Gefährliche Zeit für kleine Jäger
Erster Flug eines Turmfalken auf dem Campus Düppel endete mit einer Notlandung
05.06.2024
Viele Universitätsangehörige blicken seit Wochen immer wieder über eine Webcam in den Nistkasten einer Turmfalkenfamilie. Dieser wurde im Rahmen eines Nachhaltigkeitsprojekts in neun Metern Höhe am Schornstein des Dekanats auf dem Campus der Veterinärmedizin angebracht. Aus dem Gelege von sechs Eiern – zu Ostern war das erste Ei da – waren alle sechs Küken geschlüpft und haben sich von flauschigen Knäueln zu kleinen Greifvögeln entwickelt. Doch gestern waren plötzlich nur noch fünf junge Turmfalken per Webcam zu sehen. Der sechste war zu seinem ersten Flug aufgebrochen, der mit einer Notlandung in einem Hof der Veterinär-Biochemie endete. Die gute Nachricht: Dem mutigen Jungvogel geht es gut!
Zum Röntgen in die Kleintierklinik
Sina Feyer, Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Kleinsäuger, Vögel, Reptilien in der Klein- und Heimtierklinik, bringt den Vogel zum Röntgen.
Bildquelle: Kerstin Müller
Die Tierärztin der Kleintierklinik Sina Feyer fand den kleinen Vogel auf Hinweis von aufmerksamen Kolleg*innen in einem Innenhof, wo er vor seiner Notlandung gegen eine Scheibe geflogen war. Weil es den Anschein hatte, er habe sich verletzt, brachte sie ihn zum Röntgen in die Kleintierklinik. Da inzwischen klar ist, dass es dem kleinen Falken gut geht, wird er, auch nach Beratung mit einem Turmfalkenexperten des NABU, an einen erhöhten Platz gebracht. So können ihn die Eltern finden und weiter versorgen.
Immer wieder einmal verunglücken junge Falken bei ihrem ersten Flug, die meisten haben dann keine Chance auf ein Überleben. „Es ist eine gefährliche Zeit für die Jungtiere“, sagt Kerstin Borchers, die das Nachhaltigkeitsprojekt am Fachbereich Veterinärmedizin begleitet.
Vater wirft Futter im Vorbeiflug in den Horst
Die Vogeleltern betreuen ihre Kinder in dieser schutzbedürftigen Zeit im Freien: Sie sind beim ersten Flug in der Nähe und helfen bei der Nahrungssuche, denn allein können die Jungtiere noch nicht jagen. Die Geschwister bleiben im Horst und üben dort für ihren eigenen ersten Flug: Sie schlagen mit den Flügeln, erst vorsichtig, dann kräftiger, und heben ein Stück vom Boden ab – soweit der Platz es zulässt. Dabei werden sie weiter von den Eltern versorgt. „Mutter und Vater sind ein gutes Team und sehr fürsorglich“, sagt Kerstin Borchers. Dabei seien Unterschiede zu beobachten: Während sich das Muttertier mit der Beute in den Horst begibt und diese verfüttert, wirft der Vater etwa eine tote Maus im Vorbeiflug hinein.
Bald Abschied – bis zum nächsten Jahr
Auch die verbliebenen fünf Jungvögel werden nun nach und nach den Horst verlassen und mit Hilfe der Eltern überlebensfähig werden. Turmfalken sind ihrem Brutplatz treu – so stehen die Chancen gut, dass das Elternpaar im kommenden Jahr wiederkehrt: Dann können neue Turmfalken heranwachsen, von denen hoffentlich alle ihren ersten Flug ohne Bruchlandung überstehen.