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Was macht eigentlich ein Verbindungsbüro?

campus.leben hat die Büroleiterin Hoda El-Mahgoub in Kairo begleitet

30.08.2023

Als Wissenschaftsstandort bietet Ägypten viel Potenzial, ganz besonders für die Fächer Archäologie, Arabistik, Islamwissenschaft, Pharmazie und Geologie.

Als Wissenschaftsstandort bietet Ägypten viel Potenzial, ganz besonders für die Fächer Archäologie, Arabistik, Islamwissenschaft, Pharmazie und Geologie.
Bildquelle: Omar Elsharawy bei Unsplash

Die Freie Universität ist nicht nur in Berlin an den Standorten Dahlem, Düppel und Lankwitz vertreten. Auch international ist die Hochschule mit vier Verbindungsbüros in Kairo (Ägypten), Neu-Delhi (Indien), São Paulo (Brasilien) und Tblissi (Georgien) präsent. Tausende Kilometer entfernt und doch im engen Austausch, stärken die Verbindungsbüros das internationale Wissenschaftsnetzwerk der Freien Universität.

Draußen ist es bereits dunkel. Gegen 19.30 Uhr ging die Sonne unter. In dem kleinen Reisebus, der sich allmählich Kairo nähert, ist es dank des Laptopbildschirms trotzdem hell. Dass auf der knapp dreistündigen Rückfahrt einer Dienstreise von Alexandria nach Kairo nicht Netflix geschaut, sondern gearbeitet wird, verrät das Geräusch eifrigen Tippens. „Das müsste alles sein,“ murmelt Hoda El-Mahgoub und verschickt die E-Mail mit letzten Hinweisen an eine Mitarbeiterin der Technischen Abteilung, die wenige Tage später für eine Dienstreise nach Kairo kommen wird.

Wenn Mitglieder der Freien Universität nach Ägypten reisen – etwa für ein Auslandssemester oder in Verbindung mit ihrer Forschung –, haben sie früher oder später mit Hoda El-Mahgoub Kontakt. Die in Deutschland geborene Ägypterin war zehn Jahre lang für die Deutsch-Arabische Industrie- und Handelskammer tätig, ehe sie 2018 die Leitung des Verbindungsbüros übernahm. Ihre Aufgabe: den Studierendenaustausch sowie die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Freien Universität und ägyptischen Hochschulen stärken. Außerdem will sie das Netzwerk in der Region Nordafrika und Nahost ausbauen.

Wissenschaftsstandort Ägypten

Wenn Hoda El-Mahgoub in ihrem Büro Gäste empfängt, führt sie sie immer zuerst in den Garten, der sich auf dem Gelände des DAAD in Kairo befindet, auf dem das Verbindungsbüro angesiedelt ist. Warum? Weil der von Palmen gesäumte Garten mit dem saftig grünen, ordentlich getrimmten Rasen inmitten des geschäftigen Stadtteils Zamalek so unerwartet daherkommt, dass er gleich doppelt beeindruckt.

Hoda El-Mahgoub leitet das Verbindungsbüro der Freien Universität in Kairo und will das das Netzwerk in der Region Nordafrika und Nahost ausbauen.

Hoda El-Mahgoub leitet das Verbindungsbüro der Freien Universität in Kairo und will das das Netzwerk in der Region Nordafrika und Nahost ausbauen.
Bildquelle: Michael Asaad

Was bei Besuchen im Verbindungsbüro ebenfalls nicht fehlen darf: eine Schachtel mit kleinen Gebäckstücken auf dem hölzernen Konferenztisch. Dass es bei Terminen eine Kleinigkeit zu essen gibt, versteht sich von selbst – die ägyptische Gastfreundschaft endet schließlich nicht an der Bürotür. Dass es aber an dem großen Konferenztisch eng wird, ist eher die Ausnahme, denn Hoda El-Mahgoub ist die einzige Mitarbeiterin im Büro; eine Kollegin arbeitet überwiegend im Home Office.

