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25 Jahre Italienzentrum: Ein Interview mit Direktor Professor Bernhard Huss

25. April 2022, 17 Uhr: Eröffnung des Jubiläums-Sommersemesterprogramms zum Thema Übersetzung

22.04.2022

Il tricolore: Die Flagge Italiens geht auf die Zeit um 1800 zurück.

Il tricolore: Die Flagge Italiens geht auf die Zeit um 1800 zurück.
Bildquelle: Pixabay License

1996 wurde das Italienzentrum im Rahmen eines Abkommens zwischen der Italienischen Botschaft in Deutschland und der Freien Universität Berlin gegründet. Die traditionelle Semestereröffnung, die diesmal im Zeichen des Jubiläums steht, widmet sich dem Thema Übersetzung: Unter dem Titel „Dante Deutsch: Die Commedia übersetzen. Tradurre la Commedia“ sind Interessierte am 25. April 2022 um 17 Uhr zu einem Workshop mit feierlichen Grußworten in den Hörsaal 1a der Freien Universität eingeladen. Die Veranstaltung findet in deutscher und italienischer Sprache statt und wird simultan übersetzt. Um Anmeldung für die Teilnahme in Präsenz oder virtuell wird gebeten: italzen@zedat.fu-berlin.de

Herr Professor Huss, was war vor 25 Jahren der Anlass für die Gründung des Italienzentrums?

Schon damals bestanden vielfältige Beziehungen der Universitäten des Berliner Raums mit italienischen Universitäten und Forschungseinrichtungen. Mit der Gründung des Italienzentrums sollte diesen häufig recht produktiven Verbindungen, die aber oftmals gänzlich von einzelnen Wissenschaftler*innen und deren Verfügbarkeit abhingen, einen institutionellen Rahmen gegeben werden. Damit sollte gewährleistet werden, dass – unter Umständen langjährige – fruchtbare binationale Beziehungen in Forschung und Lehre nicht durch Wegberufung, Ausscheiden oder auch den Tod einer Person plötzlich abreißen.

Dass eine institutionelle Bündelung darüber hinaus eine größere Sichtbarkeit dieser wissenschaftlichen Beziehungen bewirken kann, ist ein Effekt, den man ebenfalls schon damals intendierte.

Prof. Dr. Bernhard Huss, Direktor des Italienzentrums

Prof. Dr. Bernhard Huss, Direktor des Italienzentrums
Bildquelle: Privat

Was sind die Aufgaben des Italienzentrums, an wen richten sich die Veranstaltungen?

Das Italienzentrum hat die primäre Aufgabe, die Zusammenarbeit in Forschung und Lehre zwischen den Universitäten in Berlin und Potsdam einerseits und italienischen Universitäten und Forschungszentren andererseits zu koordinieren und zu verstärken. In unsere Arbeit sind auch die Humboldt-Universität, die Technische Universität Berlin und die Universität Potsdam eingebunden: Vertreter*innen dieser Universitäten sitzen in unserem Wissenschaftlichen Beirat und beteiligen sich dankenswerter Weise aktiv an der Programmgestaltung.

Die von mir angedeutete Intensivierung der Zusammenarbeit zielt nicht nur auf spezifisch italienbezogene Themen vor allem in geistes- und kulturwissenschaftlichen Fächern wie etwa der Italianistik, der Geschichte, der Kunstgeschichte oder der Klassischen Archäologie, sondern es wird angestrebt, deutsch-italienische Kooperationen in den unterschiedlichen Wissenschaften unabhängig von einem thematischen Italienbezug zu fördern und aufzubauen.

Wir laden zu den unterschiedlichsten wissenschaftlichen Themen mit Italienbezug Gäste ein und treten auch mit verschiedenen Veranstaltungsformaten – vom Gastvortrag über den Workshop bis hin zum Kongress – an Kolleg*innen, Studierende und eine interessierte Öffentlichkeit heran.

Was unterscheidet das Italienzentrum der Freien Universität von ähnlichen Einrichtungen?

