird zur Gefahr. Dem steht ein Gesellschaftsmodell gegenüber, das Vielfalt und Partizipation als Grundlage für Innovation begreift. 

Dieses stetige Aushandeln innerhalb einer freien Gesellschaft ist mühevoll – doch es ermöglicht unabhängige Entfaltung und Wohlstand für möglichst viele. Ein Leitgedanke, der nicht nur die Freie Universität, sondern unsere gesamte Gesellschaft prägt: 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa, 76 Jahre nach Verabschiedung des Grundgesetzes und inmitten globaler Umbrüche. 

Gemeinsam mit der Humboldt-Universität zu Berlin und dem Exzellenzcluster SCRIPTS setzen wir in den kommenden Monaten, im Sommersemester 2025, einen Themenschwerpunkt zur Wissenschaftsfreiheit. Auf unseren Websites informieren wir, in Veranstaltungen diskutieren wir – denn Wissenschaftsfreiheit ist kein Elfenbeinturmprojekt. Sie ist eine demokratische Gemeinschaftsaufgabe, sie lebt vom Engagement aller, die demokratische Werte verteidigen. 

Lesen Sie. Kommen Sie vorbei. Gestalten Sie mit!

 

Mehr auf der Themenseite Wissenschaftsfreiheit: www.fu-berlin.de/wissenschaftsfreiheit