Jetzt aber müssen Stühle gerückt werden. Sechs Gäste sitzen mit am Tisch und besprechen letzte Details für eine Podiumsdiskussion, die in einer Stunde beginnt. Thema ist das metabolische Syndrom, also das gemeinsame Auftreten von Übergewicht, Bluthochdruck sowie Zucker- und Fettstoffwechselstörungen. Dabei sind der Geschäftsführer eines ägyptischen Pharmaunternehmens, ein Mitarbeiter der ägyptischen Arzneimittelbehörde und vier Wissenschaftler vom Institut für Pharmazie von der Freien Universität, die nach Kairo gereist sind, um Kooperationen vorzubereiten. Eine Woche dauert ihr Aufenthalt; sie besuchen unter anderem vier Universitäten, um dort mit Kolleg*innen über den Studierendenaustausch zu reden und gemeinsame Forschungsprojekte zu planen.

Ausgangspunkt akademische Zusammenarbeit zwischen Europa und Afrika

Hoda El-Mahgoub organisiert die einzelnen Termine und begleitet sie – die Moderation der Diskussionsrunde zum metabolischen Syndrom übernimmt die studierte Pharmazeutin selbst. Teil ihrer Arbeit sei aber auch, Vorurteile abzubauen: Viele würden Ägypten nur als Land der Pyramiden und Pharaonen kennen – oder aus negativen Schlagzeilen in den Nachrichten. Deshalb bestehe die größte Herausforderung darin, überhaupt Interesse an Ägypten als Wissenschaftsstandort zu wecken.

„Für eine deutsche Universität liegt es nahe, mit europäischen oder US-amerikanischen Hochschulen zu kooperieren. Aber Ägypten bietet viel Potenzial, vor allem in den Bereichen Archäologie, Arabistik, Islamwissenschaft, Pharmazie und Geologie“, sagt Hoda El-Mahgoub. Außerdem könne das Land Ausgangspunkt dafür sein, die akademische Zusammenarbeit zwischen Europa und Afrika zu fördern. „Ägyptische Universitäten sind oft besser mit zentral- und südafrikanischen Hochschulen vernetzt als die Freie Universität.“

Großes Interesse an Deutschland

Wer zum ersten Mal nach Kairo kommt, hat viele Eindrücke zu verarbeiten. Kein Wunder, schließlich leben in der Metropole rund 22 Millionen Menschen, gefühlt gibt es mindestens genauso viele Autos auf den Straßen. Und auch staatliche Universitäten sind eine Größe für sich: An der im Jahr 950 gegründeten Al-Azhar-Universität etwa studieren derzeit rund 400.000 Menschen und damit mehr, als in der Stadt Bochum leben.

 

Wenn Hoda El-Mahgoub in ihrem Büro Gäste empfängt, führt sie sie immer zuerst in den Garten, der sich auf dem Gelände des DAAD in Kairo befindet, auf dem das Verbindungsbüro angesiedelt ist.

Wenn Hoda El-Mahgoub in ihrem Büro Gäste empfängt, führt sie sie immer zuerst in den Garten, der sich auf dem Gelände des DAAD in Kairo befindet, auf dem das Verbindungsbüro angesiedelt ist.
Bildquelle: Anne Stiller

„Allerdings ist ein abgeschlossenes Studium in Ägypten längst kein Jobgarant“, erklärt Hoda El-Mahgoub. Viele qualifizierte Arbeitskräfte gingen deshalb ins Ausland. Der sogenannte Brain Drain habe in den letzten Jahren weiter zugenommen. Bei Arbeitskräften und Studierenden gleichermaßen hoch ist das Interesse an Deutschland; dem DAAD zufolge studierten im Jahr 2021 mehr als 6.000 Ägypter*innen in der Bundesrepublik. Das sind doppelt so viele wie noch fünf Jahre zuvor.

Wie groß das Interesse an einem Studienaufenthalt in Deutschland ist, merkt Hoda El-Mahgoub, wenn sie auf Messen über die Freie Universität informiert. Längst geht es dabei nicht nur um die Höhe von Semesterbeiträgen oder darum, welche Kurse belegt werden müssten. „Mich erreichen viele Fragen zum Alltag von Studierenden und dem Leben in Deutschland“, sagt sie. In Ägypten etwa wohnten Studierende in der Regel länger bei ihren Eltern, während es in Deutschland normal sei, mit Beginn des Studiums von zu Hause auszuziehen. Das ist die wichtigste Aufgabe von Hoda El-Mahgoub: zwischen zwei Kulturkreisen zu vermitteln und Menschen zusammenzubringen.

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