Es gibt mehrere Institutionen an verschiedenen deutschen Universitäten, die so ähnlich genannt werden wie unser Italienzentrum. Zum Teil verfolgen sie ähnliche Ziele, und wir haben zu einer Reihe von Kolleg*innen dieser Zentren eine hervorragende Arbeitsbeziehung. Das Italienzentrum der Freien Universität Berlin ist in Deutschland strukturell wohl am stärksten aufgestellt und hat sowohl thematisch als auch schlicht quantitativ die breiteste Palette an öffentlichen Veranstaltungen zu bieten.

Wir profitieren dabei in hohem Maß von der wirklich exzellenten Zusammenarbeit mit unseren hochrangigen Partnern von der italienischen Botschaft und dem italienischen Kulturinstitut hier in Berlin. Die italienische Seite hat uns in 25 Jahren auch in politisch nicht immer ganz einfachen Situationen unverbrüchlich unterstützt, in materieller wie in ideeller Hinsicht, wofür wir ausgesprochen dankbar sind.

Welche Veranstaltungen und Projekte der vergangenen Jahre waren Höhepunkte? Was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Angesichts des breiten Spektrums an sehr schönen Veranstaltungen, die wir in den vergangenen Jahren realisieren konnten, ist es für mich wirklich schwierig, besondere Highlights herauszugreifen. Mit Blick auf unsere Semestereröffnung unter dem Vorzeichen des Werks von Dante Alighieri darf ich aber vielleicht, etwas unbescheiden, die von uns direkt organisierte Vorlesungsreihe „Salire al Paradiso“ (Aufstieg zum Paradies) nennen: Hier haben wir im vergangenen Sommer hochrangige Gäste aus der internationalen Dante-Forschung eingeladen, einzelne Gesänge aus Dantes „Purgatorio“ (Läuterungsberg) für unser Publikum zu interpretieren. Die Reihe hat virtuell stattgefunden und überaus großen Zuspruch erfahren. Sie stand im Kontext des zu Ende gegangenen Dante-Jahres 2021, das dem 700. Todestag des großen italienischen Dichters gewidmet war.

Eine Veranstaltung etwas anderer Art hat mich persönlich besonders beeindruckt, als ich vor einigen Semestern mit FU-Studierenden der italienischen Philologie, der Italienstudien, der Komparatistik und der Kunstgeschichte am italienischen Kulturinstitut Berlin eine multimediale Performance (mit italienischen und deutschen Texten, Bildprojektionen, Gesang und historischer Musik) zu den „Trionfi“ (Triumphen) des Renaissance-Autors Francesco Petrarca ins Werk setzen durfte. Dies fand statt auf Einladung des leider vor wenigen Wochen in der Pandemie verstorbenen Kollegen Luigi Reitani, des unvergessenen ehemaligen Direktors des Kulturinstituts.

Am Ende ein Ausblick: Was planen Sie für die nächsten Jahre? Wo soll das Italienzentrum in fünf Jahren stehen?

Was unsere Inhalte angeht, möchten wir das von uns angebotene Spektrum noch erweitern. Das ist natürlich ehrgeizig, denn jetzt schon betätigen wir uns nicht nur in unseren „historischen Kerndisziplinen“ wie der italianistischen Literaturwissenschaft, Linguistik oder auch Sprachdidaktik, sondern organisieren öffentlichkeitswirksame Beiträge aus der Kunstgeschichte, der Theaterwissenschaft, der Geschichte, der Rechts- und der Wirtschaftswissenschaft, aber auch der Klassischen Archäologie und einer Reihe anderer Disziplinen.

Doch „Luft nach oben“ ist für uns immer. Die besondere Herausforderung der nächsten Jahre ist aber vielleicht noch eher medialer Natur: Wir haben in der Pandemie durch die verschiedenen von uns angebotenen Online-Veranstaltungsformate, wie schon angedeutet, ein wirklich sehr breites Publikum im virtuellen Raum gewonnen, das tatsächlich von China bis nach Kalifornien reicht. Dabei ist aber ganz unvermeidlich unser klassisches Berliner Publikum von vor Ort zum Teil etwas abhandengekommen. Die neuen Kreise unseres Publikums zu behalten und zu erweitern und zugleich auch unserem traditionellen Stammpublikum wieder regelmäßig etwas zu bieten, ist unser Hauptziel, an dessen Umsetzung wir just mit der Eröffnung dieses Sommersemesters zu arbeiten beginnen.

Die Fragen stellte Christine Boldt