Springe direkt zu Inhalt

Krieg in der Ukraine: Wie die Freie Universität Studierende und Forschende unterstützt

Interview mit dem Leiter der Abteilung Internationales Herbert Grieshop

29.03.2022

Dr. Herbert Grieshop: Studierende und Forschende unterstützen.

Dr. Herbert Grieshop: Studierende und Forschende unterstützen.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Als Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat die Freie Universität Berlin am 25. Februar 2022 beschlossen, ihre Beziehungen zu wissenschaftlichen Einrichtungen in Russland vorerst auszusetzen. Herbert Grieshop, Leiter der Abteilung Internationales, erklärt im Interview, wie sich die Entscheidung für Studierende und Forschende auswirkt und wie die Freie Universität geflüchtete Menschen aus beiden Gruppen unterstützt.

Herr Grieshop, welche Auswirkungen hat die Entscheidung der Freien Universität, ihre Beziehungen zu wissenschaftlichen Einrichtungen in Russland vorerst ruhen zu lassen, für Studierende?

Die Beschlüsse betreffen unter anderem den Studierendenaustausch, weshalb es zurzeit leider nicht möglich ist, sich für einen Auslandsaufenthalt an einer russischen Universität zu bewerben. Auch sind inzwischen nach unserem Wissen fast alle Studierenden der Freien Universität aus Russland nach Berlin zurückgekehrt.

In den Doppelstudiengängen mit russischen Universitäten – das betrifft die Kooperationen zwischen dem Osteuropa-Institut der Freien Universität und der Higher School of Economics in Moskau und St. Petersburg – haben wir die Nominierungen für das kommende akademische Jahre ausgesetzt. Studierende, die bereits im Studium sind, müssen aber nicht befürchten, am Ende ohne Abschluss dazustehen: Sie können ihr Studium regulär beenden und machen voraussichtlich weiterhin einen Doppelabschluss.

Inwiefern sind belarussische und russische Studierende an der Freien Universität von den Beschlüssen der Hochschule betroffen?

Russische und auch belarussische Studierende sind und bleiben Studierende der Freien Universität. Sie können natürlich ihr Studium bei uns fortführen. Genauso können sich Studieninteressierte aus Belarus und Russland auch in Zukunft weiterhin für Studienplätze an der Freien Universität bewerben.

Das ist ganz wichtig: Die Beschlüsse, die die Freie Universität getroffen hat, richten sich eben nicht gegen Einzelpersonen, sondern gegen russische staatliche Institutionen. Und leider hat sich ja auch gezeigt, dass die Leitungen unserer Partner-Unis diesen Krieg vollkommen unterstützen, während sich viele russische Forschende dagegen ausgesprochen haben.

Können Studierende oder Studieninteressierte, die wegen des Krieges aus der Ukraine fliehen mussten, ein Studium an der Freien Universität aufnehmen?

Geflüchtete Studierende können sich bei uns bewerben. Zum Wintersemester 2022/23 ist das für Masterstudiengänge vom 15. April an möglich, für Bachelorstudiengänge vom 1. Juni an. Es ist in Einzelfällen auch noch möglich, sich zum Sommersemester 2022 bewerben. Die Bewerbungsfrist ist zwar schon abgelaufen, aber wenn die Voraussetzungen für ein Studium an der Freien Universität erfüllt sind, können wir sie mit Zustimmung der Studiengänge auch noch für das Sommersemester immatrikulieren. Da sind wir der Studierendenverwaltung enorm dankbar, dass sie das möglich macht.

Sollten die Voraussetzungen für ein Studium nicht erfüllt sein, besteht die Möglichkeit, sich im Welcome-Programm einzuschreiben – das bedeutet im Wesentlichen ein intensives Deutsch-Programm. Noch wissen wir aber nicht genau, wie das aussehen wird, weil unklar ist, wie die Bedarfe und Sprachkenntnisse der Geflüchteten eigentlich sind. Wir hoffen, dass wir da ab Mai neue Kurse anbieten können.

Eine weitere Möglichkeit ist, sich über die Nebenhörerschaft zu immatrikulieren: Dann können Studieninteressierte einzelne Kurse eines Studiengangs belegen und dafür auch Credits erwerben. Voraussetzung hierfür ist, dass sie im Heimatland nach wie vor eingeschrieben sind.

Welche weiteren Unterstützungsangebote an der Freien Universität gibt es für Studierende, die vom Krieg in der Ukraine betroffen sind?

Derzeit arbeiten die Freie Universität, die Humboldt-Universität und die Technische Universität gemeinsam mit dem studierendenWERK Berlin an einem Notfallfonds. Vom Krieg betroffene Studierende, die bereits an einer der Berliner Universitäten immatrikuliert sind, können dort finanzielle Einmal-Unterstützung beantragen. Studierende, die durch den Krieg finanziell betroffen sind, können sich aber auch schon jetzt beim studierendenWERK melden, denn der ganz normale Sozialhilfefonds steht auch ihnen offen.

Psychologische Unterstützung an der Freien Universität Berlin bieten die Kolleginnen und Kollegen der Zentraleinrichtung Studienberatung und psychologische Beratung an. Wer sich durch die Geschehnisse in der Ukraine sehr belastet fühlt, kann zum Beispiel einen Termin für eine persönliche Beratung vereinbaren.

Wie hilft die Freie Universität geflüchteten und bedrohten Forschenden?

Wir haben ein Programm mit Kurzstipendien für geflüchtete und bedrohte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eingerichtet. Das Programm richtet sich sowohl an ukrainische und russische Forschende, die aufgrund der politischen Lage ihr Heimatland verlassen müssen oder wollen. Die Fachbereiche haben dafür extra Mittel bekommen, sodass sie einzelne Forschende auf Zeit unterstützen und an sich binden können.

Es gibt außerdem bundesweite Stipendienprogramme wie das Walter-Benjamin-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die Philipp-Schwartz-Initiative der Alexander von Humboldt-Stiftung oder das neue Programm der VolkswagenStiftung. Aber hier gibt es natürlich überall nur eine sehr begrenzte Anzahl von Plätzen bzw. Stipendien.

Wohin und an wen an der Freien Universität können sich Studierende, Studieninteressierte, Forschende und Unterstützende wenden, wenn sie Fragen haben?

Die wichtigsten Fragen und Antworten für Studierende, Studieninteressierte und Forschende haben wir auf einer Webseite zusammengetragen. Dort finden sich auch Informationen zu Hilfsaktionen von Universitätsangehörigen. Die Webseite wird laufend aktualisiert, deshalb lohnt es sich, regelmäßig darauf zu schauen.

Wer darüber hinaus Fragen oder Anregungen hat, kann gern an die E-Mail-Adresse helpdesk-ukraine@international.fu-berlin.de schreiben, bei Fragen zum Studieneinstieg gern auch direkt an den Info-Service: info-service@fu-berlin.de oder 030 / 838 70000.

Die Fragen stellte Anne Stiller

Weitere Informationen