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Mit Eugen über’ n Wannsee

Mit dem Förderpreis Nachhaltigkeit ausgezeichnet: das vom Hochschulsport der Freien Universität eingesetzte E-Boot

16.11.2021

An den Wannsee geschafft: E-Boot Eugen ist seit September 2021 im Einsatz.

An den Wannsee geschafft: E-Boot Eugen ist seit September 2021 im Einsatz.
Bildquelle: Zentraleinrichtung Hochschulsport, Freie Universität Berlin

Nahezu geräuschlos gleitet Eugen über das Wasser. Keine Selbstverständlichkeit, denn seine 700 Kilogramm Gewicht, verteilt auf fünf Meter Länge, machen das Boot zu einem Schwergewicht seiner Art. Für seine Schnelligkeit ist es mit 15 PS nicht gerade bekannt. Aber es hat andere Vorzüge: Eugen ist das erste Motorboot des Wassersportzentrums der Freien Universität Berlin, das mit einem Elektromotor ausgestattet ist. Dafür wird die Zentraleinrichtung Hochschulsport der Freien Universität nun mit dem Förderpreis Nachhaltigkeit des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbandes ausgezeichnet.

Der Name ist Programm

Eugen ist ein Akronym und steht für „E wie elektrisch, U wie umweltfreundlich, G wie geräuschlos, E wie effizient, N wie nachhaltig“, erläutert Lutz Nichelmann, der in der Zentraleinrichtung Hochschulsport für Öffentlichkeitsarbeit und Eventorganisation zuständig ist. Der Namensvorschlag für das neue Schulungsboot wurde über eine Instagram-Umfrage ermittelt.

Per Salzwedel (rechts) und ein Mitarbeiter der beauftragten Firma begutachten das neue Schulungsboot.

Per Salzwedel (rechts) und ein Mitarbeiter der beauftragten Firma begutachten das neue Schulungsboot.
Bildquelle: Zentraleinrichtung Hochschulsport, Freie Universität Berlin.

Wenn sich Eugen bewährt, sollen nach und nach alle fünf Motorboote des Wassersportzentrums durch die E-Variante ausgetauscht werden. Das Ziel sei, künftig abgasfreien Praxisunterricht anbieten zu können, sagt Per Salzwedel, Leiter des Wassersportzentrums: „Beim Wassersport sind wir ganz besonders auf ein funktionierendes Ökosystem angewiesen und tragen deshalb eine hohe ökologische Verantwortung.“ Zur Ausbildung gehöre deswegen auch, für das Thema Umwelt- und Naturschutz zu sensibilisieren.

Andreas Wanke, Leiter der Stabsstelle Nachhaltigkeit und Energie der Freien Universität, begrüßt die Umstellung auf E-Boote: „Ich freue mich, dass sich der Hochschulsport, wie viele andere Bereiche in der Universität auch, mit dem Thema Nachhaltigkeit befasst und einen Beitrag leistet, der sichtbar ist und auch noch Spaß macht.“ Die Ehrung mit dem Förderpreis des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbands sei eine großartige Bestätigung für diesen Einsatz.

Odyssee auf dem Markt für Elektroantriebe

Bislang waren im Wassersportzentrum der Freien Universität ausschließlich Motorboote mit Gasantrieb im Einsatz. Weil sich die am Wannsee gelegene Sportstätte in einem sensiblen Trinkwasserschutzgebiet befindet, seien Benzinmotoren keine Option gewesen, erläutert Per Salzwedel. „Gasmotoren sind besser für die Umwelt, aber auch mit sehr hohen Wartungskosten verbunden.“ Als die alten Motoren 2019 ausgetauscht werden sollten, habe man entschieden, auf Elektroantrieb zu wechseln. Diese Boote kosteten zwar in der Anschaffung mehr, rechneten sich aber langfristig, weil der Verschleiß geringer sei, sagt Salzwedel.

„Eugens Weg zu uns an den Wannsee war lang“, berichtet Christian Mundhenk, Direktor der Zentraleinrichtung Hochschulsport. Zunächst einmal habe sein Team intensiv recherchiert – online, auf Bootsmessen, im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen anderer Hochschulen. „Es war gar nicht so einfach, an Informationen zu kommen. Elektroantrieb ist im Wassersport noch lange nicht so verbreitet wie in der Autoindustrie.“

Die Suche war auch deshalb schwierig, weil für Schulungsfahrzeuge besondere Anforderungen gelten. So müssen zum Beispiel der Rumpf und der Motor besonders stabil sein, damit das Boot bei einem Fahrfehler nicht beschädigt wird. Neben der Ausbilderin oder dem Ausbilder müssen zwei Prüflinge Platz finden.

Während der Bauphase, die sich durch die Pandemie in die Länge zog, stand das Team vom Wassersportzentrum in engem Austausch mit der beauftragten Firma. Tobias Scharfschwerdt, erfahrener Bootsbauer im Team der Zentraleinrichtung Hochschulsport prüfte immer wieder, ob das Elektroboot die an Schulungs- und Ausbildungsboote gestellten Anforderungen erfüllt; nach der Auslieferung nahm er weitere Anpassungsarbeiten vor.

Auf der Vollversammlung des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbandes wurde der Zentraleinrichtung Hochschulsport der Nachhaltigkeitspreis verliehen. Christian Mundhenk nahm die Auszeichnung entgegen.

Auf der Vollversammlung des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbandes wurde der Zentraleinrichtung Hochschulsport der Nachhaltigkeitspreis verliehen. Christian Mundhenk nahm die Auszeichnung entgegen.
Bildquelle: Oliver Kraus/adh

Praxistest bestanden

Ende April 2021 konnten die Hochschulsportmitarbeiterinnen und -mitarbeiter das Wasserfahrzeug in Empfang nehmen; fünf Monate später lag die Zulassung vor, und das Boot konnte in See stechen. „Jetzt sind wir in der Pilotphase und verfolgen gespannt, wie sich Akku, Ladezeit und Motor im Alltag schlagen“, sagt Christian Mundhenk. Dann werde sich auch zeigen, ob das E-Boot mühelos bis zu elf Stunden am Tag zum Einsatz kommen kann.

Die ersten Praxistests habe Eugen erfolgreich bestanden, befindet Per Salzwedel. „Es braucht ein bisschen Zeit, um sich an ein elektrobetriebenes Boot zu gewöhnen, aber bisher haben wir nur positives Feedback von den Nutzerinnen und Nutzern erhalten.“ Für weitere Eindrücke müsse man sich noch gedulden, da das Wassersportzentrum derzeit eine Winterpause einlegt und die neue Saison im April 2022 startet.

Bislang wissen Christian Mundhenk, Lutz Nichelmann und Per Salzwedel nur von einer weiteren Universität, die ebenfalls Boote mit Elektromotoren nutzt. Sie hoffen jedoch, dass die Auszeichnung mit dem Förderpreis Nachhaltigkeit des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbandes für höhere Aufmerksamkeit sorgt. „Einige Kolleginnen und Kollegen von anderen Unis haben schon signalisiert, dass sie sich mit uns darüber austauschen möchten“, sagt Lutz Nichelmann. „Wir würden uns freuen, wenn Eugen Gesellschaft bekäme und mehr E-Boote im Hochschulsport eingesetzt würden.“